Bis 1872 wurden die jüdischen Bürger*innen auf dem jüdischen Friedhof Beuel-Schwarzrheindorf bestattet. Da jedoch die Überfahrt über den Rhein besonders im Winter mit gelegentlichem Hochwasser und Eisgang zu schwierig wurde, schauten sich die Bonner*innen jüdischen Glaubens bereits seit den 1860er Jahren nach einem geeigneten Begräbnisplatz auf der linksrheinischen Seite um. 1872 wurde ein passendes Grundstück im noch unbebauten Gelände an der alten Straße nach Graurheindorf, der heutigen Römerstraße, erworben. 1873 fand die Einweihung des Friedhofes statt.
Größe: 0,6 ha
Denkmalschutz: Der gesamte Friedhof steht unter Denkmalschutz.
Es ist ein langes rechteckiges Grundstück von 50 x 125 m mit einer Ziegelsteinmauer eingefasst und durch ein schmiedeeisernes Tor verschlossen. Im Eingangsbereich befindet sich die Zeremonienhalle von 1901, die Stadtbaurat a. D. Ludwig von Noel (1838-1914) entworfen hat. Mit ihrem Säulenportikus und dem Dreiecksgiebel ist sie einem klassizistischen Tempel nachempfunden. Gegenüber des Einganges wurde ein Kriegerehrenmal zu Ehren der jüdischen Gefallenen im Ersten Weltkrieg errichtet. Es wurde durch den Bildhauer Jacobus Linden geschaffen und 1930 eingeweiht. Es besteht aus einer Wand, in der die Namen der Toten eingraviert sind. Auf dem Sockel der Wand liegt ein steinerner Stahlhelm. Über der Wand breitet sich eindrucksvoll die in Trauer niedergelegte Truppenfahne aus. Ein weiteres Mahnmal zum Andenken an die Holocaustopfer wurde 1950 eingeweiht. Gemäß dem jüdischen Brauch legen die Besuchenden dort Kieselsteine ab. Hinter den Ehrenmälern eröffnen sich die in drei Reihen angeordneten Gräber. Am Ende dieser langen Fläche ist die schlichte 1899 errichtete Leichenhalle zu sehen, die aus Feldbrandziegeln gebaut wurde. Bei den efeubewachsenen Gräbern fällt die häufig doppelte Beschriftung von lateinischen und hebräischen Buchstaben auf. Desweiteren sind Allegorien nur wenig verwendet worden, und die Grabsteine haben unterschiedliche Höhen. Ein absolutes Novum zeigen die größeren Gräber, die sich als Erbbegräbnisse und nicht, wie bisher üblich, als Einzelgräber ausweisen. All diese Aspekte machen deutlich, dass die jüdischen Bürger*innen Bonns in der späten zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die christliche Beerdigungskultur stärker annahmen und daraus ein neues Selbstverständnis entwickelten. Insofern stellt der Friedhof eine Besonderheit dar. Beisetzungen finden gegenwärtig nur auf diesem und dem jüdischen Teil des Friedhofes Kottenforst statt. Beide werden von der Synagogengemeinde betreut, wo hingegen die geschlossenen jüdischen Friedhöfe in der Obhut der Stadt Bonn liegen.
Bekannte Persönlichkeiten
Auf dem Friedhof sind Persönlichkeiten beigesetzt, die größtenteils bis ins heutige Bonner Leben nachwirken: der Rabbiner Dr. Ludwig Philippson und sein Sohn Alfred, der das Geographische Institut in Bonn begründete. Unweit von dessen Grabstelle ist der Rabbiner Falk Cohn beigesetzt sowie sein Sohn, Dr. Max Cohn, der zugleich Vorsteher der Gemeinde war. Außerdem sind auf dem Friedhof angesehene Bonner Unternehmer bestattet, wie z. B. Johann Meyer, der Gründer der Bonner Fahnenfabrik, mit seiner Frau. Leopold Zuntz und sein Sohn Albert haben hier ebenso ihre letzte Ruhe gefunden. Sie waren die Inhaber der von Rachel Zuntz gegründeten Kaffeegroßrösterei A. Zuntz. An einem der ältesten Gräber ist der Name Jeanette Cahn zu lesen, gestorben 1873. Sie war die Witwe von Hermann Cahn, der wiederum der Enkel von Jonas Cahn war. Dieser hatte das angesehene Bankhaus Cahn gegründet. Jeanette Cahns Schwager Albert, baute seinerzeit die heute noch existierende Villa Cahn an der Mündung des Godesberger Baches.
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