Vom 16. Februar 2001
Der Rat der Bundesstadt Bonn hat in seiner Sitzung vom 1. Februar 2001 aufgrund des § 7 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV NRW S. 666/SGV NW 2023), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. März 2000 (GV NRW S. 245) und des § 86 Abs. 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen - Landesbauordnung – (BauO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. März 1995 (GV NRW S. 218/SGV NRW 232), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. November 1999 (GV NRW S. 622) folgende Satzung beschlossen:
§ 1: Zielsetzung
Ziel dieser Satzung ist es, durch besondere Anforderungen an die Gestaltung künftige bauliche Veränderungen und Erweiterungen der Wohnfläche zur Anpassung an zeitgemäße Wohnbedürfnisse zu ermöglichen und so zu gestalten, dass der Siedlungscharakter und die Harmonie des bestehenden Ortsbildes im Geltungsbereich dieser Satzung weitestgehend erhalten bleiben.
§ 2: Örtlicher Geltungsbereich
Der Geltungsbereich dieser Satzung liegt im Stadtbezirk Bonn, Ortsteil Venusberg und wird begrenzt durch Robert-Koch-Straße, Bodelschwinghweg, Am Paulshof, Sertürnerstraße, Espenweg, Heinrich-Blömer-Weg, Kiefernweg, Sigmund-Freud-Straße und Abbéstraße. Ausgenommen sind die Grundstücke: Heinrich-Blömer-Weg 2, 4, 6; Anemonenweg 4, 6, 8; Kiefernweg 11, 13, 15; Waldauweg 2; Am Paulshof 2, 4, 4a, 6, 8, 8a, 10, 12, 14, 16, 18, 20, 22, 24, 26, 28, 30; Sertürnerstraße 2, 4, 6, 8, Haager Weg 15, 17, 19, 18, 18a, 20, 22, 24, 26; Sigmund-Freud-Straße 14, 16, 18, 20; Robert-Koch-Straße 116, 126, 128, 130. Die genaue Abgrenzung ergibt sich aus dem dieser Satzung als Bestandteil beigefügten Plan (Anlage 1).
§ 3: Sachlicher Geltungsbereich
- Die Satzung gilt für alle baulichen Anlagen nach § 2 Abs. 1 BauO NRW sowie für die Vor- und Hausgärten der bebauten Grundstücke.
- Vorgarten im Sinne dieser Satzung ist die unbebaute Grundstücksfläche zwischen der festgesetzten Straßenbegrenzungslinie oder, soweit diese nicht festgesetzt ist, der tatsächlichen Straßenbegrenzungslinie und der Linie, die durch die straßenseitige Gebäudekante beziehungsweise deren Verlängerung begrenzt ist. Bei Eckgrundstücken beschränkt sich der Vorgarten auf die Fläche zwischen der festgesetzten Straßenbegrenzungslinie oder, soweit diese nicht festgesetzt ist, der tatsächlichen Straßenbegrenzungslinie und der vorderen Gebäudekante.
- Hausgarten im Sinne dieser Satzung ist die unbebaute Grundstücksfläche, die nicht Vorgarten entsprechend § 3 Abs. 2 dieser Satzung ist.
§ 4: Anforderung an die Gestaltung der Vorgärten
- Vorgärten sind ihrem offenen Charakter entsprechend gärtnerisch zu gestalten.
- Die Befestigung von Teilen der Vorgartenfläche ist auf das Maß zu beschränken, das für die Anlage von Zuwegungen zu baulichen Anlagen und rückwärtigen Grundstücksteilen sowie von Abstellflächen für Mülltonnen, Fahrräder und Kfz-Stellplätze (maximal ein Stellplatz/Wohneinheit) mindestens erforderlich ist. Standorte für Mülltonnen sind einzugrünen.
- Die befestigten Flächen sind soweit möglich wasserdurchlässig auszubilden und durch Begrünung dem Charakter der gärtnerisch gestalteten Vorgartenfläche anzugleichen.
- Kfz-Stellplätze sind in Senkrechtaufstellung auszubilden und dann zulässig, wenn der überwiegende Teil des Vorgartens begrünt wird.
§ 5: Einfriedigungen von Vorgärten
Die Vorgärten dürfen grundsätzlich nicht eingezäunt werden.
§ 6: Einfriedigungen von Hausgärten
- Als Einfriedigungen von Hausgärten sind Hecken als das in der Siedlung vorherrschende Gestaltungselement auszuführen.
- In begründeten Ausnahmefällen dürfen auch durch Pflanzung begrünte Zäune in einer Höhe von max. 1 m errichtet werden.
- Mauern dürfen nicht errichtet werden.
§ 7: Anforderung an die Gestaltung der Fassaden
Die Gestaltung der Fassaden ist nur mit Putz möglich. Für den Anstrich sind helle Farbtöne zu benutzen.
§ 8: Anforderungen an die Gestaltung von Eingangsüberdachungen, Balkonen und Anbauten
Eingangsüberdachungen, Balkone und Anbauten müssen in Form, Material, Größe und Farbe auf die Gestaltung und architektonische Gliederung des Gebäudes und den Charakter des Ortsbildes abgestimmt sein.
§ 9: Dachformen, Dachaufbauten, Dachdeckungen
- Die Dachneigungen und Dachüberstände dürfen nicht verändert werden.
- Die Dachdeckung muss sich in Form, Material und Farbe in den Siedlungscharakter einfügen.
- Dachgauben sind in Größe und Proportion der Dachform anzupassen und auf die Fassadengliederung auszurichten. Oberhalb und unterhalb der Gauben sollen mehrere Ziegelreihen durchlaufen. Der seitliche Abstand zur Grundstücksgrenze darf 1,25 m nicht unterschreiten. Die Breite der Gauben darf 50 Prozent der Dachlänge nicht überschreiten. Im Übrigen sind die Vorschläge zur Gestaltung der Gauben in der Anlage 2 der
Satzung in Bezug auf die Formgebung zu beachten. - Drempel bis zu einer maximalen Höhe von 0,50 m sind bei Einzelhäusern und ausnahmsweise auch dann zulässig, wenn
- eine lichte Höhe von 2 m unter den Dachgauben ohne Anhebung des Daches nicht erreicht werden kann, oder
- die Dachanhebung bei beiden Hälften eines Doppelhauses oder bei einer Hausgruppe gemeinsam erfolgt.
§ 10: Wintergärten
Wintergärten sind nur erdgeschossig zulässig, wenn nachbarschaftliche Belange nicht betroffen sind. Sie sind unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 der Satzung enthaltenen Gestaltungsvorschläge auszuführen.
§ 11: Ausnahmen
Ausnahmen können gestattet werden, wenn die Einhaltung der Vorschriften im Einzelfall zu einer offensichtlich nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Architektur der Gebäude und der Charakter des Straßenbildes dies zulassen.
§ 12: Ordnungswidrigkeiten
- Ordnungswidrig im Sinne von § 84 Abs. 1 Nr. 20 BauO NRW handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Bestimmungen der §§ 4 bis 10 dieser Satzung verstößt.
- Die Ordnungswidrigkeit kann nach § 84 Abs. 3 BauO NRW mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
§ 13: Inkrafttreten
Diese Satzung tritt am Tage nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft.
Anlagen zur Satzung
Nr.: 1
Abgrenzungsplan örtlicher Geltungsbereich
Nr.: 2
Zusammenstellung der Gestaltungsvorgaben und der Gestaltungsempfehlungen
- - -
Die vorstehende Satzung wird hiermit öffentlich bekannt gemacht.
Es wird darauf hingewiesen, dass eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) beim Zustandekommen dieser Satzung nach Ablauf eines Jahres seit dieser Bekanntmachung nicht mehr geltend gemacht werden kann, es sei denn,
- eine vorgeschriebene Genehmigung fehlt oder ein vorgeschriebenes Anzeigeverfahren wurde nicht durchgeführt,
- diese Satzung ist nicht ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden,
- die Oberbürgermeisterin hat den Satzungsbeschluss vorher beanstandet oder
- der Form- oder Verfahrensmangel ist gegenüber der Stadt vorher gerügt und dabei die verletzte Rechtsvorschrift und die Tatsache bezeichnet worden, die den Mangel ergibt.
Bonn, den 16. Februar 2001
Dieckmann
Oberbürgermeisterin
Anlagen
Anlage 1: Abgrenzungsplan örtlicher Geltungsbereich - Seiten 5 und 17 der unten stehenden PDF-Datei
Anlage 2: Zusammenstellung der Gestaltungsvorgaben und der Gestaltungsempfehlungen - Seiten 6 bis 14 der unten stehenden PDF-Datei
Begründung zur Satzung
Der Satzungsbereich umfasst eine Fläche von ca. 15 ha, die in den Jahren von 1951 bis 1955 bebaut wurde. Die Bebauung der Siedlung wird von der für die Entstehungszeit typischen, schlichten Architektursprache geprägt. Maßgeblich wird das Erscheinungsbild der Siedlung jedoch von der Gestaltung der Freiräume bestimmt. Öffentliche Grünflächen und die privaten Haus- und Vorgärten fügen sich sowohl in Bezug auf die gesamte Siedlung als auch in den einzelnen Nachbarschaften zu einem erlebbaren, offenen und großzügigen System zusammen. Die seit der Bauphase herangewachsene Bepflanzung erhöht den Wert der Freiflächen erheblich. Der gegenwärtige Zustand der Siedlung ist nicht nur wegen seiner städtebaulich-ästhetischen Qualität erhaltenswert, sondern auch wegen dem vorhandenen Wohnumfeld, das den Wohn- und Nutzwert jeder einzelnen Wohnung bestimmt.
Durch den Verkauf der Siedlung an Eigentümergemeinschaften und an Einzeleigentümer in den letzten Jahren ist das Bedürfnis entstanden, Veränderungen sowohl im Bereich der Freiflächen als auch an den Gebäuden vorzunehmen. Bereits sichtbar gewordene Maßnahmen lassen erkennen, dass Handlungsbedarf besteht, den Veränderungsdruck so zu lenken, dass das Wohnumfeld und der Siedlungscharakter so weit möglich erhalten werden können. Dabei ist das Bedürfnis nach Anpassung an zeitgemäße Wohnverhältnisse angemessen zu berücksichtigen und mit dem öffentlichen Interesse, die Qualität einzelner Ortsteile im Interesse der Attraktivität der Gesamtstadt zu wahren, in Einklang zu bringen.
Der Charakter der Siedlung wird neben den öffentlichen und privaten Grünflächen maßgeblich von dem äußeren, von der Öffentlichkeit sichtbaren Erscheinungsbild der Gebäude mitbestimmt. Die Bebauung wurde orttypisch und der Entstehungszeit gemäß zurückhaltend nach einheitlichen Prinzipien gestaltet: einfache Baukörper, hellgraue Putzfassaden, bescheiden-funktionales Zubehör sowie Sattel- und Walmdächer mit ca. 30° Neigung, ohne Aufbauten und mit braunen Dachziegeln gedeckt (nur einige Sondergebäude und Garagen besitzen Flachdächer). Aufgrund dieser Gestaltungsprinzipien tritt der gebaute Anteil der Siedlung hinter den dominierenden, begrünten Freiraum zurück. Diese Situation trägt maßgeblich zum hohen Wohnwert und zum positiven Image der Siedlung bei.
Dem Erscheinungsbild der Siedlung zuwiderlaufende Veränderungen, auch wenn sie zunächst nur einzelne Gestaltungselemente und Grundstücke betreffen, würden sich auf ein größeres Umfeld auswirken und längerfristig den vorhandenen Wert der Siedlung gefährden.
Ziel der Satzung ist es deshalb, einerseits Gestaltungsregeln für den von der Öffentlichkeit erlebbaren Raum zu erlassen und andererseits sowohl im Bestand als auch bei Neubauten, Spielraum für der zeitgemäßen Nutzung dienende Veränderungen zu bieten.
Im Einzelnen soll die Satzung die Gestaltung der Vorgärten und das städtebaulich wirksame Erscheinungsbild der Gebäude regeln:
Vorgärten
Vorgarten ist die unbebaute Grundstücksfläche zwischen der festgesetzten Straßenbegrenzungslinie oder, soweit diese nicht festgesetzt ist, der tatsächlichen Straßenbegrenzungslinie und der Linie, die durch die straßenseitige Gebäudekante beziehungsweise deren Verlängerung begrenzt ist.
In dem hierarchisch gegliederten Freiraumsystem der Siedlung von den großen öffentlichen Grünflächen bis hin zu den privaten und intimen Hausgärten spielen die Vorgärten eine entscheidende Rolle für die Qualität der Siedlung. Sie sind in der Regel nicht durch Zäune begrenzt und bilden mit ihrer Grundstücksgrenzen übergreifenden Offenheit als "halböffentliche" Grünfläche einen optischen Bestandteil des öffentlichen Straßenraumes. Deshalb müssen bauliche und gestalterische Maßnahmen, die diesen Eindruck erheblich stören, unterbleiben. Dazu gehören über das notwendige Maß hinausgehende Befestigungen, Abgrenzungen und Garagen.
Standplätze für Mülltonnen sollten mit Hecken oder mit begrünten Rankgittern eingefasst werden. Damit kann die erforderliche Anzahl von Tonnen, ohne dass sie erheblich stören, untergebracht werden.
Die zur Zeit der Entstehung der Siedlung vorgesehenen Zahl an Garagen und Stellplätze auf privaten und öffentlichen Flächen ist zu gering und entspricht nicht dem derzeitigen Bedarf. Auch die Möglichkeiten der Anordnung von Garagen und offenen Stellplätzen in den seitlichen Abstandsflächen von Gebäuden (Bauwich) reichen zur Bedarfsdeckung nicht aus. Es ist deshalb vorgesehen, Stellplätze auch in den Vorgärten, die eine ausreichende Tiefe haben, Stellplätze zuzulassen.
Der Charakter der Vorgärten soll dadurch gewahrt bleiben, dass die befestigten Flächen möglichst gering gehalten werden.
Hausgärten
In Haus- bzw. Wohngärten überwiegt das Interesse der ungestörten, privaten Nutzung. Deshalb muss eine sichtschützende Einfriedigung auch an öffentlichen Verkehrs- und Grünflächen möglich sein. Diesem Anliegen kann mit Hecken, wie sie in weiten Teilen der Siedlung vorhanden sind, entsprochen werden, ohne dass das Erscheinungsbild der Siedlung gestört wird. Das Sicherheitsbedürfnis der Bewohner kann mit (in die Hecken unsichtbar integrierten) transparenten Zäunen (nicht als geschlossene Wand wirkend) in einer Höhe von maximal 1 m erfüllt werden.
Fassaden
Das freundliche Gesamtbild der hellen Putzfassaden darf nicht durch andere Fassadenbaustoffe und kräftige Farbgebungen gestört werden. Helle, farbig abgetönte Fassadenanstriche fügen sich in das Erscheinungsbild der Siedlung ein.
Bauliches Zubehör
Veränderungen oder Erneuerungen des baulichen Zubehörs sollen sich hinsichtlich Materialwahl und Abmessungen an den in der Siedlung ursprünglich vorhandenen Elementen orientieren. Sie dürfen die Proportionen und den Charakter der Gebäude nicht zerstören. Bereits ausgeführte Beispiele können als Vorbild dienen.
Dächer
Einheitliche Dachform, Dachneigung, Material und Farbe der Dacheindeckung und die ruhigen Dachflächen sind wesentliche Elemente des harmonischen Erscheinungsbildes sowohl der gesamten Siedlung als auch der einzelnen Nachbarschaften und Hausgruppen. Deshalb kommt der Materialwahl, der Ausformung und Größe von Dachgauben besondere Bedeutung zu.
Ausnahmen
Die Beurteilung von Abweichungen erfolgt auf der Grundlage der generellen Ziele der Satzung. Wenn im Einzelfall aufgrund der örtlichen Situation diese Ziele nicht oder nicht erheblich beeinträchtigt werden, wird die Ausnahmeregelung insoweit angewendet.