Januar 2022: Überraschendes Fundstück im Vorlass Franz Fischer
Frühes Original des Bonner Malers Martin Noël (1956 – 2010)
Im Vorlass des Bonner Fotografen Franz Fischer ist zwischen zahllosen Aufnahmen des Malers Martin Noël und seines Werkes eine bemalte Kunstpostkarte des Künstlers aus dem Jahr 1985 aufgetaucht.
Sie ist an Franz Fischer adressiert und enthält den Dank für Fotos, möglicherweise vom erst kurz zurückliegenden Besuch des Bonner Kunstvereins in seinem Atelier.
Martin Noël hat ein Gemälde von Francis Bacon „Porträt der Isabel Rawthorne in einer Straße von Soho. 1967“, das sich in der Berliner Nationalgalerie befindet, als Vorlage gewählt. Die Konturen der Frauengestalt auf dem Bacon-Gemälde hat Noël übernommen und mit schwarzem Filzstift übermalt, die weiteren ursprünglichen Bildelemente sind durch schwarze amorphe Übermalungen unkenntlich gemacht. In der linken oberen Ecke der Postkarte finden sich wie häufig in dieser Zeit vier Reihen von Sternen oder Kreuzchen. Die Übermalung des Bacon-Gemäldes mit Filzstift gehört in die Frühphase seiner Arbeiten, als Noël noch malerisch experimentierte und figurativ arbeitete, bevor er sich ab Ende der 80er Jahre dem Holzschnitt und der Abstraktion zuwandte.
Dass sich Noël ausgerechnet ein Porträt von Bacon ausgesucht hat, liegt wohl an seiner Bewunderung für diesen Maler, den er neben den alten Meistern Rembrandt und Goya und dem Meister der Abstraktion Otto Freundlich sehr geschätzt hat, wie er in einem Interview bekannte.
Das Kleinformat der Postkarte als Bildträger findet sich vielfach in seinen frühen Arbeiten, zum Beispiel in seiner ersten Ausstellung im kurfürstlichen Gärtnerhaus 1984, bei seinem Beitrag zur Ausstellung „Mythos Beethoven“ 1986 in der Galerie Hennemann oder in der Übermalung einer Postkarte, die August Mackes „Rhein bei Hersel“ zeigt.
Interessant ist neben der Bemalung die Beschriftung auf der Rückseite der Postkarte:
MARTIN NOËL (1956 - ) OHNE TITEL 1985
Durchgestrichen sind der Name des Malers, Francis Bacon, sowie Titel und Datum des ursprünglichen Bildes.
Rechts oberhalb des Ausstellungsorts („Nationalgalerie Berlin“) stehen die Worte „Hoffentlich bald“, ein Zeugnis des ausgeprägten Selbstbewusstseins des damals 29-jährigen Künstlers.
In der Tat erhielt er im selben Jahr ein Stipendium der Stadt Bonn, 1987 das Max-Ernst-Stipendium der Stadt Brühl und 1992 den Kunstpreis der Stadt Bonn. Einer ersten Ausstellung 1984 im kurfürstlichen Gärtnerhaus folgten Präsentationen in den renommierten Galerien Hennemann und Erhard Klein, ferner im In- und Ausland, zuletzt 2020 anlässlich seines 10. Todestages eine große Ausstellung im Bonner Kunstmuseum „paint, print, paint“ und schließlich seit dem Dezember 2021 „Martin Noël - Essentials“ in der Albertina in Wien, sicherlich ein Höhepunkt in der öffentlichen Wahrnehmung des Bonner Malers.
Seine Selbsteinschätzung hat sich also durchaus als richtig erwiesen, auch wenn sein früher Tod sein Werk abrupt beendet hat.
Franz Fischer hat den Maler von seinem ersten öffentlichen Auftreten an bis kurz vor dessen frühen Tod fotografisch begleitet. So hat er bereits 1985 den Besuch des Bonner Kunstvereins in Noëls Atelier dokumentiert, die Preisverleihung des Max-Ernst-Stipendiums in Brühl samt dem Aufbau der zugehörigen Ausstellung fotografiert sowie die malerische Gestaltung der Fassade des Windeck-Bunkers 1988. Es folgten zahlreiche Aufnahmen der weiteren Ausstellungen, vor allem im Bonner Raum, bis zu Noëls Installation in der Kirche St. Hildegard im Jahre 2006.
Februar 2022: Der Bonner Astronom F.W.A. Argelander
Der weltberühmte Astronom Friedrich Wilhelm August Argelander wurde am 22. März 1799 in der damals ostpreußischen Hafenstadt Memel – heute das litauische Klaipėda – geboren. Seit dem Jahre 1836 lebte er in Bonn und starb hier am 17. Februar 1875; er wurde auf dem Alten Friedhof beigesetzt.
Argelander begann 1817 ein Studium an der Universität Königsberg, wo er anfänglich Kameralwissenschaften studierte. Angeregt durch die Vorlesungen von F.W. Bessel, einer der wichtigsten Astronomen des 19. Jahrhunderts, wandte er sich kurz darauf der Sternkunde zu. Nach seiner Promotion übernahm Argelander im Jahre 1823 die Leitung der Sternwarte im finnischen Turku und wurde nur fünf Jahre später zum ordentlichen Professor an der neu errichteten Universität in Helsinki ernannt. Schließlich folgte er im Jahre 1836 einem Ruf an die Universität Bonn. Aufbauend auf den astronomischen Forschungen der Universität Bonn, die hier bereits unmittelbar nach der Universitätsgründung (1818) begannen, errichtete er hier das astronomische Institut.
Ab 1840 hatte Argelander auch die Bauleitung der Universitäts-Sternwarte an der Poppelsdorfer Allee inne, die im 19. Jahrhundert weltweite Bekanntheit erlangte. Anfänglich nutzte er für seine Beobachtungen einen kleinen Pavillon aus kurfürstlicher Zeit als Observatorium, der in der in der Nähe des Alten Zolls lag, denn die Fertigstellung der Bonner Sternwarte zog sich bis 1844 hin. Am Festungsbau bestimmte er die Position von Sternen sowie deren scheinbare Helligkeiten und entwickelte die sogenannte „Argelandersche Stufen-Schätz-Methode“ zur visuellen Abschätzung der Leuchtkraft von Sternen.
In den fünfziger Jahren gelang es ihm schließlich, die Positionen und Helligkeiten von rund 325.000 Sternen systematisch zu katalogisieren. Dieser Katalog als „Bonner Durchmusterung“ weltweit bekannt, galt lange Zeit als Standardwerk der Astronomie. Das im Jahre 1859 in drei dicken Bänden erschienene Werk wurde erst vor Kurzem in einer alten Ausgabe, nämlich in der zweiten Auflage aus dem Jahre 1903, vom Bonner Stadtarchiv angekauft. Des Weiteren besitzt das Stadtarchiv eine seltene Erstausgabe von Argelanders Bonner dreiundzwanzigseitigen Schrift „De fide uranometriae Bayeri dissertatio academica“ aus dem Jahre 1842.
Ein anderes wichtiges Zeitdokument des Stadtarchivs ist ein Porträt des Astronomen, der in den Jahren 1850 und 1864 zum Rektor der Universität Bonn gewählt wurde. Es handelt sich hierbei um eine bekannte Grafik (Signatur: DA06_4523-1) aus dem Jahre 1852, die Adolf August Hohneck fertigte. Dieses Blatt gehört zur umfangreichen „meisterhaften Lithografen-Serie Bonner Professoren“, an der auch Christian Hohe mitwirkte.
Heute ist die Bonner Sternwarte Teil des „Argelander-Instituts für Astronomie der Universität Bonn“ – aber nicht nur das Institut wurde nach ihm benannt: Bereits seit 1881 gibt es in der Bonner Südstadt die „Argelanderstraße“, die seinen Namen fest in der städtischen Alltagskultur verankert hat; des Weiteren tragen ein Mondkrater sowie ein Asteroid seinen Namen.
März 2022: Der Fotograf Wilhelm Klaes
Wilhelm Klaes (1867-1941) war ein guter Fotograf. Dafür legen mehrere Dutzend Glasnegative Zeugnis ab, die das Bonner Stadtarchiv unlängst von seinen Nachfahren als Geschenk entgegennehmen durfte.
Sein Elternhaus stand im saarländischen Kölln (heute Püttlingen). Von 1896 bis 1926 war er bei der Bonner Universitätsbibliothek beschäftigt, zunächst als „Expedient“, später nannte er sich Bibliotheksbeamter. Seit 1902 war er mit Johanna Buchsieb verheiratet. Das Paar hatte drei Kinder und wohnte in dem ihnen gehörenden Haus Rittershausstraße 12, ein Straßenzug der erst zu Jahrhundertbeginn aufgelegt und bebaut worden war. Fast 40 Jahre, bis zum seinem Tod im Kriegsjahr 1941 lebte er in diesem stattlichen Südstadt-Haus.
Die hohe Qualität der überlieferten Bilder zeigt zweierlei: Wilhelm Klaes hatte ein gutes Auge und eine gediegene fotografische Ausstattung, die seinerzeit alles andere als preiswert war. Die Fotos zeigen seine Familie, darunter eine Reihe von Selbstporträts, sowie Ansichten aus Bonn und der Umgebung. Die 1898 fertiggestellte Bonner Rheinbrücke, die Doppelkirche in Schwarzrheindorf sowie das Siebengebirge waren offenbar besonders beliebte Motive.
Die allesamt um das Jahr 1900 entstandenen Bilder des nicht professionell tätigen Fotografen Wilhelm Klaes bedeuten eine wichtige Bereicherung für die fotografische Sammlung des Bonner Stadtarchiv.
April 2022: Rheinische Kochbücher von 1840 bis 1994
Willkommen zu einer kulinarischen Zeitreise! Gemeinsam besuchen wir die rheinländische Küche von 1840 bis 1994.
Der erste Stopp führt uns in das Jahr 1840. Aus dieser Zeit stammt das Buch „Vollständiges rheinisches Kochbuch“ von Josef Stolz, welcher als Küchenmeister in einer Hofküche tätig war. Das Buch enthält auf 364 Seiten insgesamt 661 Rezepte zu den Bereichen: Saucen, Suppen, Gemüsebeilagen, Mehl- und Eierspeisen, Klöße, Backwerk, Hefegebäck, Pasteten, Fleisch- und Fischgerichte, Eingemachtes, Kompotts, Creme und Liköre. Josef Stolz sammelt in seinem Buch neben vielen rheinländischen auch internationale Gerichte, welche er bei seinen Auslandsreisen entdeckt hat.
Durch die Tatsache, dass es sich um einen erfahrenen Küchenmeister handelt, ist davon auszugehen, dass dieses Buch für Köche geschrieben ist. Dies zeigt sich zudem in der Art, wie seine Rezepte formuliert sind. In einigen der enthaltenen Anleitungen sind Mengenangaben teils schwammig formuliert und unterliegen der Interpretation des Koches. Formulierungen wie „so viel als nöthig“, „eine gute Hand voll“ oder „nehme so viel, als für eine Platte hinreicht“ werden als selbstverständlich angesehen.
Zu Ehren der damaligen Monarchen finden sich in diesem Buch auch Rezepte wie Königinsuppe, Prinz-Friedrich-Torte, oder auch die Kaiser-Creme. Andere Rezepte weisen auf ihre regionale Verortung bereits im Namen hin wie zum Beispiel hessischer Reisbrei oder Koblenzer Pastetchen. Einige ebenfalls interessante Rezepte, welche heute wohl nicht mehr so geläufig sind, sind: aufgezogener Eierbrei, braune Reissuppe oder süßer Kartoffelauflauf.
An dieser Stelle verlassen wir die Küche von Josef Stolz und reisen weiter in das Jahr 1912. Zu dieser Zeit erschien das Buch „Neues rheinisches Kochbuch“ von Wilhelmine Hohenstein. Bemerkenswert ist bei diesem Buch bereits die Covergestaltung. Darauf zu sehen sind drei Hausfrauen, die gemeinsam verschiedene Gerichte zubereiten. Ebenfalls im Bild befindet sich ein kleiner Junge, welcher wie eine der Hausfrauen die Suppe kosten möchte. Dieses Buch richtet sich an die einfache Hausfrau und enthält dementsprechend auch Anleitungen sowie Begriffserläuterungen.
„Die ersten Erfordernisse beim Kochen – ob sich nun die Hausfrau selbst oder eine Köchin damit befaßt – sind Ordnung, Reinlichkeit und Aufmerksamkeit.“ (Hohenstein, S. 1)
In dem vorangestellten Kapitel „Altes und Neues; allerlei nützliche Winke“ gibt die Autorin der Leserin nützliche Tipps und geht auf die an Popularität gewinnende Küchenchemie ein. Hier werden der Leserin unter anderem die Produkte von Maggi als auch von Dr. Oetker angepriesen. Zu dieser Zeit gab es bereits 30 verschiedene Sorten von Maggi-Suppen. Zum Thema Puddings äußert Hohenstein folgende Anmerkung:
„Das gleiche gilt von den Puddings, von denen noch viele Hausfrauen meinen, sie gehörten höchstens Sonntags auf den Tisch. Das ist aber ein Fehler und ein Unrecht an den Kindern. Denn die Puddings enthalten Zucker, den aber braucht der kindliche Körper zur Stärkung der Muskel.“ (Hohenstein, S. 9)
Dieses Buch enthält dementsprechend eine breite Auswahl von insgesamt 19 Rezepten verschiedener Puddings wie z. B. Milchpudding, Kartoffel-Pudding oder Prinzregenten-Pudding. Viele der bereits obengenannten Bereiche wurden ebenfalls von Hohenstein bedient. Jedoch gibt es auch Unterschiede so finden sich in diesem Buch Rezepte aus den Kategorien Wurst, Gefrorenes und Salate wieder. Bei den Suppen gibt es zudem neben herzhaften Brühen auch süße Obstsuppen.
Ein weiterer Zeitsprung bringt uns in das Jahr 1994. Dort finden wir das Buch „Kulinarisches Paradies Rheinland: Küchengeheimnisse, Rezepte und andere leckere Geschichten“ von Kristiane Müller. Es handelt sich hierbei um „ein Koch- und Lesebuch, das den Fremden in die Regionalküche einweiht und Einheimische viele alte Rezepte und Anekdoten neu und wiederentdecken läßt“. Teils wurden die enthaltenen Rezepttitel und kleinere ergänzende, lustige Geschichten im rheinischen Dialekt geschrieben. Die Aufführung der Rezepte hat sich im Vergleich zu den beiden anderen Büchern wesentlich geändert. Werden im Jahr 1840 und 1912 die Rezepte noch ausschließlich im Fließtext geschrieben, gibt es nun eine dem Text vorangestellte Zutatenliste, welche dem Lesenden einen Überblick verschafft. Auf seinen 125 Seiten enthält es unter anderem Rezepte wie Ädäppelzupp (Kartoffelsuppe), Stampes (Kartoffel-Sauerkraut Auflauf), Pannekooche met Flöns (Pfannkuchen mit Blutwurst), Himmel un Äd (Himmel und Erde, Ofengericht mit Kartoffeln und Äpfeln), rheinische Heringstipp (Fischgericht) und Aachener Printen (Gebäck).
Das Zeitfenster schließt sich und wir landen mit wiederentdeckten, alten Rezepten in unserer eigenen heimischen Küche.
Mai 2022: Reiseführer Bonn vom Anfang des 20. Jahrhunderts
Laut Definition ist ein Reiseführer ein Nachschlagewerk, welcher Informationen zu einer Stadt, einer Region oder einem Land enthält. Heute sind diese bunt und ansprechend gestaltet, mit vielen Bildern und Tipps wie die Reise zu einem echten Highlight wird. Natürlich gibt es diese heutzutage auch digital in Form von Blogs, Audio-Guides oder GPS-Tracks.
Bilder spielen in den heutigen Reiseführern eine besondere Rolle. In den Reiseführern von 1913 und 1926 lag der Fokus mehr auf dem Informationsgehalt in Form von Texten. Inhaltlich findet jede*r Besucher*in alles, was Bonn zu einem lohnenswerten Ziel macht.
Wie auch in den modernen Reiseführern wird den Lesenden die Stadt Bonn historisch erklärt, mit Daten und Fakten. Auch hier gibt es Tipps, welche Sehenswürdigkeiten unbedingt lohnenswert sind und es wird eine dazu passende Route entlang dieser Highlights vorgestellt.
Die Bonner Museen werden vorgestellt und es gibt einen Ausblick auf die kurfürstlichen Bauten, Denkmäler, Brunnen und Theater.
Auch Spaziergänge und Ausflüge werden beschrieben, genau wie Sportangebote und die gängigen Informationen wie Verkehr, Bibliotheken, Zeitungsangebote, Banken und Friedhöfe.
Natürlich dürfen die Anzeigen der Hotels, Cafés, Restaurants und Pensionen nicht fehlen. Besonders ist die Aufzählungen aller Schulen, Kirchen, Krankenhäuser und eine Beschreibung des Bonner Bildungswesens, was in den heutigen Reiseführern nicht mehr von Interesse ist.
Im Bestand der Stadthistorischen Bibliothek befinden sich Reiseführer zu Bonn und Umgebung aus unterschiedlichen Jahrzehnten. Aber auch themenbezogene Reiseführer wie “Architekturführer Bonn“, „Esoterische Reiseführer Nordrhein-Westfalen“ oder „Stadtrundgang durch Bonns jüdische Geschichte“.
Juni 2022: Die Schillers in Bonn
Wer den Namen „Schiller“ hört, assoziiert diesen wahrscheinlich vor allem mit den Städten Weimar und Jena.
Dass auch Bonn für die Familie eine recht große Rolle spielte, ist vielen Menschen vielleicht gar nicht bekannt.
Am 27. September 1823 heiratete Ernst von Schiller in St. Remigius die 14 Jahre ältere Maria Magdalena Pfingsten (verw. von Mastiaux) und schuf damit eine enge Verbindung der Familie Schiller zu Bonn.
Seine Frau entstammte einer der wichtigsten Familien der Bonner Region. Deren Stammgut, der Schevastehof in Vilich, besuchte Ernst von Schiller gerne und oft.
1796 wurde er als zweitältestes Kind der Eheleute Friedrich Schiller und Charlotte von Lengefeld in Jena geboren. Nach der Adelung im November 1802 durfte sich die Familie „von Schiller“ nennen.
Ab 1813 studierte Ernst von Schiller Rechtswissenschaften in Jena.
In den darauffolgenden Jahren führte ihn der Beruf u.a. nach Köln und Trier, bevor die Familie schließlich gegen Ende seines Lebens nach Bonn zurückkehrte.
Wie schon sein Vater vor ihm, litt auch er zeitlebens an Lungentuberkulose und starb 1841 im Alter von nur 44 Jahren in Vilich. Sein Wunsch war es, neben der bereits 1826 ebenfalls in Bonn verstorbenen Mutter seine letzte Ruhe zu finden. Auf dem Alten Friedhof kann man das Ehrengrab noch heute besuchen (Abteilung I, Nr. 4).
Seine Witwe überlebte ihn um rund zwölf Jahre und wurde 1853 auf dem Melaten-Friedhof in Köln bestattet.
Juli 2022: Rückblick auf die Bonn-Oxford Wochen
Dieses Jahr feiert die Städtepartnerschaft zwischen Bonn und Oxford ihr 75-jähriges Jubiläum. Zu Beginn bestand die Partnerschaft mehr auf kommunaler Ebene, mit Austausch über die Arbeit der Stadtverwaltungen und die Planung zukünftiger Projekte, zum Beispiel in der Umweltpolitik, sowie über die Unterstützung bei der Bewerkstelligung des Wiederaufbaues nach dem 2. Weltkrieg. Der kulturelle Austausch begann erst mit der Einführung der Bonn-Oxford Wochen in den 1970ern. Hierbei richten die Städte immer jährlich abwechselnde Begegnungswochen aus.
Den Anekdoten der Veranstaltenden aus Bonn und den Schlagzeilen der Zeit zufolge, begeisterte man die Oxforder von Bonner Seite aus gern und oft mit Karneval und natürlich, es darf nicht fehlen, Bier. So plante man Mitte der 70er Kölsch, zusammen mit der Ehrengarde des Vaterstädtischen Vereins, in Oxford auszuschenken. Oxford sollte es jedoch nie erreichen. Das Bier, von einer lokalen Brauerei gestiftet, wurde der Einlass auf die Inseln nicht gewährt und vom britischen Zoll beschlagnahmt. Um die Oxforder aber nicht zu enttäuschen, fragte man kurzfristig eine lokale Brauerei in Oxford um Hilfe an. Die Morrels Brauerei kühlte kurzerhand ihr eigenes Bier auf die in Deutschland gewohnte Temperatur und versetzte es mit Sauerstoff. Das Bier kam bei den Oxforder Kolleg*innen, dann natürlich als versprochenes deutsches Bier, mit viel Lob gut an und das konfiszierte Kölsch wurde auf dem Rückweg wieder mit nach Deutschland genommen.
Von Oxforder Seite begeisterte man die Bonner 1987 mit der Ausstellung von Repliken der Kronjuwelen im Alten Rathaus. Um diese zu betrachten standen die Bonner teils in langen Schlangen bis auf den Markt reichend an, denn insgesamt haben rund 11.500 die Ausstellung besucht. Doch auch hier sollte fast alles am Transport scheitern. Denn die Repliken wurden im Auto nach Deutschland transportiert und die Zollbeamten trauten ihren Augen nicht, als sie den Kofferraum öffneten. Sehr eilig wurde Kontakt zu der Polizei von London aufgenommen und jedes Teil genauestens unter die Lupe genommen, dass auch ja wirklich alles Repliken sind. Die falschen Juwelen sollten es dann aber, anders als das Kölsch, doch noch an ihr Ziel schaffen.
Dieses Jahr finden zum Jubiläum der Städtepartnerschaft gleich zwei Festwochen statt. Den Start machte Oxford mit Feierlichkeiten vom 15. bis 19. Juni und am 24. bis 28. August lädt die Stadt Bonn zum Mitfeiern ein.
Für Näheres zur Entwicklung der Städtepartnerschaft, schauen Sie sich doch auch mal unser Jahresplakat zu diesem Thema (zu finden in der Vitrine am Eingang des Stadtarchivs) an. Weitere Anekdoten und die Pressedokumentation zur Oxford-Woche in 1987 finden Sie in unserem Bibliotheksbestand unter den Signaturen 97/361 und 87/602.
August 2022: Die Bonner Schauspielschule
Bisher war nicht viel über die Existenz einer Bonner Schauspielschule bekannt. In der Publikation von Schultze-Reimpell, der bisher umfassendsten Publikation zur Bonner Theatergeschichte, wird nur erwähnt, dass der Intendant Erich Thormann (1946-1951) damit einen Wunsch von seinem Interimsvorgänger Albert Fischer (Intendant 1919-1932, 1945/1946), realisierte.
Im Zuge einer an das Stadtarchiv gerichteten Anfrage aus dem Jahr 2021 zu Hannelore Mabry, einer deutschen Frauenrechtlerin und Schauspielerin (1930-2013, geborene Katz), konnte im einem Rechnungsbuch der Schauspielschule Bonn festgestellt werden, dass ein Fräulein Katz 1950 Schulgeld bezahlt hat (N41/1055).
Zum Rechnungsbuch gehört auch eine wenig strukturierte „Handakte“ über Personal des Theaters (v.a. zu Thormann). Hier befindet sich auch eine undatierte Druckschrift zur Schauspielschule. Thormann und Hermann Wedekind (Oberspielleiter 1946-1951) werden als Verantwortliche genannt. Darüber hinaus werden die Ziele und der Aufbau des theoretischen und praktischen Unterrichts formuliert und die Kosten für Schulgeld aufgeführt (800 DM in monatlichen Raten von 80 DM). Beide verlassen aber zum 31. Juli 1951 das Bonner Theater und damit endete der Betrieb der Schauspielschule. Dokumentiert ist dies in einem Einschreiben an das Finanzamt Bonn vom 28. Januar 1952, welches sich in der zweiten „Handakte“ zur Schauspielschule befindet (N41/1055).
Diese Unterlage, die vor allem finanzielle Details umfasst, z.B. durch Bilanzlisten und Honorarnachweisungen zwischen 1946 und 1950 für das Finanzamt, spiegelt auch die Ablösung der Reichsmark durch die Deutsche Mark im Zuge der Währungsreform wider.
In den Nachweisen vom 20. Mai 1948 für den Abrechnungszeitraum vom 1. Januar bis 31. März 1948 wird zum Beispiel Intendant Thormann mit einem Honorar von 450 RM aufgeführt, außerdem der Fechtmeister Lorenz Metzger (Arbeitgeber ist die Universität), mit einem Honorar von 330 RM. Frau Grete Schaun-Wedekind, Ehefrau von Oberspielleiter Wedekind und Lehrerin für Sprechtechnik (selbständig) erhält 1005 RM. Der Spielleiter und Schauspieler Carlheinz Caspari erhält 290 RM.
Es folgen im Anschluss noch zwei weitere Nachweisungen für das Finanzamt, eine mit den Honoraren vom 1. April bis zum 20. Juni, noch in RM aufgestellt. Die letzte Übersicht, aufgestellt am 26. Januar 1949 für den Zeitraum vom 21. Juni bis 31. Dezember ist dann in DM ausgewiesen. Diese Aufteilung wurde durch die Währungsumstellung zum 21. Juni 1948 erforderlich, bei der die Gehälter 1:1 umgestellt wurden. Hier ist Thormann nicht mehr aufgeführt, Caspari mit 357 DM, Metzger mit 287 DM und Grete Schaun-Wedekind mit 896 DM.
Es ist nicht auszuschließen, dass die Geschichte der Bonner Schauspielschule noch weiter ergänzt werden kann. Im Landesarchiv Saarbrücken liegt der Nachlass von Hermann Wedekind. Leider ist er noch unverzeichnet und ungeordnet, dies ergab die Korrespondenz im Rahmen der Anfrage zu Mabry.
Quellenangaben und Abbildungsnachweise
- Schulze-Reimpell, Werner; Vom kurkölner Hoftheater zu den Bühnen der Bundeshauptstadt. 125 Jahre Bonner Stadttheater; Bonn 1983. Sign. 84/8
- StABN N41 Nr. 1054; N41 Nr. 1055
- Weitere Informationen zu Hannelore Mabry und Hermann Wedekind siehe Wikipedia
September 2022: „Fantasie ist dem Menschen zumutbar“
Hilla Jablonsky zum 100. Geburtstag
Programmatische Worte der Bonner Künstlerin Hilla Jablonsky, die am 17. September 1922 an der Saar geboren wurde, ihre Jugend und Ausbildungszeit in Norddeutschland verbrachte, dann aber ihre künstlerische Heimat in Bonn und Umgebung fand.
Bis ins hohe Alter produktiv und öffentlich präsent, überschritt sie die Grenzen der Kunstsparten. Die Sprache war ihr, wie ihre zahlreichen Lyrikbändchen zeigen, als Ausdrucksform fast so wichtig wie die Malerei und die Performance.
Auch im Bonner Stadtarchiv und in der Stadthistorischen Bibliothek hat Hilla Jablonsky in beiden Kunstformen Spuren hinterlassen: Im Vorlass Franz Fischer finden sich neben vielen Fotos, die auf Ausstellungen oder im Atelier entstanden sind, Originale und Briefe als Geschenk an den Fotografen. Mehrere Ausgaben ihrer Gedichte sind im Besitz der Stadthistorischen Bibliothek sowie eine Reihe von Ausstellungskatalogen.
Die künstlerischen Anfänge der Macke-Preisträgerin waren von den für Frauen ihrer Generation typischen Schwierigkeiten geprägt. Da ihr als Frau nach dem 2. Weltkrieg die Kunsthochschulen verschlossen waren, nahm sie Unterricht bei Aleksej von Assaulenko, später bei Cameron Hoover und Franz Radziwill und schließlich bei Albrecht Paris-Gütersloh, Malern, die eine große stilistische Spannbreite repräsentieren und die auch erkennbaren Einfluss auf ihre frühen Bilder hatten, bevor Hilla Jablonsky ihren ganz eigenen Stil fand.
„Das Jahrhundert der Kunst von Frauen hat begonnen. Ihre Kraftquellen werden ins Bewusstsein gerückt“, bekannte die zierliche Frau und überraschte immer wieder mit ihren kraftvollen Performances und wandfüllenden Gemälden.
Ihr reifes Werk wird der informellen Malerei zugerechnet, eine Kategorisierung, die sie als Einengung empfand. Sie selbst bezeichnete ihre Bilder als „leuchtende Poesie“, ein Hinweis auf die Verschmelzung der Kunstsparten in ihrer Arbeit.
1969 stellte sie zum ersten Mal in der Nähe ihrer damaligen Heimat in einer Galerie in Bremen aus, ab den 70-er Jahren deutschlandweit und im europäischen Ausland. Seit ihrem Umzug nach St. Augustin präsentierte sie ihre starkfarbigen Werke auch vielfach in Bonn und wurde hier zur Mitbegründerin des Frauenmuseums, war Mitglied, später Ehrenvorsitzende der Gedok und als Jurorin tätig, um gemäß ihrer Überzeugung Frauen zu mehr Sichtbarkeit im Kunstbetrieb zu verhelfen.
2008/2009 wurde ihr vom Frauenmuseum eine große Retrospektive gewidmet und eine weitere Ausstellung zum 95. Geburtstag, den Hilla Jablonsky in der wiedergewonnenen norddeutschen Heimat, in Leer verbracht hat, wo sie im August 2019 verstorben ist. Ihren Nachlass verwaltet Reinhild Jacobsen in Bonn.
Zitate aus: Katalog des Frauenmuseums „Hilla Jablonsky“, Bonn 2009.
Farben gesammelt
Worte gewußt
das ist
Befestigung
um meine Lagerräume
habe ich
Licht
Turm
Lichttürme
geträumt
nichts
kennt mich
(aus Hilla Jablonsky: Feuerschiffe – Gedichte. Dülmen 1988)
Oktober 2022: Es war einmal ...
aus: Rheinische Märchen. Neu erzählt von Paul Weitershagen. 1970Zu den frühesten und glücklichsten Erinnerungen der Kindheit gehört das erste Buch, ein Buch mit Märchen und Sagen. Es öffnet für immer die Tore zu jener Welt, in der alle Wünsche des Herzens ihre Erfüllung finden.
Märchen sind fantastische Erzählungen, welche nicht zwingend an einen Ort oder eine Zeit gebunden sind. In ihrer ursprünglichsten Form wurden sie mündlich überliefert und erst später durch etwa die Brüder Grimm schriftlich festgehalten. Dabei wird unterschieden zwischen Volks- und Kunstmärchen. Das Volksmärchen ist ein von Volk und Generation wanderndes Märchen mit an alten Mythen anknüpfendem Erzählgut. Es unterscheidet sich zum Kunstmärchen darin, dass es keinem eindeutigen Verfasser zugeordnet werden kann. Das Kunstmärchen ist zudem nicht an traditionelle Erzähltypen und –motive gebunden.
In die Kategorie der Volksmärchen fallen zum Beispiel diese zwei Bücher „Rheinische Märchen: neu erzählt von Paul Weitershagen“ und „Grimms Märchen op Bönnsch-Platt“ von Herbert Weffer.
In den Bereich der Kunstmärchen fallen die beiden Bonner Autoren Ernst Moritz Arndt und Wilhelm Matthießen.
Ernst Moritz Arndt stammte aus bäuerlichen Verhältnissen und verlebte seine Kindheit auf der Insel Rügen. Seine Jugend verbrachte er unter anderem mit Reisen. Während seiner Reisen hatte sich die Welt verändert, den Napoleon war nach der Revolution Herrscher von Frankreich geworden. Sein Buch „Geist der Zeit“ erweckte den Zorn Napoleons und sorgte für die kommenden Jahre dafür, dass er sich nicht frei in Deutschland bewegen konnte. Nach dem Krieg wurde er Lehrer für Geschichte an der neu gegründeten Universität in Bonn.
Aus der Reihe „Meister des Märchens“ befindet sich im Besitz des Stadtarchivs und der Stadthistorischen Bibliothek der fünfte Band „Arndts Märchen“. Es enthält insgesamt 6 Märchen:
- Die neun Berge bei Rambin
- Der Schlangenkönig
- Schneeflöckchen
- Witt Düweken
- Der starke Hans
- Die Könige der Tiere
An dem Märchen „Schneeflöckchen“ möchten wir Sie durch eine kurze Zusammenfassung teilhaben lassen:
„Schneeflöckchen war die Tochter des Königs von Indien. Doch als ihre Mutter starb, heiratete der König wieder und Schneeflöckchen bekam eine böse Stiefmutter. Die Stiefmutter, welche eine böse Hexe war, gebar dem König zwei Töchter, die potthässlich sind. Die Hexe war darüber hinaus über Schneeflöckchens Schönheit so erbost, dass sie sie mit den Worten:
„Schneeflöckchen flieg hin!
Flieg durch die Welt hin!
Heute kalt und morgen warm!
Schlaf in keines Mannes Arm,
Der nicht in das fünfte Jahr
Treu dir ohne Wandel war.“
in eine Schneeflocke verwandelte. So flog Schneeflöckchen auf der Suche nach Liebe in der Welt umher. Erst ohne großen Erfolg zu haben, doch dann hörte sie einen wehklagenden Jüngling, der wie sie nach der großen Liebe suchte. Bei dem Jüngling handelte es sich um einen edlen Prinzen aus dem Land Arabien. Schneeflöckchen, die so gerührt von dem war, setzte sich sanft in seine Hand, in welcher sie zu einer Pfütze schmolz. Der Prinz, der in Schneeflöckchen seine Liebe erkannte, eilte in das nächste Dorf und ließ sich ein Gefäß fertigen, in dem er Schneeflöckchen direkt über seinem Herzen würde tragen können. So vergingen die fünf Jahre und die Liebe des Prinzen Bisbiglio zu Schneeflöckchen wurde in den verschiedensten Prüfungen getestet, doch er war ihr zu jederzeit treu und Schneeflöckchen verwandelt sich zurück in die schöne Prinzessin.“
Der 1891 in Gmünd geborene und in Düsseldorf aufgewachsene Schriftsteller Wilhelm Matthießen gehörte über Jahrzehnte zu den meistgelesenen deutschen Kinder- und Jugendbuchautoren. Nach seinem Abitur und Militärdienst studierte er in Bonn und Berlin Philosophie und Theologie. Neben seiner wissenschaftlichen Paracelsus-Arbeit hatte er schon 1918 begonnen, seine Märchenerzählungen zu veröffentlichen. Diese erschienen zunächst in der Zeitschrift „Der Zwiebelfisch“. Das Märchenbuch „Die Katzenburg“ erschien erstmalig 1928 und spielt im Kottenforst bei Bad Godesberg, wo Matthießen mit seiner Familie lebte.
Neben „Die Katzenburg“ befinden sich in unserem Bestand „Das alte Haus“, „Die glücklichen Inseln“, „Die grüne Schule“ und „Im Turm der alten Mutter“. In einigen der Märchenbüchern sind seine Märchen als Teil einer Geschichte verwoben und werden dort den Kindern von einem der Protagonisten erzählt.
November 2022: Weihnachtsmarkt in Bonn
Im deutschsprachigen Raum reicht die Weihnachtsmarkttradition bis ins 14./15. Jahrhundert zurück. Der damals entstandene Nürnberger Christkindl- oder der Dresdener Striezelmarkt erfreuen sich heute noch an überregionaler Bekanntheit. Wann der erste Bonner Weihnachtsmarkt stattfand, ist nicht überliefert. Fest steht, dass die mittelalterlichen Märkte zur Weihnachtszeit wenig mit den Vergnügungsmärkten der Gegenwart gemeinsam haben. Damals deckte man sich dort mit den notwendigen Mitteln ein, um den Winter zu überstehen.
Im 17./18. Jahrhundert gewann das Weihnachtsfest insgesamt an Bedeutung und die Märkte wurden von Versorgungsmärkten zu bürgerlichen Familien- und Traditionstreffpunkten, sodass Speis- und Trank sowie Kinderspielzeug in den Mittelpunkt rückten.
Das frühste bekannte Dokument zur Bonner Weihnachtsmarktgeschichte ist auf den 3. Dezember 1926 datiert. Es handelt sich dabei um einen Zeitzeugenbericht im Generalanzeiger. Dort wird der Nikolausmarkt „vor einem halben Jahrhundert“ beschrieben. Demnach wurden um 1876 an der Fontäne (gemeint ist der heutige Marktplatz) einige wenige Buden aufgestellt, die Spielwaren und Leckereien an die Kinder verkauften.
Nach dem zweiten Weltkrieg fand 1949 erstmals wieder ein Weihnachtsmarkt auf dem Münsterplatz statt. Daran erinnerte sich auch Peter Rieck am 4. Dezember 1982 im Generalanzeiger, Er betrieb dort das erste Fahrgeschäft: Ein handbetriebenes Kinderkarussell, das er für fünf Pfennige solange drehte, bis die Kinder zufrieden waren.
Den Weihnachtsmarkt auf dem Münsterplatz, wie wir ihn heute kennen, gibt es erst seit 1972. Über die Jahre hinweg wurden dort vor allem Tannenbäume verkauft. Erst auf Anregung des Schaustellerverbandes wurde im Stadtbezirksausschuss Bonn Anfang 1972 die Erweiterung zu einem Weihnachtsmarkt genehmigt. Allerdings bat CDU-Ausschussmitglied Wershoven darum, den Weihnachtsmarkt „in sinnvoller Weise zu begrenzen (Weihnachtsschmuck, Bäckereien)“.
Der Bonner Weihnachtsmarkt wechselte in den letzten 150 Jahren nicht nur seinen Standort, sondern auch seine Funktion und sein Verkaufsangebot. Heute bietet er eine Verkaufsfläche für das Kunsthandwerk und Platz fürs Zusammensein in vorweihnachtlicher Stimmung.
Verwendete Quellen:
- Zug. 1859/5: „Sonstige Märkte und Veranstaltungen“.
- ZA 134/2271: „Trümmerlandschaft“ und ein Karussell. Der erste Weihnachtsmarkt nach dem Krieg – Peter Rieck war dabei.
- ZA 61/61: Nikolaustag und Nikolausmarkt vor einem halben Jahrhundert.
- Generalanzeiger vom 12. Dezember 1949.
- Generalanzeiger vom 9. Dezember 1968.
Dezember 2022: Weihnachtsfeier der „Bonner Husaren“ im Jahr 1911
Das querformartige Schwarz-Weiß-Foto (8.7 x 13 cm) auf Barytpapier, das ein Interieur mit geschmücktem Weihnachtsbaum zeigt, vor dem 17 Soldaten posieren, stammt von einem unbekannten Fotografen. Das Bild ist auf der Rückseite handschriftlich mit „Erinnerung an Weihnachten 1911“ datiert und trägt dazu den Vermerk „Unteroffizier Corps 4. Hus 7“, was darauf verweist, dass es sich bei den 17 Soldaten um Unteroffiziere der 4. Eskadron des 1. Rheinischen Husaren-Regiments „König Wilhelm I.“ handelt - um das 1. der Husaren-Regimente aus der Rheinprovinz -, das im Jahre 1815 als 7. Westpreußisches Husaren-Regiment u.a. aus Truppenteilen des ehemaligen Schlesischen National-Husaren-Regiments errichtet wurde. Das Husaren-Regiment Nr. 7 war der 15. Division unterstellt und führte seit 1857 den Namen des Oberbefehlshabers, preußischen Königs und späteren deutschen Kaisers Wilhelm I. als Zusatz. Die Husaren nahmen bereits an den Befreiungskriegen 1813/15 sowie am Deutschen Krieg 1866, am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und schließlich am 1. Weltkrieg teil.
Anfänglich war die Garnison dieses Kavallerieverbandes der Preußischen Armee in Posen (heute Polen); von 1852 bis zu seiner Auflösung im Jahre 1918 war Bonn der Standort, weshalb die Soldaten im Volksmund als „Bonner Husaren“ bezeichnet wurden. Ihre Kaserne befand sich am Friedrichsplatz, dem heutigen Friedensplatz, in der sogenannten „Sterntorkaserne“. Nach deren Abbruch zogen die Husaren in die „König-Wilhelm-Kaserne“ auf der Rheindorfer Straße 108, heute Graurheindorfer Straße, die in der Nachkriegszeit ebenfalls abgebrochen wurde - übrigens gibt es bis heute in Bonn-Castell eine „Husarenstraße“.
Das Schwadrons- und Regiments-Exerzieren der Husaren fanden im Jahre 1911 in Hangelar statt, während Brigade-Exerzieren auf dem Truppenübungsplatz „Elsenborn“, sowie die sich daran anschließenden Manöver im Kreis Schleiden in der Eifel, durchgeführt wurden.
Der preußische Major August Ludwig Leopold von Schlözer (1859-1946) erzählt in seinem Buch „Vorwärts! Leben! Aus meiner Bonner Husarenzeit“ (1938) viele Anekdoten rund um die Bonner-Husaren. Von Schlözer kam im Frühjahr 1890 in das Bonner Husarenregiment, anfänglich als Premierleutnant, ab 1896 dann als überzähliger Rittmeister, ein Jahr darauf wurde er Eskadron-Chef und erhielt schließlich 1905 seine Beförderung zum Major. Von ihm erfahren wir u.a. in seiner Autobiographie, wie es zu dem bekannten Husarenschlachtruf „Lehm op“ gekommen war:
Ihr Zuruf „Lehm op“ stammte von den Zieglern, an deren Gruben die Exadrons zum Exerzieren auf dem „Sand“ vorbeiritten, er wurde 1866 zum ehrenvollen Kriegsruf als solcher in der ganzen Armee, besonders im deutsch-französischen Krieg bekannt. (Schlözer, S. 69)
Die Bonner-Husaren mit ihrer „schmucken“ Uniform – der russischblauen Attila, die mit goldenen Knöpfen, zitronengelben Schnüren und roten Besatzstreifen verziert war und dem Ponceauroten Kolpak (Husarenmütze) - waren in Bonn sehr beliebt und in die Bonner „bessere“ Gesellschaft voll integriert. So besitzt das Stadtarchiv zahlreiche Belege der Husaren in Bonn: und zwar nicht nur sehr viele Abbildungen, die diese auf Fotos, Grafiken, Postkarten, Plakaten oder Medaillen zeigen, sondern auch Literatur sowie zahlreiche Konzertprogramme mit der Kapelle des Husaren-Regiments und Akten – so beispielsweise die „Hausakten“ zum Umbau der Husarenkaserne in der Graurheindorfer Straße.