Punkt 1 bis 12
1. Um den Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit zu geben, sich über die Mitglieder des Rates der Bundesstadt Bonn, die Mitglieder der Bezirksvertretungen sowie die in die Fachausschüsse berufenen sachkundigen Bürgerinnen beziehungsweise Bürger und sachkundigen Einwohnerinnen und Einwohner (nachfolgend Mandatsträger/in genannt - siehe Fußnote 1) zu informieren, wird ein „Handbuch der kommunalen Mandatsträger und Mandatsträgerinnen der Bundesstadt Bonn“ angelegt. Dieses wird in gedruckter Form und im Internet angeboten.
2. Die Mitglieder des Rates der Bundesstadt Bonn und die sachkundigen Bürgerinnen bzw. Bürger sowie Einwohnerinnen und Einwohner haben der Oberbürgermeisterin bzw. dem Oberbürgermeister, die Mitglieder der Bezirksvertretungen - soweit sie nicht gleichzeitig Mitglieder des Rates oder eines Fachausschusses sind - der Bezirksvorsteherin bzw. dem Bezirksvorsteher zur Aufnahme in das Handbuch der kommunalen Mandatsträger und Mandatsträgerinnen der Bundesstadt Bonn Folgendes anzugeben:
2.1 Die gegenwärtig ausgeübten Berufe, sofern die Sicherheitsinteressen des Arbeitgebers nicht entgegenstehen, und zwar
- bei unselbständiger Tätigkeit: Angabe des Arbeitgebers mit Branche, Angabe der eigenen Funktion bzw. dienstlichen Stellung;
- bei selbständigen Gewerbetreibenden: Art des Gewerbes und Angabe der Firma;
- bei freien Berufen und sonstigen selbständigen Berufen: Angabe des Berufes und des Berufszweiges.
Bei mehreren gleichzeitig ausgeübten Berufsarten ist der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit kenntlich zu machen.
2.2 Früher ausgeübte Berufe, soweit sie in Erwartung der Mandatsübernahme oder im Zusammenhang mit ihr aufgegeben worden sind.
2.3 Vergütete und ehrenamtliche Tätigkeiten als Mitglied eines Vorstandes, Aufsichtsrates, Verwaltungsrates, sonstigen Organs oder Beirates einer Gesellschaft, Genossenschaft, eines in einer anderen Rechtsform betriebenen Unternehmens oder einer Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts sowie im Deutschen Bundestag oder im Landtag.
2.4 Vergütete und ehrenamtliche Funktionen in Wirtschaftsvereinigungen, Gewerkschaften, Berufsverbänden, sonstigen Interessenverbänden oder ähnlichen Organisationen, Vereinen und Vereinigungen.
2.5 Entgeltliche Tätigkeiten der Beratung, der Vertretung fremder Interessen, der Erstattung von Gutachten, publizistische und Vortragstätigkeit, soweit diese Tätigkeiten nicht im Rahmen des derzeitig bzw. ehemals (siehe Fußnote 2) ausgeübten Berufes liegen und die Honorierung hierfür im Einzelfall den Betrag der monatlichen Aufwandsentschädigung einer/eines Stadtverordneten (zurzeit 322,00 Euro) übersteigt. Die Anzeigepflicht umfasst nicht die Mitteilung von Tatsachen über Dritte, für die gesetzliche Zeugnisverweigerungsrechte oder Verschwiegenheitspflichten geltend gemacht werden.
3. Über die nach Ziffer 2. mitzuteilenden Angaben hinaus sind folgende weitere Auskünfte der Oberbürgermeisterin bzw. dem Oberbürgermeister zu geben:
- Das Geburtsdatum und der Familienstand (siehe Fußnote 3)
- Grundvermögen innerhalb des Gebietes der Bundesstadt Bonn,
- Beteiligung an Unternehmen mit Sitz oder Tätigkeitsschwerpunkt in der Bundesstadt Bonn.
Diese Angaben sind vertraulich zu behandeln. Ihre Veröffentlichung im Handbuch der kommunalen Mandatsträger und Mandatsträgerinnen der Bundesstadt Bonn darf nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Mandatsträgerin bzw. des Mandatsträgers erfolgen. Die Oberbürgermeisterin bzw. der Oberbürgermeister gewährt im Einzelfall bei nachgewiesenem berechtigten Interesse Mitgliedern des Rates, der Bezirksvertretungen und der Ausschüsse Einsicht in diese Unterlagen.
4. Die Mandatsträger/innen haben Änderungen der Angaben über ihre wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse im Sinne dieser Richtlinien der Oberbürgermeisterin bzw. dem Oberbürgermeister unverzüglich, die Angaben zu Ziffer 2.5 vierteljährlich anzuzeigen.
Davon unabhängig werden sämtliche Mandatsträger/innen zu Beginn eines jeden Jahres von dem/der Oberbürgermeister/in schriftlich dazu aufgefordert, die von ihnen zu Ziffer 2. und 3. angegebenen Daten nochmals zu überprüfen und der Verwaltung zu bestätigen bzw. gegebenenfalls zu berichtigen.
Anzeigen zu Ziffer 2., die im Verlauf eines Jahres eingehen, werden nach Bekanntgabe ins Internet eingestellt; die gedruckte Form des Handbuchs wird jährlich aktualisiert. Dies gilt auch für Anzeigen zu Ziffer 3., sobald für ihre Veröffentlichung die Zustimmung des Mandatsträgers bzw. der Mandatsträgerin erteilt worden ist.
5. Kommunale Mandatsträger/innen dürfen Geld, unangemessene, über sozialübliche Aufmerksamkeit hinausgehende Sachleistungen oder sonstige unangemessene geldwerte Leistungen und/oder - auch immaterielle - Vorteile, die ihnen aufgrund ihrer Mitgliedschaft zu einem der vorgenannten Gremien auch für Dritte (zum Beispiel die Stadt oder Angehörige) angeboten werden, nicht annehmen. Diese Vorschrift soll im Einzelnen in einem beizufügenden Leitfaden erläutert werden.
6. Ein Ratsmitglied sollte höchstens in Aufsichtsräten oder Organen wirtschaftlicher Unternehmen, in die es auf einen entsprechenden Beschluss des Rates entsandt oder zur Wahl durch ein entsprechendes Gremium vorgeschlagen wird, ordentliches Mitglied zweier zusammenhängender Fachbereiche (Stadtwerke, Sparkasse, Wohnungswirtschaft usw.) sein.
6.1 Die allgemeinen Entschädigungssätze, die Mitglieder in Aufsichtsräten und sonstigen Organen wirtschaftlicher Unternehmen erhalten, sind im Anhang zum Handbuch der kommunalen Mandatsträger/innen gesondert aufgeführt. Werden die allgemeinen Entschädigungssätze von der jeweiligen Gesellschaft/Organisation nicht bekannt gegeben, so verpflichtet sich der/die dort tätige Mandatsträger/in, der Oberbürgermeisterin bzw. dem Oberbürgermeister Art und Höhe der Entschädigungsleistungen mitzuteilen.
6.2 Wirkt ein/eine Mandatsträger/in im Rat, in der Bezirksvertretung, in einem Ausschuss, Aufsichtsrat oder in einem sonstigen Organ, in das er/sie in dieser Eigenschaft gewählt wurde, an der Beratung oder Abstimmung über einen Gegenstand mit, an welchem er/sie selbst oder ein anderer, für den er/sie gegen Entgelt tätig ist, ein unmittelbares persönliches oder wirtschaftliches Interesse hat, so hat er/sie diese Interessenverknüpfung (siehe Fußnote 4) zuvor in dem entsprechenden Gremium offen zu legen.
Die Vorschriften der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NRW) zu den §§ 31 ff. GO NW bleiben hiervon unberührt. Die Anzeigepflicht umfasst nicht die Mitteilung von Tatsachen über Dritte, für die gesetzliche Zeugnisverweigerungsrechte oder Verschwiegenheitspflichten geltend gemacht werden.
7. In beruflichen und geschäftlichen Angelegenheiten sind Hinweise auf die Mitgliedschaft im Rat der Bundesstadt Bonn, einer Bezirksvertretung oder in Fachausschüssen des Rates zu unterlassen.
8. Kommunale Mandatsträger/innen unterliegen den gesetzlichen Verpflichtungen aus § 30 GO NRW (Verschwiegenheitspflicht - siehe Fußnote 5), § 31 GO NRW (Ausschließungsgründe wegen Befangenheit - siehe Fußnote 6) und § 32 GO NRW (Treuepflicht).
9. In Zweifelsfragen ist der/die Mandatsträger/in verpflichtet, sich durch Rückfragen bei der/n von der Oberbürgermeisterin bzw. dem Oberbürgermeister hierfür beauftragten Fachdienststelle/n über die Auslegung der Bestimmungen zu vergewissern. Die Anfrage ist raschestmöglich, spätestens innerhalb von 14 Tagen zu beantworten, es sei denn, dass eine fristgerechte Bearbeitung aus Gründen, die die Fachdienststelle/n nicht zu vertreten hat (zum Beispiel fehlende Mitwirkung des/der betroffenen Mandatsträger/in), nicht möglich ist.
10. Wird der Vorwurf erhoben, dass ein/e Mandatsträger/in gegen Vorschriften der Gemeindeordnung und/oder der Ehrenordnung verstoßen hat, so hat die Oberbürgermeisterin bzw. der Oberbürgermeister den Sachverhalt durch die beauftragte/n Fachdienststelle/n aufzuklären und das betroffene Mitglied, dem ein Anspruch auf Aufklärung zusteht, in Anwesenheit der/des Vorsitzenden der Fraktion, der es angehört bzw. von der die sachkundige Bürgerin bzw. der sachkundige Bürger nominiert wurde, anzuhören.
Bei Mitgliedern einer Bezirksvertretung - soweit sie nicht gleichzeitig Mitglieder des Rates oder eines Fachausschusses sind - obliegt diese Aufgabe der zuständigen Bezirksvorsteherin bzw. dem zuständigen Bezirksvorsteher. Hierbei leistet der/die Oberbürgermeister/in Amtshilfe nach Satz 1. Anstelle der/des Vorsitzenden der Stadtratsfraktion kann die Fraktionssprecherin bzw. der Fraktionssprecher in der Bezirksvertretung anwesend sein.
11. Der Rat bildet für die Dauer einer Wahlperiode einen Ehrenrat. Dieser kann angerufen werden, um darüber zu befinden, ob ein/eine Mandatsträger/in gegen die Pflichten der Gemeindeordnung NRW oder die Regelungen der Ehrenordnung verstoßen hat.
11.1 Der Ehrenrat setzt sich zusammen aus der Oberbürgermeisterin/dem Oberbürgermeister, je einem/r Vertreter/in jeder Fraktion sowie einer gleich großen Anzahl von Personen, die weder der Verwaltung noch den politischen Gremien angehören und durch den Rat im Konsens gewählt werden. Kann kein Konsens hergestellt werden, hat die Wahl mit einer ¾ Mehrheit zu erfolgen. Ist das von der Fraktion benannte Mitglied verhindert (zum Beispiel wegen eigener Befangenheit, Krankheit etc.), so benennt die jeweilige Fraktion eine/n Vertreter/in.
11.2 Der Ehrenrat tritt zusammen auf Initiative der Oberbürgermeisterin bzw. des Oberbürgermeisters, einer Fraktion oder auf Antrag eines Viertels der Ratsmitglieder. Er wird auch auf Antrag eines/r einzelnen Mandatsträgers/in tätig, sofern gegen diesen Vorwürfe im Sinne von Ziffer 10. erhoben werden und die Fachdienststelle/n dies in ihrem Votum bestätigt hat bzw. haben.
11.3 Die Mitglieder des Ehrenrates sind ehrenamtlich tätig und daher auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit gemäß § 30 GO NRW zur Verschwiegenheit verpflichtet.
11.4 Zur Aufklärung des Sachverhalts sind dem Ehrenrat die der Oberbürgermeisterin bzw. dem Oberbürgermeister zur Verfügung stehenden Informationen zugänglich zu machen. Dabei sind die datenschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten.
11.5 Die Sitzungen des Ehrenrates sind nichtöffentlich. Der/Die betroffene Mandatsträger/in hat das Recht, zu den gegen ihn/sie erhobenen Vorwürfen in Anwesenheit eines Rechtsbeistandes vor dem Ehrenrat angehört zu werden.
11.6 Die Bewertung des Ehrenrates erfolgt durch Beschluss. Die Oberbürgermeisterin bzw. der Oberbürgermeister teilt dem Rat die als Empfehlung an sie/ihn einzustufende Entscheidung des Ehrenrates mit.
12. Mitglieder des Rates der Bundesstadt Bonn, einer Bezirksvertretung oder sachkundige Bürgerinnen bzw. Bürger, die vom Rat in Gesellschaftsgremien oder andere Institutionen gewählt werden, die ein Sitzungsgeld oder eine Aufwandsentschädigung zahlen, erhalten das Sitzungsgeld, das durch Gesetz oder Verordnung bestimmt ist. Soweit der Rat die Höhe der Entschädigung festsetzt, erhalten sie das 1,5-fache der Überstundenvergütung der höchsten Vergütungsgruppe des TVÖD. Die Zahlung eines Sitzungsgeldes oder einer Aufwandsentschädigung umfasst auch den zeitlichen Aufwand für eine angemessene Vorbereitung der Sitzungen der Gesellschaftsgremien oder anderer Institutionen und die tatsächlich benötigte Fahrzeit. Dabei darf die Vorbereitungszeit insgesamt nicht mehr als zwei Stunden pro Sitzung betragen. Sitzungsgeld wird auch bemessen für Schulungen, Weiterbildungen oder andere Tätigkeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ausübung der Tätigkeit in den Gremien oder Institutionen stehen.
Wird die Höhe der Entschädigung von der Gesellschaft bzw. der Institution festgesetzt, erwartet der Rat von diesen Personen, dass sie den Teil der Entschädigung, der das 1,5-fache der Überstundenvergütung der höchsten Vergütungsgruppe des TVÖD je angefangene Stunde übersteigt, zur Förderung gemeinnütziger Zwecke verwenden. Diese Beträge sollen auf ein Sonderkonto der Fraktion eingezahlt werden, der sie angehören. Die Spenderinnen und Spender verfügen im Einvernehmen mit der Fraktion über die jeweilige Verwendung. Die in der Entschädigungsordnung genannten Sätze sind im Anhang zum Handbuch der kommunalen Mandatsträger und Mandatsträgerinnen gesondert aufgeführt.
Fußnoten
Fußnote 1: Mit der Bezeichnung „Mandatsträger/in“ werden in der Ehrenordnung auch die nur mittelbar gewählten sachkundigen Bürgerinnen und Bürger (§ 58 Abs. 3 GO NRW) und sachkundigen Einwohnerinnen bzw. Einwohner (§ 58 Abs. 4 GO NRW) erfasst.
Fußnote 2: Der ausdrückliche Hinweis stellt klar, dass sich der/die Mandatsträger/in in Bezug auf die in Ziffer 2.5 geregelte Ausnahmebestimmungen nur auf den vor Eintritt in den Ruhestand ausgeübten Beruf beziehen kann.
Fußnote 3: Die Mandatsträger/innen sollen in einem gesonderten Schreiben darauf hingewiesen werden, dass - sofern von ihnen hierfür die Zustimmung erteilt wird - im Handbuch der kommunalen Mandatsträger und Mandatsträgerinnen aus Sicherheitsgründen nur das Geburtsjahr aufgenommen werden sollte.
Fußnote 4: Ziffer 6.2 enthält eine über die gesetzliche Regelung der Gemeindeordnung hinausgehende Informationspflicht gegenüber der Oberbürgermeisterin/dem Oberbürgermeister bzw. der Bezirksvorsteherin/dem Bezirksvorsteher. Denn ein Mitwirkungsverbot nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 GO NRW ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen nach den tatsächlichen Umständen, insbesondere nach der Art der Beschäftigung ein Interessenwiderstreit anzunehmen ist. Diese Voraussetzungen können vor allem dann erfüllt sein, wenn sich der/die Betreffende aufgrund eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses in abhängiger Stellung zu seinem/ihrem Dienstherrn oder Arbeitgeber befindet. Sie können aber auch vorliegen, wenn aufgrund einer leitenden Funktion ein starkes betriebliches Interesse besteht oder durch die Behörde bzw. den Betrieb Einfluss auf die Willensbildung des/der Betroffenen ausgeübt wird oder dies zu erwarten ist, etwa wenn der/die Betroffene befürchten muss, infolge der Entscheidung seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Eine solche Konfliktsituation ist nach Ziffer 6.2 der Ehrenordnung nicht erforderlich. Denn eine - zur Offenlegung verpflichtende - „Interessenverknüpfung“ ist im Unterschied zum „Interessenwiderstreit“ nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 GO NRW bereits dann gegeben, wenn seitens der/des Betroffenen im Zeitpunkt der Beratung und/oder Abstimmung eine formalrechtliche Bindung („gegen Entgelt tätig“) an einen Dienstherrn oder Arbeitgeber besteht und dieser ein persönliches oder wirtschaftliches Interesse an der Entscheidung hat.
Fußnote 5: Eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht nach § 30 GO NRW kann zivilrechtliche Schadenersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 oder § 839 BGB nach sich ziehen; gegebenenfalls kann der/die Betreffende sogar strafrechtlich nach den §§ 353 b) und 353 d) StGB zur Verantwortung gezogen werden. Denn ein Mandatsträger ist, wenn er Aufgaben der Verwaltung zum Beispiel als Mitglied eines Aufsichtsrates wahrnimmt, insoweit Amtsträger, vergleiche BGHSt 51, 44, 52 ff., bestätigt durch BGH NStZ 2007,36.
Fußnote 6: Der Verstoß gegen ein Mitwirkungsverbot nach § 31 GO NRW hat, wenn das Abstimmungsverhalten der/des betreffenden Mandatsträger/in für das Abstimmungsergebnis entscheidend war, nach Absatz 6 dieser Bestimmung die Unwirksamkeit des Beschlusses zur Folge. Erleidet die Gemeinde hierdurch einen Schaden, kann der/die Betroffene gemäß § 43 Abs. 4 Buchstabe b) GO NRW auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden.
Anlage 1 - I, II
Bundesstadt Bonn, 27. April 2005
Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen des Gesetzes zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung und zur Errichtung und Führung eines Vergaberegisters in Nordrhein-Westfalen (Korruptionsbekämpfungsgesetz – KorruptionsbG) vom 1. März 2005 zu § 5 der Ehrenordnung
Die nachfolgende Übersicht behandelt diejenigen Vorschriften des Gesetzes, die sich auf die Mandatsträgerinnen und Mandatsträger beziehen bzw. im Hinblick auf die Ehrenordnung für diese von besonderem Interesse sind.
- Mit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz sollen bestehende Regelungslücken geschlossen werden. Es enthält zwei Säulen, die Korruption bekämpfen sollen: Die Herstellung von mehr Transparenz und die Abschreckung durch verbindliche Einführung eines Vergaberegisters. (vergleiche Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 14. September 2004, Drucksache 13/5952, Allgemeiner Teil A)
Nach den Allgemeinen Ausführungen zum Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 14. September 2004 gehören zur Korruption insbesondere Straftaten, bei denen Amtsträgerinnen und Amtsträger ihre Position oder die ihnen übertragenen Befugnisse dazu ausnutzen, sich oder Dritten materielle oder immaterielle Vorteile zu verschaffen, aber auch kriminelle Handlungen Dritter sowie die unzulässige Annahme von Belohnungen, Geschenken und anderen Vorteilen (wie vor).
Ein besonders korruptionsanfälliger Bereich ist die öffentliche Auftragsvergabe. Neben individuell zu installierenden Personal- bzw. Organisationsmaßnahmen wird hier die Einrichtung eines Vergaberegisters, in dem Personen und Unternehmen wegen Unzuverlässigkeit gespeichert werden, als besonders abschreckend angesehen. - Zu den einzelnen Vorschriften des Korruptionsbekämpfungsgesetzes:
Abschnitt 1: Einleitende Vorschriften
- Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2. KorruptionsbG gilt dieses Gesetz unter anderem für Gemeinden, und nach Nr. 5 für die Mitglieder in deren Organen und Ausschüssen, der Bezirksvertretungen sowie für sachkundige Bürgerinnen und Bürger gemäß § 58 Abs. 3 der Gemeindeordnung NRW (GO NRW)(nachfolgend Mandatsträgerinnen und Mandatsträger genannt).
Im Unterschied zur Ehrenordnung erstreckt sich der Geltungsbereich des Gesetzes somit nicht auf die sachkundigen Einwohnerinnen und Einwohner nach § 58 Abs. 4 GO NRW. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN sind die in dieser Vorschrift genannten Personen in ihrer Funktion als Mandatsträgerinnen und Mandatsträger Amtsträger. Die Amtsträgereigenschaft gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB setzt eine Bestellung bei einer Behörde oder einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, voraus. Als Bestellung reiche in diesem Sinne - so die Begründung zum Gesetzentwurf - auch eine Wahl aus. (vergleiche Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 13/5952, Teil B, Begründung zu § 1 KorruptionsbG) - Prüfeinrichtung im Sinne dieses Gesetzes sind für die Kommunen nach § 2 KorruptionsbG die kommunalen Rechnungsprüfungsämter. Die Überprüfungen nach diesem Gesetz beziehen sich nach § 2 Abs. 2 KorruptionsbG insbesondere auf die korruptionsgefähreten Bereiche, die dort anzunehmen sind, wo auf Aufträge, Fördermittel oder auf Genehmigungen, Gebote und Verbote Einfluss genommen werden kann. Die Festlegung dieser Bereiche obliegt den Bürgermeisterinnen/Bürgermeistern der Gemeinden.
Abschnitt 2: Informationsstelle und Vergaberegister (Auszug)
1. Nach § 3 KorruptionsbG wird eine Informationsstelle eingerichtet, bei der zwischen öffentlichen Stellen Informationen über die Zuverlässigkeit von natürlichen Personen, juristischen Personen und Personenvereinigungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgetauscht werden können. Die Informationsstelle wird federführend vom Finanzministerium eingerichtet und voraussichtlich ab Mai 2005 IT-gestützt sein. Eine Kommune, welche beabsichtigt einen Auftrag zu vergeben, ist verpflichtet bei Vergaben ab 25.000 Euro/50.000 Euro dort eine Anfrage zu machen (§ 8 KorruptionsbG).
2. § 5 KorruptionsbG definiert den Begriff einer Verfehlung (Absatz 1) und deren Eintragung in das Vergaberegister (Absatz 2). Zu den Verfehlungen zählen
-
- Straftaten nach §§ 331 bis 335, 261 (Geldwäsche, Verschleierung illegalen Vermögens), 263 (Betrug), 264 (Subventionsbetrug), 265b (Kreditbetrug), 266 (Untreue), 266a (Vorenthalten/Veruntreuen von Arbeitsentgelt), 298 (illegale Absprachen bei Ausschreibungen), 299 (Bestechung/Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr), 108e (Abgeordnetenbestechung) StGB und nach § 370 der Abgabenordnung,
- Straftaten nach §§ 19, 20, 20a und 22 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen,
- Verstöße gegen § 81 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), insbesondere nach § 14 GWB durch Preisabsprachen und Absprachen über die Teilnahme am Wettbewerb,
- Verstöße gegen § 16 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes,
- Verstöße, die zu einem Ausschluss nach § 21 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) oder nach § 6 Arbeitnehmer-Entsendegesetz führen können oder geführt haben.
§ 5 KorruptionsbG bezieht sich grundsätzlich nur auf diejenigen Personen, die im Falle einer Verfehlung in das Vergaberegister eingetragen werden (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 KorruptionsbG). Mandatsträgerinnen und Mandatsträger werden von dieser Vorschrift nicht erfasst, können sich aufgrund ihrer Amtsträgereigenschaft aber an den in § 5 Abs. 1 KorruptionsbG genannten Straftaten als Mittäter oder Beteiligte strafbar machen.
Insbesondere die Begehung bzw. schon der Anschein von Straftaten nach §§ 331 bis 335 StGB soll auch durch Ziffer 5. der Ehrenordnung verhindert werden. Es handelt sich hierbei um die Straftatbestände der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung (§§ 331 und 333 StGB) sowie der Bestechlichkeit, der Bestechung sowie der besonders schweren Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung (§§ 332, 334 und 335 StGB).
3. Nach § 11 Satz 1 KorruptionsbG wird der Datenschutz durch den Verweis auf das Datenschutzgesetz NRW sichergestellt. Die Register sind daher nicht uneingeschränkt öffentlich einsehbar, so dass das Informationsfreiheitsgesetz NRW auf die Regelungen des 2. Abschnitts keine Anwendung findet (Satz 2).
Abschnitt 3: Anzeige-, Unterrichtungs-, Beratungs- und Auskunftspflichten (Auszug)
- Nach § 12 Abs. 1 KorruptionsbG (Anzeigepflicht) hat in Gemeinden die Hauptverwaltungsbeamtin bzw. der Hauptverwaltungsbeamte beim Vorliegen von Tatsachen, die Anhaltspunkte für Verfehlungen nach § 5 Abs. 1 KorruptionsbG darstellen können, diese dem Landeskriminalamt anzuzeigen. Das gleiche gilt bei Gemeinden für die für die Prüfung zuständige Leiterin bzw. den zuständigen Leiter des kommunalen Rechnungsprüfungsamtes, die/der in einem solchen Fall in der Regel die Hauptverwaltungsbeamtin oder den Hauptverwaltungsbeamten unverzüglich über die Anzeige zu unterrichten hat.
Der Begriff „Anhaltspunkte“ geht zwar nicht so weit wie der strafrechtliche Begriff des „Anfangsverdachtes“; es werden aber konkrete Tatsachen verlangt, die es als möglich erscheinen lassen, dass eine verfolgbare Straftat vorliegt. An die Anhaltspunkte können deshalb keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden, weil die Erforschung des Sachverhaltes gerade Aufgabe des Ermittlungsverfahrens ist. (Diese Angaben wurden den zwischen dem Innenministerium NRW und den) kommunalen Spitzenverbänden abgestimmten Erläuterungen zum KorruptionsbG entnommen. Neben der Information gegenüber dem Landeskriminalamt obliegt es der Entscheidung der Behördenleiterin bzw. des Behördenleiters, auch die zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruptionsbekämpfung einzuschalten (wie vor). - Nach § 15 KorruptionsbG (Auskunftspflicht) haben die Mitglieder nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KorruptionsbG der Prüfeinrichtung uneingeschränkt Auskunft über ihre Vermögensverhältnisse wie Beteiligung an Unternehmen, Wertpapiervermögen, treuhänderisch gehaltenem Vermögen und Grundbesitz zu geben, soweit dies für eine Einzelfallprüfung notwendig ist.
Diese Verpflichtung, die auch die Mandatsträger/innen betrifft und einen eigenen Anspruch des Rechnungsprüfungesamtes auf Auskunftserteilung beinhaltet, wird in der Ehrenordnung nicht ausdrücklich geregelt. Die nach Ziffer 2. und 3. der Ehrenordnung gegenüber der Oberbürgermeisterin bzw. dem Oberbürgermeister zu erteilenden Auskünfte, die zumindest weitgehend auch die in § 15 KorruptionsbG genannten Angaben umfassen, wurden jedoch bereits in der Vergangenheit bei Bedarf an die von der Oberbürgermeisterin bzw. dem Oberbürgermeister u.a. zur Aufklärung von Korruption beauftragen Fachdienststellen, zu denen unter anderem das städtische Rechnungsprüfungsamt zählt, weitergegeben (siehe hierzu Ziffer 10 der Ehrenordnung). Darüber hinaus ermöglicht Ziffer 11.4 der Ehrenordnung eine Weitergabe dieser Informationen an den Ehrenrat.
Abschnitt 4: Vorschriften zur Herstellung von Transparenz (Auszug)
- Gemäß § 17 KorruptionsbG (Veröffentlichungspflicht) geben die Mitglieder nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KorruptionsbG, also die Mandatsträgerinnen und Mandatsträger, gegenüber der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten schriftlich Auskunft über
- den ausgeübten Beruf und Beraterverträge,
- die Mitgliedschaften in Aufsichtsräten und anderen Kontrollgremien im Sinne des § 125 Abs. 1 Satz 3 des Aktiengesetzes,
- die Mitgliedschaft in Organen von verselbstständigten Aufgabenbereichen in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form der in § 1 Abs. 1 und Abs. 2 des Landesorganisationsgesetzes genannten Behörden und Einrichtungen,
- die Mitgliedschaft in Organen sonstiger privatrechtlicher Unternehmen,
- die Funktionen in Vereinen oder vergleichbaren Gremien.
Diese Angaben sind nach § 17 Satz 2 KorruptionsbG in geeigneter Form jährlich zu veröffentlichen.
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass sich die Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in Ziffer 2. der Ehrenordnung bereits selbst dazu verpflichtet haben, die in § 17 Ziffer 1. bis Ziffer 5. KorruptionsbG geforderten Angaben über die Oberbürgermeisterin bzw. den Oberbürgermeister veröffentlichen zu lassen. Aufgrund der Entscheidung, die Angaben sämtlicher Mandatsträgerinnen und Mandatsträger einschließlich der der Hauptverwaltungsbeamtin bzw. des Hauptverwaltungsbeamten im Ratshandbuch der kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger bzw. im Internet zu veröffentlichen, braucht auch nicht mehr darüber befunden zu werden, wo und wie die Veröffentlichung der vorgenannten Angaben durchgeführt und aktualisiert (siehe hierzu Ziffer 4. der Ehrenordnung) werden soll. Neu ist lediglich, dass die bislang nur in der Ehrenordnung geregelte Veröffentlichungspflicht nunmehr auch durch das Gesetz vorgeschrieben ist.
Unabhängig von den Vorschriften des Korruptionsbekämpfungsgesetzes sind selbstverständlich auch weiterhin die anderen gesetzlichen Regelungen, insbesondere § 43 Abs. 3 GO NRW sowie die Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts zu beachten. Dies wurde bei der Abfassung der Ehrenordnung berücksichtigt.
- Nach § 18 KorruptionsbG (Anzeigepflicht von Nebentätigkeiten) hat die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte ihre/seine genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten nach § 68 Abs. 1 Landesbeamtengesetz NRW (LBG) dem Rat vor Übernahme anzuzeigen. Nach den zwischen dem Innenministerium NRW und den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmten Erläuterungen zum Korruptionsbekämpfungsgesetz besteht eine Anzeigepflicht dementsprechend nicht, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes (1. März 2005) die Nebentätigkeit schon übernommen wurde. Die Anzeige hat gegenüber dem Rat zu erfolgen. § 18 KorruptionsbG sieht anders als § 17 KorruptionsbG keine Veröffentlichung der Daten vor, da die Thematik dem engeren Bereich der Personalangelegenheiten zuzuordnen ist.
Die Verpflichtung zur Vorlage der Aufstellung nach § 18 Abs. 2 KorruptionsbG i.V.m. § 71 LBG (Meldung von Nebeneinnahmen) gilt schon für das Rechnungsjahr 2004. Dies ergibt sich daraus, dass keine entsprechenden Übergangsfristen bestehen. Die Aufstellung gemäß § 71 LBG ist nicht vorzulegen, wenn die Einnahmen aus den Nebentätigkeiten im jeweiligen Jahr insgesamt 1.200 Euro nicht übersteigen (§ 15 Nebentätigkeitsverordnung). Bei der Ermittlung dieser Summe sind alle Vergütungen für Nebentätigkeiten einzubeziehen, unabhängig davon, ob sie genehmigungspflichtig oder nicht genehmigungspflichtig sind bzw. der Abführungspflicht unterliegen oder nicht unterliegen.
In die Aufstellung gemäß § 71 LBG sind Tätigkeiten und Vergütungen hierfür nicht aufzunehmen, die gemäß § 2 Abs. 4 Nebentätigkeitsverordnung nicht als Nebentätigkeiten gelten. (Diese Anmerkungen wurden ebenfalls den zwischen dem Innenministerium NRW und den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmten Erläuterungen zum Korruptionsbekämpfungsgesetz entnommen.)
III.
III. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die vorgenannten Bestimmungen des Korruptionsbekämpfungsgesetzes - soweit sie sich auf die Pflichten der Mandatsträgerinnen und Mandatsträger beziehen - in der vom Rat beschlossenen Ehrenordnung bereits weitgehend verankert sind.
Die Mandatsträgerinnen und Mandatsträger haben sich mit der Ehrenordnung einem eigenen, selbstbestimmten Ehrenkodex unterworfen haben, der in seinem Regelungsgehalt über die auf Korruptionsbekämpfung und -vermeidung abzielende Intention des Korruptionsbekämpfungsgesetzes hinausgeht. Denn hierbei handelt es sich lediglich um einen Teilaspekt der Ehrenordnung, mit der gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und der Verwaltung vielmehr in erster Linie dokumentiert werden soll, dass sich auch die
Mandatsträgerinnen und Mandatsträger nicht "im freien Raum" bewegen, sondern sich in Bezug auf ihre politische Tätigkeit eigene Regeln geben, an denen sie ihr Verhalten verbindlich orientieren.