Am 3. April 1984 wurden zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland an die Spitze einer Bundestagsfraktion ausschließlich Frauen gewählt.
Kölnische RundschauJoschka Fischer macht große Augen. Otto Schily zeigt sich leicht entsetzt und ein paar männliche Abgeordnete fragen sich besorgt, ob sie wohl noch am rechten Platz sind. Die Feministinnen (…) feiern ihren Erfolg.
Im folgenden Beitrag erfahren Sie, wie es zu dieser Machtübernahme durch die Frauen bei der Partei „Die Grünen“ kam und wie Politik und Medien darauf reagierten.
Es wird aufgezeigt, welche Rolle das „Feminat“ und das im Anschluss verabschiedete Frauenstatut bei den Grünen spielte und welche Auswirkungen sich daraus für die Politik insgesamt ergaben.
Frauenrepräsentanz in der Bundespolitik
Von 1949 bis 1986 lag der Anteil der weiblichen Abgeordneten im Bundestag unter 10 Prozent. Der Frauenanteil konnte in den ersten 40 Jahren der Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Frauenanteil im deutschen Reichstag der Weimarer Republik nicht gesteigert werden. Erst durch die Mindestparität von 50 Prozent bei den Grünen stieg der Frauenanteil bei der Bundestagswahl 1987 auf 15 Prozent. In den nächsten vier Legislaturperioden erhöhte er sich wegen diverser Quotenregelungen bei den anderen Parteien jeweils um ca. 5 Prozent (SPD: Geschlechterquote von 40 Prozent, CDU: Frauenquorum von 33 Prozent, Die Linke: Mindestquotierung von 50 Prozent). Seit 2005 bis heute stagniert er bei etwa einem Drittel der Abgeordneten.
Bis 1961 gab es keine Ministerin in der Regierung. Bis 1985 war im Kabinett jeweils nur eine einzige Ministerin vertreten (Elisabeth Schwarzhaupt 1961-1969, Käte Strobel 1969-1972, Katharina Focke 1972-1976, Antje Huber 1976-1982, Anke Fuchs 1982, Dorothee Wilms 1982-1991), zweimal gab es in diesen fast 25 Jahren zwei Ministerinnen (Aenne Brauksiepe 1968-1969 (12 Monate), Marie Schlei 1976-1978 (14 Monate) (bis auf eine Ausnahme immer im Bereich Gesundheit, Jugend, Familie und Bildung). Dabei machte es keinen Unterschied, ob CDU oder SPD den Bundeskanzler stellten. Bis 1993 (Heide Simonis 1993-2005) gab es keine einzige Ministerpräsidentin.
CSU und FDP hatten bis heute nie eine weibliche Parteivorsitzende. In der SPD stand erst Andrea Nahles (2018-2019) für ein Jahr an der Parteispitze. Bei der CDU hatten mit Merkel (2000-2018) und Kramp-Karrenbauer (2018-2021) seit 1949 zwei Frauen den Parteivorsitz inne. Fraktionsvorsitzende im Bundestag hatten CDU/CSU, SPD und FDP in mehr als 70 Jahren jeweils nur eine: CDU/CSU Merkel (2002-2005), SPD Nahles (2017-2019) und FDP Homburger (2009-2011).
Grüner Frauen-Putsch
Als 1980 „Die Grünen“ gegründet wurden, erhofften sich viele Frauen der autonomen Frauenbewegung, mit dieser Partei ihre Forderungen zu realisieren. 1980 nahmen „Die Grünen“ zum ersten Mal an einer Bundestagswahl teil, scheiterten aber an der 5-Prozent-Hürde. 1983 zogen sie mit weniger als 6 Prozent in den Bundestag ein. Grüne Politikerinnen riefen Landes- und Bundesarbeitsgemeinschaften ins Leben und schufen ein unabhängiges Frauenreferat auf Bundesebene. Sie setzten sich in der Partei für Parität auf allen Ebenen und in allen Funktionen ein. Schon dem ersten Vorstand der Bundestagsfraktion gehörten vier Frauen (Petra Kelly, Marieluise Beck-Oberdorf, Annemarie Borgmann, Gabriele Potthast) und zwei Männer (Otto Schily, Joschka Fischer) an.
Von einer so hohen Frauenbeteiligung konnten die Parteifrauen aus CDU/CSU, SPD und FDP 1983 nicht mal träumen! Nach der „Busengrapscher“-Affäre im Sommer 1983 eines grünen Fraktionskollegen gründete sich der „Weiberrat“. Diese Vollversammlung umfasste die weiblichen grünen Bundestagsabgeordneten, die Nachrückerinnen (die Frauen, die nach der zweijährigen Rotation die amtierenden Abgeordneten ablösen sollten) sowie die Angestellten der Bonner Fraktion und traf sich nach Bedarf.
In der Emma von Mai 1984 wird der Ablauf, der zur Wahl des Grünen „Feminats“ führte, so beschrieben: „Am Morgen des denkwürdigen 3. April, an dem für 11 Uhr die Fraktionssitzung angesetzt war, bei der Vorstand und Sprecher bestätigt oder neugewählt werden sollten, trafen sich die Frauen nur anderthalb Stunden vorher, genau um halb zehn [im „Weiberrat“ U.K.]. In den Tagen und Wochen zuvor hatten sie zwar vage über die Möglichkeit einer sogenannten ‚Frauenliste‘ geredet. Das heißt, eine Kandidatenliste, auf der ausschließlich Frauen präsentiert würden, konkret beabsichtigt oder gar beschlossen aber hatten sie nichts.“
Gründe für eine Frauenliste gab es für die grünen Frauen einige: Es sei für Frauen an der Zeit, Machtpositionen zu besetzen. Wenn es auch nur einen Mann im Vorstand gäbe, werde er für die Medien automatisch zum Ansprechpartner. Politikerinnen, die als Mütter für Kinder verantwortlich seien, müssten sich selbst untereinander solidarischer verhalten als Männer, die ihre Zuständigkeit für Kinder als Väter gerne abgäben. Torsten Körner bekräftigt 2020: „Gerade Mütter wie Christa Nickels und Antje Vollmer [auch Waltraud Schoppe und Annemarie Borgmann haben Kinder U.K.] argumentierten, nur Frauen könnten einander den Rücken freihalten, wenn die Kinder mal krank würden und sie nach Hause fahren müssten. Auf traditionell denkende Männer und Machos wie Joschka Fischer und Otto Schily könnte man sich dann nicht verlassen, eher müsse man fürchten, dass diese ihre Abwesenheit ausnutzten.“
In der Emma heißt es weiter: „An diesem Dienstagmorgen fehlten einige Frauen im Weiberrat. (…) Zunächst schienen etliche (…) durchaus für eine Wiederwahl der amtierenden Sprecher und Vorsteher zu sein, bei denen sich vor allem Otto Schily, Joschka Fischer und Petra Kelly hervorgetan hatten. Dies allerdings (…) nicht ohne Kritik. Eigenprofilierung, mangelnde Loyalität und Paschatum (bei Schily und Fischer) wurden den Amtierenden vorgeworfen. Wenn aber ein Wechsel stattfinden sollte, dann allerdings wollten die Frauen sich nur auf einer reinen Frauenliste präsentieren. (…) Nach kurzer Zeit herrschte im Weiberrat zwar über die Frauenliste an sich Einigkeit, die definitiven Kandidatinnen allerdings wurden erst im allerletzten Augenblick (…) bestimmt. Auch Petra Kelly, die nicht mehr unter den vorgeschlagenen Frauen war, stimmte schließlich zu (‚Ich werde nicht gegen eine Frauenliste kandidieren‘).“ An der anschließenden Fraktionssitzung nahmen 39 Männer und 15 Frauen teil. Erst sah es so aus, als würde die alte Fraktionsspitze wiedergewählt. Doch als Marieluise Beck-Oberdorf erklärte, für eine erneute Kandidatur nicht mehr zur Verfügung zu stehen und die Frauenliste des Weiberrats präsentierte, um Otto Schilys und Joschka Fischers autoritären Führungsanspruch zu durchbrechen, kam Bewegung in die Sache. Schließlich stimmte eine Dreiviertel-Mehrheit - mehr Männer als Frauen - für die Frauenliste. Torsten Körner hat dafür diese Erklärung: „Beck-Oberdorf konnte sich in ihrem persönlichen Kampf gegen das ‚Polit-Mackertum‘ der männlichen Stars deshalb durchsetzen, weil sie deren Disziplinierung als feministisches Entwicklungshilfeprogramm für die Fraktion und als Sensibilisierungsmaßnahme für die Machos etikettierte und damit auf breite Zustimmung stieß.“
Reaktionen auf das „Feminat“
Während Otto Schily indigniert schwieg, machte Joschka Fischer seinem Ärger über das Wahlverhalten seiner männlichen Fraktionskollegen Luft: „Mir gehen die Klemm-Chauvis auf den Sack, die da plötzlich in serviler Ergebenheit, jeden aufrechten Gang und sonst manches Aufrechte beiseite lassend, auf breiter Schleimspur der Frauenemanzipation hinterherkriechen.“ (Spiegel 15.4.1984) Marion Schreiber bilanziert nach fast einem Jahr „Feminat“: „Nach dem ‚Putsch der Ladies‘ fühlte der abgewählte Joschka Fischer bei vielen - womöglich auch bei sich – ‚Katerstimmung‘. So hatten sie sich die Gleichberechtigung wohl doch nicht vorgestellt. Folglich machten sich die grünen Platzhirsche Joschka Fischer und Otto Schily in der Fraktion unter der neuen Regie erst mal rar.“ (Spiegel 17. März 1985)
Die sechs neu gewählten Fraktionssprecherinnen und Geschäftsführerinnen erklärten am nächsten Tag der Presse, ein „Zeichen setzen“ und „Frauenpower“ demonstrieren zu wollen. Sie hätten nicht vor, sich als Krisenmanagerinnen missbrauchen zu lassen und als Frauen besonders vermittelnd aufzutreten. Auch wenn ihr Wahlerfolg kein „Sieg des Feminismus“ sei, weil viel zu wenige Frauen Machtpositionen besetzten, hätten sie die Absicht, die aktuellen Probleme der Berufstätigkeit von Frauen zu fokussieren. Damit sprachen sie aus eigener Erfahrung; zusammengerechnet, brachte es das grüne „Feminat“ auf sieben Kinder.
Über die Fraktionsgrenzen hinweg erhielt das „Feminat“ Glückwünsche der Parteifrauen. Christa Nickels erinnert sich: „Es waren vor allem die sehr wertkonservativen Frauen, die sich gefreut und uns beglückwünscht haben. Die sagten: ‚Für uns ist das ein innerer Vorbeimarsch, denn wir müssen uns als erwachsene Frauen allerhand Unsägliches von den Männern in der Partei gefallen lassen. Hoffentlich schafft ihr das und haltet durch.‘ Die linken SPD-Frauen waren da sehr viel zurückhaltender und sogar ein wenig feindselig.“ Ursula Männle (CSU), die den Grünen Kolleginnen schriftlich gratulierte, wurde von ihrer Partei sofort gemaßregelt. Annelies Klug (CDU-Geschäftsführerin Bundesfrauenvereinigung) meinte: „Je mehr Wind die Frauen machen, desto mehr haben auch die Parteifrauen davon. Ich finde das ganz prima!“ Hildegard Hamm-Brücher (FDP) zeigte sich hocherfreut: „Eine tolle Sache, damit kann ich mich nur solidarisieren.“ Ingrid Matthäus Maier (SPD) sprach von einem „Schock“ für die Patriarchen.
Die meisten Medien belächelten die neuen Spitzenfrauen, werteten sie als ein Kuriosum in der Männerdomäne der Politik. Hier ein Beispiel: „Feminat: das klingt wie Fewamat – ein allen Hausfrauen und Müttern wohlbekanntes Waschmittel. Es ist nicht auszuschließen, daß sich die neue Sechserriege an der Spitze der Grünen Bundestagsfraktion als Reinweiche-Kolonne zur Beseitigung patriarchalischer Schmutzflecken versteht.“ (Mittelbayerische Zeitung) Kritisiert wird der Machtanspruch der grünen Frauen: „So sind die Grünen von dem Extrem der ungenügenden Vertretung von Frauen in den politischen Gremien ins andere Extrem verfallen, der weiblichen Alleinvertretung, als säße da im Tulpenfeld nicht mehr die parlamentarische Repräsentanz der Grünen, sondern eine neue Frauenpartei.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) Nach dieser Logik hätten CDU/CSU, SPD und FDP als (alte) Männerparteien bezeichnet werden müssen, weil es bei ihnen eine männliche Alleinvertretung gab.
In der Öffentlichkeit waren viele Männer, aber auch Frauen der Meinung, die Grünen hätten es mit dem „Feminat“ übertrieben. Dass sie einen rein männlichen Vorstand nicht genauso kritisiert hätten, macht deutlich, dass hier verschiedene Maßstäbe angelegt wurden.
Für die Häme, mit der das „Feminat“ überschüttet wurde, mag beispielhaft die Moderation des bekannten Journalisten Friedrich Nowottny vom 6. April 1984 im „Bericht aus Bonn“ (ARD) stehen: „Da ein Chaos selten allein kommt, berichten wir jetzt über die Vertreibung der Männer aus dem Paradies der Fraktionsspitze der Grünen, wenn’s denn ein Paradies gewesen sein sollte. Bei den Grünen vollzog sich (…), was in der Durchschnittsehe Normallfall zu sein scheint: Die Frauen übernehmen die Kommandogewalt. Was sich in der Ehe sanft, über Jahre hinaus, fast unmerklich vollzieht, schafften die grünen Damen sozusagen im Hauruck-Verfahren ohne Sentimentalitäten mit brutalem Zugriff, schlimmer, als es die miesesten männlichen Chauvis vermocht hätten.“
Das „Feminat“ in der Praxis
Das „Feminat“ stand von Anfang an unter erheblichem Erfolgsdruck. Die sechs grünen Vorstandsfrauen waren sich des hohen Risikos bewusst. Es galt, nicht nur der eigenen Partei zu beweisen, dass Frauen es konnten, sondern die Politikfähigkeit von Frauen schlechthin wurde am Gelingen des „Feminats“ festgemacht. So wurde es auch von der CSU-Abgeordneten Ursula Männle verstanden: „Hoffentlich geht es nicht schief. Wenn sie versagen, wird es den Frauen insgesamt angelastet.“ Nach knapp einem Jahr Amtszeit resümiert Waltraud Schoppe: „Das ist unser größter Erfolg, es ist jetzt selbstverständlich, daß Frauen das schaffen.“
Der auf ein Jahr befristete weibliche Fraktionsvorstand hielt durch und wurde als Erfolg bewertet. Margrit Gerste von der Zeit fasst zusammen: „Ins Jahr des Feminats fällt nicht nur die beachtliche Leistung, etwas Ruhe und Geschlossenheit in die Fraktion gebracht zu haben, sondern auch eine gute parlamentarische Bilanz, ökologische Fragen wurden pointiert“. Allerdings waren die Feministinnen bei den Grünen und in der Frauenbewegung eher enttäuscht. Die Hoffnung, das „Feminat“ setze sich im Parlament nachdrücklich für feministische Anliegen ein, wurde nicht erfüllt. Nicht alle Frauen an der Fraktionsspitze sahen sich als radikale Feministinnen und auch bei den Grünen selbst waren die Feministinnen in der Minderheit. Immerhin stellt Marion Schreiber im Spiegel fest: „Zum Ablauf der Amtszeit des Feminats, der ersten Frauenherrschaft in Bonn, sind - zufällig? - Frauenthemen in, Frauenfragen gestellt, Frauen als Wahlstimmen umworben.“
Das Frauenstatut der Grünen
Der erfolgreichen Arbeit des „Feminats“ ist es letztlich auch zu verdanken, dass 1986 mit dem Frauenstatut die Frauenquote bei den Grünen durchgesetzt werden konnte. Sie gilt bis heute und besagt: Alle grünen Gremien sind mindestens zu 50 Prozent mit Frauen zu besetzen. Auf den Wahllisten sind ebenso viele Frauen wie Männer aufzustellen. Ungerade Listenplätze sind den Frauen vorbehalten. Für die geraden Listenplätze können sowohl Frauen als auch Männer kandidieren. Geregelt wird im Frauenstatut auch eine paritätische Teilhabe bei Versammlungsleitungen und Redebeiträgen. Das Frauenstatut räumt Frauen ein Vetorecht bei geschlechtsspezifischen Fragen ein und sieht die Möglichkeit eines Frauenvotums vor der regulären Abstimmung vor.
Das Frauenstatut ist ein Alleinstellungsmerkmal der Grünen und erwies sich als Erfolgsmodell. Nicht ohne Grund haben die Grünen mit über 40 Prozent den höchsten Frauenanteil aller Parteien bei den Mitgliedern. Allerdings wurde das Frauenstatut auch manchmal unterlaufen. Zwei Beispiele: 2005 war Vizekanzler Joschka Fischer alleiniger Spitzenkandidat für die Bundestagswahl. Ministerpräsident von Baden-Württemberg Winfried Kretschmann nahm bei den Landtagswahlen 2011, 2016 und 2021 unangefochten die Spitzenposition ein.
Durch den Einzug der Grünen in den Bundestag konnte der Frauenanteil wegen der Frauenquote gesteigert werden. 1987 stieg der Anteil der weiblichen Bundestagsabgeordneten auf über 15 Prozent. Seitdem nimmt er (fast) kontinuierlich zu und liegt heute bei fast 35 Prozent. Immer noch liegen „Die Grünen“ an der Spitze mit 59 Prozent, gefolgt von der Linkspartei mit 54 Prozent Frauenanteil im Bundestag. Doch selbst die Altparteien haben zugelegt: SPD 42 Prozent, CDU und FDP jeweils 24 Prozent. Nach Anne-Laure Briatte ist die Frauenquote „notwendig, aber nicht ausreichend“. Denn nach wie vor stehen einer Frau Hindernisse im Wege wie „die Langlebigkeit von androzentrischen Strukturen, von Vorurteilen gegenüber Frauen und eine Selbstabwertung der Frauen“ und erschweren ihr eine gleichberechtigte Partizipation in der Politik. Dagegen müssten die Frauen, „ihre Konfliktfähigkeit stärken, sich ihrer Kompetenzen stärker bewusst werden und vor allem Netzwerke aufbauen, auf die sie sich stützen können.“
Fazit
Torsten Körner beschreibt, welche Signalwirkung vom grünen „Feminat“ auf die etablierten Parteien ausging: „Das ‚Feminat‘ machte den meisten damaligen Politikerinnen wie mit einem Blitzlicht klar, wie trostlos die Situation und Machtteilhabe der Frauen in ihren Parteien 1984 insgesamt aussah.“
Der Coup des „Feminats“ hatte Folgen für die gesamte Politik der Bundesrepublik. Während die Grünen von mehr Frauen als Männern gewählt wurden, liefen den anderen Parteien die Wählerinnen davon. Sie waren gezwungen, sich zu modernisieren. Frauen in SPD und CDU forderten mehr Frauenbeteiligung. 1985 geriet der Bundesparteitag der CDU unter Heiner Geißler zum „Frauenparteitag“. Im gleichen Jahr wurde Rita Süssmuth als zweite Ministerin ins Kabinett von Helmut Kohl berufen. Die SPD beschloss auf ihrem Bundesparteitag 1988 eine Geschlechterquote und wählte zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine Frau, Herta Däubler-Gmelin, zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Nach einer Bundeskanzlerin haben wir heute eine paritätisch besetzte Bundesregierung. Der Anteil der weiblichen Abgeordneten im Bundestag liegt allerdings immer noch bei nur 35 Prozent.
Text: Ulrike Klens
Quellenangaben
Die Rechte an dem oben stehenden Text liegen beim Haus der FrauenGeschichte Bonn e.V. (Öffnet in einem neuen Tab)
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Grüne: Aufstand der Frauen, in: Emma Nr. 5/1984, S. 16-21.
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„Glamour ist nicht zu holen“. SPIEGEL-Redakteurin Marion Schreiber über die Erfahrungen des Bonner Grünen-Feminats (17.03.1985). Spiegel-Online. www.spiegel.de/plitik/glamour-ist-nicht-zu-holen-a-312a8ef6-0002-0001-0000-000013512623. Abruf 24. Juli 2022.
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Anne-Laure Briatte: Notwendig, aber nicht ausreichend: die Frauenquote bei den Grünen (12.11.2018). Homepage der Bundeszentrale für Politische Bildung. www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/frauenwahlrecht/279359/die-frauenquote-bei-den-gruenen. Abruf 5. Oktober 2021.
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Das Feminat, in: Torsten Körner: In der Männer-Republik. Wie Frauen die Politik eroberten. Köln 2020, S. 167-183.
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Dorothea Meuren: Zwiespalt zwischen Frauenquote und Wahlerfolg. Homepage von Eva Engelken. www.evaengelken.de/dossier-teil-11-zwiespalt-zwischen-frauenquote-und-wahlerfolg-von-dorothea-meuren/. Abruf 20. Juli 2022.
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Feministische Chancen mit der Partei „Die Grünen“?, in: Schautafel der Ausstellung „WIR SIND! Neue Frauenbewegung und feministische Kunst“. 6. März bis 30. Oktober 2022. Frauenmuseum Bonn.