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Bundesstadt Bonn

Zeitfenster

Fotos, Grafiken, Urkunden, Akten, Briefe oder historische Bücher: Im Depot von Stadtarchiv und Stadthistorischer Bibliothek lagert manche Rarität. Die Reihe „Zeitfenster“ gewährt jeden Monat einen Blick in die Vergangenheit Bonns. 2024 steht das Jahr 1949 im Fokus, denn das Grundgesetz feiert seinen 75. Geburtstag!

Zeitfenster Oktober: Bonn hat wieder eine Tageszeitung

Erste Nachkriegsausgabe des Bonner General Anzeigers erscheint am 1. Oktober 1949

„Wieder General-Anzeiger“, so titelt ein Beitrag ‚in eigener Sache‘ in der ersten Nachkriegsausgabe der am 1. Oktober 1949 – nach fast fünf Jahren Zwangspause – erstmals wieder in den Zeitungsauslagen der Stadt zu findenden beliebten Bonner Tageszeitung. Wenige Tage zuvor hatten die Alliierten die Lizenzpflicht für Zeitungen aufgehoben und damit, zumindest in den Westzonen, den Weg freigegeben für das Wiedererstarken der freien, unabhängigen Presse und die gewerbliche Wiederbelebung zahlreicher noch bestehender Vorkriegsverlage.

: Erste Nachkriegsausgabe des Bonner „General-Anzeiger“ vom 1. Oktober 1949, Titelseite/Seite 1 (Signatur: I a 4-1949, Okt./Dez.-)

Zweiter Weltkrieg hatte dem Bonner Zeitungsverlag schwer zugesetzt

Bereits die nationalsozialistische Machtübernahme und besonders der Zweite Weltkrieg hatten dem auf die Familiendynastie Neusser zurückgehenden Bonner Zeitungsverlag schwer zugesetzt und dessen Existenz bedroht: Ungeachtet seiner unpolitischen Ausrichtung musste sich der Verlag unter Hermann Neusser II (1879-1937) den zunehmenden Zwängen der von den Nationalsozialisten gleichgeschalteten Presse beugen. Ab August 1944 wurde auf Druck der Reichspressestelle der General-Anzeiger in „Bonner Nachrichten, Tageszeitung für Bonn und Umgebung“ umbenannt, ab Oktober 1944 musste der Verlag den „Westdeutschen Beobachter“, eine der NSDAP zugehörigen Zeitung, drucken. Neben der eigenen Zeitung druckte man ab 1943 noch drei aus Köln, deren Druckereien kriegsbedingt zerstört waren. Bei dem bis dahin größten Bombenangriff auf Bonn am 18. Oktober 1944 wurde auch das Bonner Verlagshaus zerstört, worauf in außerhalb gelegenen Notquartieren unregelmäßige Ausgaben gedruckt und nach Bonn gebracht wurden. Die letzte Ausgabe erschien am 2. März 1945.

Erste Nachkriegsausgabe des Bonner „General-Anzeiger“ vom 1. Oktober 1949, Seite 2 (Signatur: I a 4-1949, Okt./Dez.-)

Ende des Lizenzzwangs ermöglichte den Neustart

Nach dem Krieg übernahm der aus Kriegsgefangenschaft zurückgekehrte Hermann III Neusser (1917-2002) zusammen mit seinem Schwager Otto Weidert (1909-1982) die Geschäftsführung. Da der General-Anzeiger in den Augen der Alliierten eine in der NS-Zeit Propaganda verbreitende Zeitung war, erhielt das Blatt keine Erscheinungsgenehmigung (Lizenz). Man musste sich auf Fremddrucke beschränken, z.B. Massendrucksachen wie Kalender und Fahrpläne, später auch das Amtsblatt der Stadt Bonn und die Bonner Universitätszeitung. Jedoch übernahm der Verlag Teile einer Düsseldorfer Lizenzzeitung für das Bonner Gebiet. So konnte am 15. Juli 1949 die „Westdeutsche Zeitung / Bonn und Umgebung“ erscheinen. Nachdem die Alliierten den Lizenzzwang aufgehoben hatten, erschien am 1. Oktober 1949 der General-Anzeiger als 58. Jahrgang wieder und etablierte sich zur führenden, weit über Bonn hinaus beachteten Regionalzeitung im Raum der Bundeshauptstadt.

„Bonner Nachrichten“ in der ersten Nachkriegsausgabe - Von falschen Fünfern, neuen Kinoplätzen und verschütteten Dokumenten 
Die bekannte Rubrik der Zeitung liefert einen interessanten Einblick in die Bonner Nachkriegs- und Wiederaufbauverhältnisse und lässt im „Interview mit jedermann“ auch die Meinung und Sorgen der Bonner Bevölkerung (z.B. zur Preisentwicklung) zu Wort kommen. Neben der Warnung vor dem Umlauf offensichtlich schlecht gefälschter Fünf-Mark-Scheine sowie der optimistischen Meldung eines neuen Kinos (Residenz-Theater) und damit steigender Kinoplatzzahlen für die „filmfreudige Bonner Bevölkerung“ sticht die Nachricht zu einem brisanten Aktenfund heraus: im Keller des zerstörten Hauses Hofgartenstraße 8 fand man bei Enttrümmerungsarbeiten offenbar die Akten der ehemaligen Geschäftsstelle der NSDAP-Ortsgruppe Bonn-Mitte – mit „Briefen und Dokumenten“. Wohin die Unterlagen im Anschluss kamen, bleibt unklar. Ins Bonner Stadtarchiv sind sie jedenfalls nicht gelangt …

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Bildnachweise

  • Stadtarchiv Bonn
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  • Stadtarchiv Bonn / Georg Munker
  • Stadtarchiv Bonn / Georg Munker
  • Stadtarchiv Bonn: Einladungskarte von 1949
  • Stadtarchiv Bonn: Rückseite der Einladungskarte
  • Stadtarchiv Bonn: Programmteil zum Richtfest 1949
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  • Stadtarchiv Bonn: Gutachten von 1949
  • Stadtarchiv Bonn: Deutschlandkart mit Eisenbahnfahrzeiten
  • Stadtarchiv Bonn: Das geschmückte Alte Rathaus.
  • (c) Stadtarchiv Bonn
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