Barbelies WiegmannWir Frauen haben viel erreicht und es liegt noch ein Weg vor uns.
Die 1970er Jahre. Frau Dr. Barbelies Wiegmann ist auf den Fluren des Bonner Gerichts nicht zu übersehen. Hochgewachsen überragt sie manche Kollegen. Sie versteckt sich nicht unter einer Robe, sondern sticht durch ein strahlendblaues Kleid zwischen den in gedeckten Farben gekleideten Kollegen angenehm heraus. Die männlichen Anwaltskollegen befinden sich in dieser Zeit noch in der Mehrheit, während es heutzutage unter den Fachanwält*innen für Familienrecht weitaus mehr Frauen als Männer gibt.
Bei der Rechtsanwältin Barbelies Wiegmann ist man vor allem als Mandantin gut aufgehoben. Sie streitet als konsequente Interessenvertreterin für die Rechte der Ehefrauen bei einer Trennung oder Scheidung. Aber sie vertritt von jeher auch Männer, wenn diese ihren Ehefrauen nicht schaden wollen, auch wenn sie juristisch dazu in der Lage wären.
Barbelies Wiegmann macht sich explizit gegen eine Reduzierung von Frauen auf die alte Hausfrauenrolle stark. In ihrem 1980 erschienenen Buch „Das Ende der Hausfrauenehe. Plädoyer gegen eine trügerische Existenzgrundlage“ warnt sie: „Der Beruf der Familienhausfrau ist gefährlicher als der eines Seiltänzers. Die Chance ist 1:3, dass es schiefgeht. Außerdem arbeitet ein Seiltänzer gewöhnlich mit Netz. Die Hausfrau arbeitet gewöhnlich ohne Netz. Ein Netz hätte sie nur dann, wenn ihre wirtschaftliche Existenz auch dann garantiert wäre, wenn die Ehe zerbricht. Garantiert durch ausreichende Unterhaltszahlungen des Ehemannes. Das ist nicht der Fall. Das schlimmste Problem beim Ende der Hausfrauenehe ist der Unterhalt. In den meisten Fällen ist er kein Problem, sondern – eine Katastrophe.“
1990 fasst sie die Geschichte des Familienrechts in dem „Rechtsratgeber für Frauen“ zusammen. Darin heißt es: „Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts hatte ausschließlich der Mann die Entscheidung in allen Angelegenheiten des ehelichen Lebens. Er bestimmte Wohnort und Wohnung und hatte allein die elterliche Gewalt über die Kinder. Die Frau war grundsätzlich zu Arbeiten im Hauswesen und im Geschäft des Mannes verpflichtet, ein Arbeitsverhältnis mit Dritten durfte sie nur mit seiner Zustimmung eingehen. Soweit sie Vermögen besaß, hatte daran der Mann die Verwaltung und Nutznießung. Erworbenes Vermögen gehörte ihm allein.“
Eine Verbesserung der Rechte der Frauen brachte wenig später das Gleichberechtigungsgesetz von 1957. Für Scheidungen galt aber immer noch das Schuldprinzip. Erst seit dem 1. Juli 1977, dem Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts, haben Eheleute zumindest auf dem Papier grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten. Jedoch ist heute, fast 50 Jahre später, eine Gleichberechtigung der Frauen immer noch nicht erreicht, und sehr viele können nach der Trennung und Scheidung ihren Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit nicht sicherstellen. Daran ändert häufig auch eine eigene gute Ausbildung nichts, da die berufliche Laufbahn durch Kindererziehung, Familienarbeit und Teilzeittätigkeit unterbrochen wurde. Zudem werden Frauen im Schnitt immer noch geringer bezahlt.
Ein kurzer Schlenker zur Biografie
Ihre Persönlichkeit hat viele Facetten:
Die Juristin
Die Feministin
Die Mediatorin
Die Buddhistin (Meditation)
Ich hoffe, dass man aus diesem Portrait über Barbelies Wiegmann herauslesen kann, welch großherzige, tatkräftige und mutige Frau sie ist und welch klaren Verstand sie hat. Sie war in vielen Bereichen eine Vorreiterin und hat mich als Anwältin und Mediatorin geprägt. Nur allzu gerne habe ich auch ihren Platz bei den „Bonner Blaustrümpfen“, der aus einem traurigen Anlass freigeworden war, mit Gitarre und Gesang wieder besetzt.
Text: Irmela Amelung und Gabriele Hertel