Der Rat der Bundesstadt Bonn hat in seiner Sitzung am 9. Februar 2023 folgende Richtlinien hinsichtlich des Verfahrens bei der Bürgschaftsgewährung durch die Bundesstadt Bonn beschlossen.
1. Allgemeines
1.1 | Die Bundesstadt Bonn übernimmt gem. § 87 (2) Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NRW) Bürgschaften nur im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben. Unter diese Regelung fallen insbesondere Bürgschaften zu Gunsten der kommunalen Eigen- und Beteiligungsgesellschaften sowie zu Gunsten von Unternehmen, die mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden. In der Bundesstadt Bonn ansässigen Vereinen, sofern Sie Aufgaben der Daseinsfürsorge für Bonner Bürger*innen betreiben, können ebenfalls Bürgschaften gewährt werden. |
1.2 | Die Übernahme erfolgt unter Beachtung der beihilfenrechtlichen Vorgaben der Europäischen Kommission in der zur Zeit der Bürgschaftsbewilligung jeweils geltenden Fassung. |
1.3 | Die Gewährung einer Bürgschaft setzt eine schriftliche vertragliche Regelung zwischen der Stadt und dem Bürgschaftsbegünstigten voraus. Darin ist festzuhalten, wie das Darlehen, welches durch die städtische Bürgschaft gesichert wird, zu verwenden und wie die sachgerechte Verwendung des Geldes nachzuweisen ist. Dieser Nachweis ist in Form geeigneter Unterlagen jeweils zum 10. Januar eines jeden Jahres bzw. nach vertraglicher Vereinbarung bei der Bundesstadt Bonn einzureichen. Ferner sollte nach Möglichkeit in dem Vertrag eine Verpflichtung des Bürgschaftsbegünstigten aufgenommen werden, dass der Stadt eine dingliche Sicherheit (z.B. Grundschuld) einzuräumen ist. |
1.4 | Bürgschaften werden gegenüber Kreditinstituten grundsätzlich in Gestalt von Ausfallbürgschaften übernommen. Eine modifizierte Ausfallbürgschaft wird nur unter der Voraussetzung übernommen, dass die Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners erst dann als festgestellt gilt, wenn dieser nach Aufforderung durch das Kreditinstitut mehr als zwölf Monate mit einer Zahlung in Verzug gerät. Ein Ausfall gilt als frühestens festgestellt, wenn ein fälliger Kapital- oder Zinsbetrag trotz schriftlicher Zahlungsaufforderung innerhalb von 180 Tagen nach Fälligkeit nicht vom Hauptschuldner bezahlt worden ist. Die Inanspruchnahme der Stadt kann frühestens dann erfolgen, wenn sie mindestens seit 90 Tagen durch das Kreditinstitut Kenntnis davon hat, dass der Eintritt der Feststellung des Ausfalltatbestandes droht. |
1.5 | Nach Beschlussfassung des Rates der Stadt Bonn und dem abgeschlossenen Anzeigeverfahren wird eine Bürgschaftsurkunde ausgestellt. |
1.6 | Ein Anspruch auf Übernahme einer Bürgschaft besteht nicht. |
2. Bürgschaftsregelung
Eine Bürgschaft wird nur dann übernommen, wenn sie entweder nicht als Beihilfe oder nach den europarechtlichen Beihilfevorschriften als rechtmäßige Beihilfe anzusehen ist. Eine rechtmäßige Beihilfe liegt unter den nachfolgenden vier Vorausset- zungen vor, wenn die Bürgschaftsgewährung nach Maßgabe der Bürgschaftsmitteilung 2008 erfolgt:
2.1 | Der Kreditnehmer, für den eine Bürgschaft gewährt werden soll, ist nicht in finanziellen Schwierigkeiten und könnte auch ohne Bürgschaft einen Kredit zu marktüblichen Konditionen aufnehmen. Dies ist auf Verlangen durch geeignete Unterlagen nachzuweisen. Der Kreditnehmer hat im Antrag auf Übernahme der Bürgschaft eine entsprechende Bescheinigung des Kreditgebers vorzulegen, aus der sich auch der geltende Zinssatz ergibt. |
2.2 | Der Umfang der Bürgschaft kann zum Zeitpunkt ihrer Ausreichung ermittelt werden. Dies ist erfüllt, wenn die Bürgschaft an eine bestimmte finanzielle Transaktion geknüpft, auf einen festen Höchstbetrag beschränkt und von begrenzter Laufzeit ist. Die Frist wird im Einzelfall auf die jeweilige Gesamtdauer des Darlehens festgelegt. |
2.3 |
Die Bürgschaft deckt maximal 80 Prozent des ausstehenden Kreditbetrages einer rechtmäßigen Beihilfe ab. Liegt keine Beihilfe vor, so kann bis zu 100 Prozent des Darlehensbetrages verbürgt werden. |
2.4 |
Der Bürgschaftsbegünstigte bezahlt für die Bürgschaftsübernahme seitens der Bundesstadt Bonn und dem damit verbundenen Ausfallsrisiko ein marktgerechtes Entgelt, welches bei wirtschaftlicher Betrachtung das übernommene Risiko angemessen widerspiegeln muss. Das marktgerechte Entgelt ist individuell zu bemessen. Zusätzlich sind die Verwaltungskosten durch den Bürgschaftsbegünstigten zu tragen. |
3. De-minimis-Verordnung und DAWI-De-minimis-Verordnung
Unabhängig von der unter Ziffer 2 erläuterten Möglichkeit einer marktkonformen und damit nicht beihilferelevanten Ausgestaltung der Bürgschaft hat die Europäische Kommission Sonderregelungen für Bagatellbeihilfen erlassen. Diese sind neben einer geltenden Bürgschaftsrichtlinie an folgende Voraussetzungen geknüpft:
De-minimis:
- Der Kredit-/Bürgschaftsnehmer ist nicht in finanziellen Schwierigkeiten.
- Die Bürgschaft darf nur max. 80 Prozent des Darlehens besichern.
- Der verbürgte Teil des Darlehens, für das im Rahmen der Regelung eine Einzelbürgschaft gewährt wird, darf sich grundsätzlich auf maximal 1,5 Mio. EUR (brutto) bei einer Laufzeit von fünf Jahren bzw. 750 TEUR bei einer Laufzeit von zehn Jahren belaufen. Werden diese Werte eingehalten, wird der maximal zulässige Beihilfenbetrag i.H.v. EUR 200.000 EUR in drei Steuerjahren eingehalten.
DAWI-De-minimis-Verordnung:
-
Der Kredit-/Bürgschaftsnehmer ist nicht in finanziellen Schwierigkeiten.
-
Die Bürgschaft darf nur max. 80 Prozent des Darlehens besichern.
-
Der verbürgte Teil des Darlehens, für das im Rahmen der Regelung eine Einzelbürgschaft gewährt wird, darf sich maximal auf 3,75 Mio. EUR (brutto) belaufen. Ohne eine Bürgschaftsregelung kann der maximal zulässige Verbürgungsanteil überschritten werden, wenn der finanzielle Gegenwert der Bürgschaft anhand einer von der Europäischen Kommission genehmigten Berechnungsmethode ermittelt wird und in einem Zeitraum von drei Steuerjahren nur ein Vorteil von maximal 500.000 EUR gewährt wird.
Zur Bestimmung des maximal zulässigen Beihilfebetrages müssen alle innerhalb von 3 Jahren bewilligten Beihilfen, die nicht auf genehmigte Beihilferegelungen oder beihilferechtlichen Einzelfallgenehmigungen gestützt werden können, zusammengerechnet werden.
4. Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) – Freistellungsbeschluss
Sofern es sich um staatliche Garantien zur Finanzierung von Unternehmen handelt, deren Tätigkeiten sich auf die Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse beschränkt, darf ein gegebenes Darlehen zu 100 Prozent verbürgt werden.
Der gewährte Ausgleich stellt dann keine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 AEUV (ex-Artikel 87 EG-Vertrag) dar, wenn die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind (AltmarkTrans-Entscheidung):
4.1 | Das begünstigte Unternehmen muss tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein und diese Verpflichtungen sind klar definiert worden. |
4.2 | Die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, müssen zuvor objektiv und transparent festgelegt werden. |
4.3 | Der Ausgleich darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns zu decken. |
5. Antragstellung
Der Bürgschaftsantrag bedarf grundsätzlich der Schriftform. Mit Rücksicht auf den Ausnahmecharakter einer städtischen Bürgschaft ist der Antrag entsprechend zu begründen. Dem Bürgschaftsantrag sind u.a. beizufügen:
- Beschreibung des geplanten Vorhabens.
- Finanzierungsplan mit Finanzierungsnachweisen.
- Jahresabschlüsse (Bilanz, Gewinn- u. Verlustrechnung) der letzten drei Jahre bei nicht unmittelbar städtischen (Beteiligungs-) Gesellschaften.
- Wirtschaftsplan, sowie aktuelle Ratingeinstufung.
- Gesellschaftsvertrag, Satzung od. Statuten, Nachweis der rechtmäßigen Vertretung bei juristischen Antragstellern.
- Kreditzusage und Entwurf des Schuldscheins.
6. Kosten
6.1 | Für die Übernahme werden einmalige und laufende Entgelte erhoben. |
6.1.1 |
Die einmalige Bearbeitungsgebühr beträgt 0,1 v.H. der beantragten Bürgschaft, mindestens jedoch 100 Euro, höchstens 25.000 Euro. Im Falle der Rücknahme oder Ablehnung der Bürgschaft richtet sich die Gebühr nach § 6 Abs. 1 der Verwaltungsgebührenordnung der Bundesstadt Bonn. Die Gebühr ist mit Übersendung der Bürgschaftsurkunde oder des Ablehnungsbescheides bzw. bei Antragsrücknahme fällig. Kosten, die im Rahmen der möglichen Beauftragung eines Dritten zur Ermittlung des festzulegenden marktgerechten Entgelts (siehe Ziffer 6.1.2) entstehen, sind durch den Bürgschaftsnehmenden zu zahlen. |
6.1.2 |
Während der Laufzeit der Bürgschaft ist für jedes angefangene Kalenderjahr ein marktgerechtes Entgelt zu zahlen. Dieses ist individuell (siehe auch Ziffer 2.4) zu bemessen. Die Ermittlung des marktgerechten Entgelts kann über:
Das marktgerechte Entgelt wird bezogen auf den zu Jahresanfang (01. Januar eines jeden Jahres) verbliebenen Restkapitalstand festgesetzt. Dazu teilt der Bürgschaftsnehmer unaufgefordert bis zum 10. Januar eines jeden Jahres die Höhe des Restdarlehens mit. Sollte die Mitteilung des Bürgschaftsnehmers nicht bis spätestens zum 30. Januar eingegangen sein, richtet sich die Gebühr nach dem letzten mitgeteilten Saldenstand. Die erste Entgeltzahlung ist mit Auszahlung des Kreditbetrages, spätestens jedoch einen Monat nach Übersendung der Bürgschaftsurkunde fällig, die späteren Entgelte sind bis zum 15. Februar eines jeden Jahres zu zahlen. |
6.2 | Die Bundesstadt Bonn kann, soweit es nicht EU-beihilferechtlichen Voraussetzungen widerspricht, für den Einzelfall davon absehen, eine Bearbeitungsgebühr oder ein marktgerechtes Entgelt zu erheben. |
7. In-Kraft-Treten
Diese Richtlinien treten am 9. Februar 2023 in Kraft.