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Bundesstadt Bonn

Renate Augstein

(*1950) - Bonner Frauen(orte): Kennedyallee 105-107 - damaliges Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit

Renate Augstein

Rechte für die Rechtlosen, das hat mich zeitlebens angetrieben.

Renate Augstein

Unrecht gewinnt oft Rechtscharakter einfach dadurch, dass es häufig vorkommt.

Bertolt Brecht

Förderung der Frauen, Förderung der Frauenpolitik

Es gibt Frauen aus Bonn, die auch heute noch weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt sind und vielen Frauen aus der Frauenbewegung im Gedächtnis bleiben werden. Dazu gehört Renate Augstein. Sie hat lange Jahre von Bonn aus die Frauenpolitik der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich mitgestaltet, immer wieder in klaren und deutlichen Worten die Interessen der Frauen vertreten und sich für alle wichtigen Themen in ihrem Arbeitsalltag als Ministerialbeamtin (von der Referentin bis zur Abteilungsleiterin) eingesetzt. „Unbeirrbar“ ist das Wort, das mir zuerst über sie einfällt. Sie hat in der Regierung vor und nach dem Umzug von Bonn nach Berlin unter vielen Ministerinnen, Staatsekretär*innen als Redenschreiberin, als Vortragende, Herausgeberin vieler Bücher, Autorin und geduldige und engagierte Gesprächspartnerin und „Zuarbeiterin“ die Weichen dafür gestellt, dass wir heute trotz vieler Rückschläge und Angriffe eine breit aufgestellte Frauenpolitik haben.

Deren wichtigste Themen wie Frauenförderung, Antidiskriminierungsrecht, Rechte gegen sexualisierte und häusliche Gewalt, die Schaffung eines Frauenunter­stützungssystems (von den Frauenhäusern bis zum bundesweiten Hilfetelefon), Vielfalt verschiedener Lebensweisen, Ungerechtigkeiten in der Ausbildung und der sozialen Lage sind heute im öffentlichen Bewusstsein verankert. Mit ihr hatte die bundesdeutsche Frauenbewegung eine unüberhörbare und wichtige Fürsprecherin innerhalb der Regierungsverwaltung und die bundesdeutsche Frauenpolitik fand den Anschluss an die weltweiten internationalen Entwicklungen und Kämpfe für die Frauenrechte. Wie kam es dazu? Wie steinig war der Weg zu ihrer späteren Position?

In Köln geboren, besuchte Renate Augstein die dortige Ursulinenschule, absolvierte anschließend eine Rechtspflegeausbildung am Oberlandesgericht Köln und studierte danach Jura an der Universität Köln. In ihren Erinnerungen beschreibt sie ihren Vater „innerhalb der Familie als schwach“, der sich aber seiner „rechtlich abgesicherten Rolle als Familienoberhaupt“ bewusst war und sich gerne hinter dem Recht versteckte. Auch der Tochter gegenüber „verwies er auf ihre Rechtlosigkeit“. Renate Augstein reagierte mit Unlust am Lernen. Das änderte sich erst, als sie in der Oberstufe auf verständnisvolle Lehrer*innen stieß, die sie mit den politischen Fragen der damaligen Gegenwart vertraut machten. So besuchten die Schülerinnen z.B. gemeinsam den Bundestag und sprachen mit einem Abgeordneten über seinen Arbeitsalltag. Als die Klasse „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt las, trieb Renate Augstein die Frage der „Verantwortung von Wissenschaft und Politik“ um. In ihrem Abituraufsatz entwarf sie zu diesen Fragen „so etwas wie einen Ethikrat, einen Ausschuss im Bundestag, der über die Nutzung von gefährlichen wissenschaftlichen Errungenschaften (wie das Atom) zu wachen habe“.

Text: Barbara Degen