Der Name Beuel leitet sich vom mittelhochdeutschen Buhil ab, was Büchel = Anhöhe bedeutet. Diese lag zwischen mehreren verlandeten Rheinarmen. In der Linksschleife des Rheins befand sich ein flaches Ufergelände mit ausgedehnten Wiesen, das sich ideal zum Trocknen großer Wäschestücke aus einer der beiden Walkmühlen aus dem 18. Jahrhundert eignete. Allerdings bescherte der ungebändigte Rhein auch regelmäßige Hochwasser. Beuel wurde als Buiela schon 1139 erstmals urkundlich erwähnt. An der Schnittstelle uralter Handelswege (Rhein-Sieg) bildete sich eine kleine Ansiedlung, deren Bewohner hauptsächlich vom Fischfang lebten.
Beuel gehörte seit seinem Entstehen zur „Herrlichkeit Vilich“, einer Unterherrschaft im churkölnischen Amt Bonn. Seit dem 15. Jahrhundert war Beuel politisch geteilt zwischen Churköln und dem Herzogtum Berg, wobei die Grenze in Höhe der heutigen Kennedy-Brücke verlief. Das Kloster Vilich wurde bereits im 10. Jahrhundert als Standbein churkölnischer Herrschaft erbaut. Die erste Äbtissin des Benediktinerinnenklosters Vilich war die später heiliggesprochene Adelheid.
Ich berichte nun aus den Überlieferungen, die meine Großtante Anna an mich weitergab.
Die Arbeitsbedingungen der Wäscherinnen waren bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts äußerst hart, da nur im fließenden Gewässer, also im Rhein, gewaschen wurde. Sie standen bei jedem Wetter oft bis zu den Knien im Wasser. Das Rheinwasser, das die Fasern zum Einweichen der Wäsche vollständig durchnässen sollte, war weich, deshalb eignete es sich gut. Nach dem Einweichen wurde gewaschen, meist auf flachen Steinen. Am Rhein wächst das Seifenkraut, dessen Wurzel benutzt wurde. Auch das trug zum legendären „Beueler Duft“ bei.
Danach musste die Wäsche gespült und ausgewrungen werden. All dies war Schwerstarbeit, denn nasse Wäschestücke wiegen schwer. (Diese Vorgehensweise soll es heute noch in Sloweniengeben.) Anschließend wurde die Wäsche auf den Rheinwiesen zum Bleichen (von blanc = weiß) ausgebreitet. Das Chlorophyll des Wiesengrüns bildet unter Sonneneinstrahlung reinen Sauerstoff (UV-Strahlung = Peroxyd + Ozon). Zum weiteren Trocknen wurden die Wäschestücke auf gespannte Hanfseile gehängt, nachdem man sie zuvor gereckt hatte, eine Arbeit, die man gemeinsam verrichten musste.
Wir können davon ausgehen, dass sich die Wäscherinnen Anfang des 19. Jahrhunderts erstmals zu einer Gruppe formierten, die gegen die harten Arbeitsbedingungen aufstand. Dass sich dieser Widerstand mit dem Karneval verband, ist aus seiner Entstehungsgeschichte zu erklären.
Es war üblich, dass die Männer der Wäscherfamilien auch am Karnevalsdonnerstag die saubere Wäsche ausfuhren, aber dann bei den Karnevalisten blieben und feierten. Damit ergab sich eine Unterbrechung der Arbeitsabläufe, sodass auch die Frauen einige Stunden Leerlauf hatten, denn schmutzige Wäsche kam erst verspätet herein. Ohnehin waren sie wütend auf ihre Männer, die das mühsam verdiente Geld im Karneval ausgaben. Sie nutzten diese Zeit zunächst heimlich, um auf einen Gerstenkaffee (Muckefuck) zusammen zu sitzen. Später hatten sich auch ihre Treffen etabliert. Es galt ein festes Reglement: Die Frauen hatten die Pflicht, über die groben Verstöße ihrer Männer gegen den Hausfrieden, gegen die eheliche Treue und über deren Alkoholexzesse zu berichten.
Sie tauschten sich also über ihre Ehen aus, konnten ihren Ärger teilen und verständigten sich über die Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen gegenüber ihren Arbeitgebern, letzteres ohne Erfolg. Da sie im Wäschergebiet an diesem Donnerstag in der Mehrzahl waren, beschlossen sie, diesen Bezirk am „fetten Donnerstag“ (wegen der traditionell fettgebackenen Mutzemandeln, u.ä.) für sich zu beanspruchen. Um dem Nachdruck zu verleihen und um nicht erkannt zu werden wegen möglicher späterer Repressalien, zogen sie sich Jutesäcke über und beschmierten sich ihre Gesichter mit dem Ruß der Waschfeuer. Neugierige Männer trieben sie mit herabgezogenen Hosen in den Rhein, daher stammt der noch heute gelegentlich auf der Weiberfastnacht gehörte Ruf „Botz erav“. Daraus entstand im Laufe der Zeit das Schlipsabschneiden (der Schlips als Zeichen der Männlichkeit).
Aus dem Wäscherbezirk entwickelte sich das Gemeinwesen Beuel. Erstmals - 125 Jahre nach der Gründung des ersten Damenkomitees (1824) - fand am 24. Februar 1949 die Rathauserstürmung mit Schlüsselübergabe statt. 1958 gab es erstmals eine Wäscherprinzessin, die pro forma immer noch eine Männerhose waschen muss, um sich der Ehre würdig zu erweisen. Heute ist auch dieser Teil des Karnevals kommerzialisiert, und kaum jemand erinnert sich noch an die revolutionären Ursprünge.
Als Mitte des 19. Jahrhunderts (1828 erschien ein erstes Buch für Rheinreisende) der Rheintourismus in Schwung kam, siedelten sich am Beueler Rheinufer südlich der jetzigen Kennedybrücke nach und nach mehr Wäschereien an. Sie verwandten schon Waschbütten, die auf Dreibeinen standen. Da sich die Lage mit den ausgedehnten Wiesengeländen am Ufer vorzüglich eignete, gaben nun auch zahlreiche Hotels, die in Königswinter gegründet worden waren, ihre Wäsche nach Beuel. Auch Kölner Beherbergungsbetriebe hatten die besonders gut riechende Beueler Wäsche entdeckt. Ihnen wurde die saubere Wäsche auf sogenannten Wäschebooten geliefert. „Beueler Duft“ wurde zum Markenzeichen, und Beuel wurde zeitweise die „weiße Stadt am Rhein“ genannt.
Ab 1907 wurde das Waschen durch die erste Trommelwaschmaschine – noch von Hand betrieben – und die Erfindung des Persils (Perborat + Silikat) Schritt um Schritt erleichtert. Mein Urgroßvater gründete als „Bleicher“ um 1880 die Wäscherei Johann Richarz in der späteren Rheinstr. 101, heute Rheinaustr. 193 bis 195 in der Nähe des Fähranlegers zwischen Steiner- und Johannesstraße. Mit der Zeit entstanden auf dem ausgedehnten Gelände, das sich bis zum unbefestigten Rhein hinunter erstreckte, vier Gebäude: Wohnhaus, Waschhaus, Trockenhaus und Bügelhaus. Mein Großvater fuhr als Junge noch mit dem Pferdegespann Wäsche nach Königswinter und Köln aus. Bis auf das Trockenhaus, das heute von einer Schreinerei genutzt wird, sind beim großen Bombenangriff auf Bonn am 18. Oktober 1944 alle Gebäude zerstört worden.
Text: Clara Wittköpper