Bonn ist eine spannende und geschichtsträchtige Stadt, die sich erfolgreich von der provisorischen Hauptstadt, hin zum Standort für hochkarätige internationale Institutionen, große DAX-Konzerne, einer mehrfach ausgezeichneten Exzellenzuniversität und vielen kleinen Start-ups hin entwickelt hat. Eine gelungene Transformation.
Die jüngere Geschichte der Stadt Bonn ist untrennbar mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland verbunden. Vom römischen Kastell, über die Barockresidenz der Kölner Kurfürsten und preußische Provinzstadt, hin zur Wiege der Nachkriegsdemokratie und zur Hauptstadt einer neuen Bundesrepublik – dieser spektakuläre Aufstieg macht die Geschichte (und die Gegenwart) Bonns einzigartig.
Bonn als Wiege des Grundgesetzes
Nachdem im Juni 1948 die Sechsmächte-Konferenz ihre „Londoner Empfehlungen“ ausgesprochen hatte, waren die Weichen für einen Teilstaat in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands gestellt. Noch im selben Jahr begann die verfassungsgebende Versammlung, der „Parlamentarische Rat“, in Bonn damit, eine neue provisorische Verfassung für das künftige demokratische Staatswesen zu erarbeiten. Verkündet wurde das Grundgesetz am 23. Mai 1949.
Im Parlamentarischen Rat machten sich 65 Abgeordnete aus den westlichen Länderparlamenten (61 Männer und vier Frauen) in Bonn ans Werk, die Basis für eine „streitbare“ Demokratie zu schaffen, die sich gegen etwaige Anfeindungen zur Wehr setzen konnte. Im Museum Koenig Bonn (Öffnet in einem neuen Tab), damals „Museum Koenig“, errichteten sie so das Fundament für das politische Leben der Bundesrepublik Deutschland. Für alle Beteiligten war es von besonderer Bedeutung, dass die neue Verfassung einen freiheitlichen, gleichberechtigten, föderalen und partizipativen Geist verkörperte. Gleichzeitig sollte bereits die Namensgebung verdeutlichen, dass es sich aufgrund der deutschen Teilung nur um ein Provisorium handelte. Deshalb folgte man dem Vorschlag des Hamburger Bürgermeisters Max Brauer, die Verfassung „Grundgesetz“ zu nennen. Den vier „Müttern des Grundgesetzes“ ist es zu verdanken, dass die bundesdeutsche Verfassung die vollständige Gleichberechtigung von Frauen garantierte.
Bonn als Bundeshauptstadt
Doch es blieb für Bonn nicht allein bei der Ehre, als Sitz des Parlamentarischen Rates neben Frankfurt und Weimar zu den historischen deutschen Verfassungsstädten zu zählen. Bei der Wahl einer neuen Hauptstadt galt zwar Frankfurt am Main als Favorit, dennoch konnte Bonn am 3. November 1949 mit einer Mehrheit von 200 zu 176 Stimmen die Abstimmung für sich verbuchen. Die damals 100.000 Einwohner zählende Stadt am Rhein wurde das neue politische Zentrum der jungen Demokratie. Es ist nicht erwiesen, ob dieser Beschluss aufgrund der vehementen Fürsprache des ersten Bundeskanzlers, Konrad Adenauer, zustande kam, der Gerüchten zufolge seine Rosen in Rhöndorf bei Bonn nur ungern verlassen hätte. Sicher ist jedoch, dass viele die Stadt am Rhein gerade wegen ihrer Bescheidenheit schätzten und die Wahl als positives Signal galt, Berlin als Hauptstadt eines vereinigten Deutschlands aufzugeben.
Nach ersten Anfängen der politischen Arbeit in provisorischen Büros entstanden während der „Bonner Republik“ (Öffnet in einem neuen Tab) (1949 bis 1990) zahlreiche neue Bauten, die bis heute das Stadtbild Bonns mit prägen: Das Auswärtige Amt, der Kanzlerbungalow oder der „Lange Eugen“ als ehemaliges Abgeordnetenhochhaus. Heute werden sie vielfältig genutzt, vor allem durch die Vereinten Nationen und weitere internationale Institutionen.
Viele Bonner*innen erinnern sich gerne daran, dass internationale Staatsgäste bei ihren Staatsbesuchen auf der Bonner Rathaustreppe (Öffnet in einem neuen Tab) willkommen geheißen wurden, wie John F. Kennedy, Queen Elizabeth II und Michail Gorbatschow. Viele von ihnen stiegen im damaligen Gästehaus der Bundesregierung auf dem Petersberg ab, so auch Kaiser Haile Selassi von Äthiopien oder der Vorsitzende der sowjetischen KPdSU, Leonid Breschnjew.
Bonn als zweites politisches Zentrum
Die Wiedervereinigung Deutschlands brachte für die Bonner*innen eine große Veränderung mit sich, als der Bundestag am 20. Juni 1991 beschloss, Berlin solle als Hauptstadt des vereinigten Deutschlands wieder den Parlamentssitz und die Kernbereiche der Regierungsfunktionen übernehmen. Ein Teil der Regierungsverantwortung ist am Rhein geblieben. Das Berlin-Bonn-Gesetz von 1994 legte eine Arbeitsteilung zwischen den beiden Städten fest. Damit etablierte sich Bonn als zweites politisches Zentrum in Deutschland, was auch in dem aus der Schweiz übernommenen Begriff „Bundesstadt“ zum Ausdruck kommt, der den föderalen Charakter des politischen Systems unterstreicht.
Sechs der 14 Bundesministerien sind mit ihrem ersten Dienstsitz in Bonn angesiedelt:
- Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Bundesministerium für Gesundheit (BMG) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Öffnet in einem neuen Tab)
Alle anderen Ministerien verfügen über einen zweiten Dienstsitz in Bonn, so auch das Auswärtige Amt. Nach wie vor sind als Verfassungsorgane die zweiten Dienstsitze von Bundeskanzler*in und Bundespräsident*in sowie eine Außenstelle des Bundesrates beheimatet.
Hinzu kommt die stattliche Zahl von 20 Bundesbehörden, die aus Berlin und Frankfurt an den Rhein kamen, so zum Beispiel das Bundeskartellamt, der Bundesrechnungshof und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.
Bonn als Standort internationaler Politik
Die politischen Aktivitäten Bonns beschränken sich jedoch nicht auf die nationale Ebene. Die Bundesstadt ist in europäischen und internationalen Netzwerken aktiv. Seit 1996 ist sie UN Stadt und die Zahl der hier ansässigen internationalen Institutionen ist seither stetig gewachsen. Zudem hat sich Bonn als Austragungsort hochrangiger internationaler Konferenzen etabliert.
Bonn ist ein lebhafter Wirtschaftsstandort (Öffnet in einem neuen Tab), bei dem Global Player und Traditionsunternehmen nebeneinander Bestand haben. Diese und die ebenfalls große Bedeutung als Wissenschaftsstandort trugen dazu bei, dass Bonn eine kontinuierliche wachsende Bevölkerungszahl verbuchen kann. Der vollzogene Strukturwandel (Öffnet in einem neuen Tab) ist insbesondere im ehemaligen Bundesviertel sichtbar. Dort ist in den vergangenen 20 Jahren ein neuer Stadtteil herangewachsen, zu dem das World Conference Center Bonn (Öffnet in einem neuen Tab) (WCCB) und der Campus der Vereinten Nationen gehören. Insgesamt etablierten sich im Bundesviertel seit 1991 mehr als ein Fünftel aller Bonner Arbeitsplätze, in mehr als 90 Unternehmen und Einrichtungen mit mehr als 45.000 Stellen.
Auf den Spuren der Bonner Republik: Weg der Demokratie
Wer die Bonner Republik mit allen Sinnen erfahren möchte, kann dies zu Fuß oder per Rad und ÖPNV auf dem „ Weg der Demokratie (Öffnet in einem neuen Tab)“ im ehemaligen Bundesviertel und im Bonner Umland tun. Der „Weg der Demokratie“, der 2004 realisiert wurde, ist ein Kooperationsprojekt der Stadt Bonn und der Stiftung Haus der Geschichte. Er stellt Orte vor, die die bundesdeutsche Demokratiegeschichte seit 1949 prägten: Parlaments- und Regierungsgebäude, Botschaften und Landesvertretungen, Orte zur Parteien- und Mediengeschichte sowie des demokratischen Protests.
Bei unterschiedlich langen Spaziergängen in der Stadt kann man bis zu 65 Gebäude und Institutionen besuchen, an denen Bild- und Texttafeln deren historische Bedeutung anschaulich machen. Über die Stadt Bonn werden zudem Führungen angeboten; einzelne Gebäude und Erinnerungsorte können auch besichtigt werden. Das Online-Angebot zum „Weg der Demokratie“ umfasst weiterhin die Möglichkeit, sich per Smartphone von Ort zu Ort navigieren zu lassen. Neben neun verschiedenen Routenvorschlägen kann man die eigene Lieblingsroute nach Themen selbst zusammenstellen. Abgerundet wird der Spaziergang von historischen Aufnahmen und Hörbeiträgen zu besonderen Ereignissen der bundesdeutschen Geschichte. Natürlich kann man über die Website die historischen Stätten auch bequem von zu Hause aus erleben.
Jubiläumsjahr „75 Jahre Grundgesetz"
2023 und 2024 stehen für die Bundesrepublik Deutschland und besonders für Bonn bedeutende Jubiläen an: Am 1. September 2023 jährte sich zum 75. Mal die Eröffnung des Parlamentarischen Rates in Bonn und am 23. Mai 2024 die Verkündung des Grundgesetzes mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland in Bonn. Unter dem Motto „75 Jahre Grundgesetz – Demokratie made in Bonn“ wollen die Bundesstadt Bonn und ihre Partnerorganisationen mit vielen Aktionen und Veranstaltungen das Jubiläumsjahr würdigen.
Informationen zum Jubiläumsjahr gibt es unter:
Internationaler Demokratiepreis Bonn
Die Bundesstadt Bonn sieht sich in ihrer Funktion als Geburtsstadt des liberalen, weltoffenen Geistes Ludwig van Beethovens und Wiege des Grundgesetzes in besonderem Maße der Stärkung der Demokratie auf lokaler, nationaler und supranationaler Ebene verpflichtet. Deshalb wurde 2009 der Internationale Demokratiepreis Bonn (Öffnet in einem neuen Tab) ins Leben gerufen. Er ist ein Symbol für das Engagement von Menschen, die weltweit für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte kämpfen. Der Preis wird vom Verein Internationaler Demokratiepreis Bonn e.V. an natürliche und juristische Personen aus aller Welt verliehen.
Ziel des Vereins ist die weltweite Stärkung und Verbreitung demokratischer Überzeugungen. Er schlägt eine Brücke zwischen den erfolgreichen Erfahrungen der Bundesrepublik Deutschland und internationalen Entwicklungen der Demokratisierung, mit klarem Bezug zu Bonn als dem Geburtsort der bisher erfolgreichsten Demokratie auf deutschem Boden. Bisherige Preisträger*innen sind Małgorzata Maria Gersdorf, Leymah Roberta Gbowee, Federica Mogherini, Reporter ohne Grenzen, Prof. Yadh Ben Achour, Dr. Shirin Ebadi und Václav Havel. Die nächste Verleihung der mit 10.000 Euro dotierten Auszeichnung findet 2024 statt.
Schlaglichter der Stadtgeschichte
Die Geschichte Bonns begann natürlich nicht erst mit der Neugründung der Bundesrepublik Deutschland. Zweifelsohne zählt Bonn zu den traditionsreichsten Städten am Rhein: Steinzeitliche Werkzeuge, römische Legionäre, mittelalterliches Cassius-Stift, kurfürstliche Residenz, napoleonische Rheinland-Besetzung, königliche Universitätsstadt – bereits wenige Schlaglichter aus der wechselvollen Geschichte (Öffnet in einem neuen Tab) der Stadt zeigen, dass der Weg Bonns durch die Jahrtausende ein spannendes Buch ist.
Oberkasseler Doppelgrab
Bereits in der Steinzeit war die Region um Bonn von Menschen bewohnt. Dies belegen bis zu 70.000 Jahre alte Handwerkzeuge, gefunden im Marienforster Tal in Bad Godesberg, die den Neandertaler*innen zugerechnet werden. Aus der Jungsteinzeit stammt der spektakuläre Zufallsfund eines Doppelgrabes bei Steinbrucharbeiten im Jahr 1914 in der rechtsrheinischen Oberkasseler Ley. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass die beiden Menschen dort vor circa 12.000 Jahren bestattet wurden. Bei den sehr gut erhaltenen Skeletten des älteren Mannes und der jungen Frau handelt es sich um die zweitältesten Funde des Homo sapiens in Deutschland überhaupt. Die Knochen eines Hundes im Grab sind einer der ersten Nachweise von Haustierhaltung. Der Fund kann heute im LVR-Landesmuseum besichtigt werden.
Römisches Bonn
Keimzelle der heutigen Stadt Bonn war ein Militärlager, das Drusus, der Stiefsohn des Kaisers Augustus, gegründet haben soll. Erste schriftliche Erwähnungen dazu stammen aus dem Jahr 11 vor Christus. Das Lager wuchs zum Legionslager „Castra Bonnensia“ mit 7.000 Soldaten an und die Römer schlugen eine erste Brücke über den Rhein. Das Kastell war Teil der 400 Kilometer langen, bedeutenden Grenzbefestigungen des römischen Reiches. Heute gehören ihre Relikte als „Niedergermanischer Limes“ zum UNESCO-Welterbe. Mehrere hundert Jahre prägten das römische Militär und die daneben entstandene zivile Siedlung das Leben in der Region. Zeugnisse aus dieser Zeit sind noch heute im Stadtbild zu sehen, darunter Grab- und Weihesteine. Zudem stößt man immer wieder bei Bauarbeiten auf Relikte der Römer, die von wenigen Fundstücken bis hin zu Wohn- und Tempelbauten reichen.
Akteur*innen der Geschichtsvermittlung
Wer mehr über die einzelnen Kapitel der Stadtgeschichte erfahren möchte, hat viele Möglichkeiten dazu, beispielsweise im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Öffnet in einem neuen Tab) oder im LVR-LandesMuseum Bonn (Öffnet in einem neuen Tab).
Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (HdG)
Im Haus der Geschichte erwartet Besucher*innen eine Zeitreise durch die deutsche Geschichte seit 1945. Die multimedial aufbereitete Ausstellung beginnt mit den Nachkriegsjahren und der Teilung und schlägt einen Bogen über die Zeiten des Kalten Krieges und die Vereinigung der Bundesrepublik 1989 bis in die Gegenwart. Politische Entwicklungen bilden den roten Faden der Ausstellung, aber auch die kleinen, privaten Ereignisse sind präsent. So kann man zum Beispiel durch einen „Rosinenbomber“ gehen, im Kino Werbung aus den 1950er Jahren anschauen oder in Zeitzeug*innenberichten an den Erfahrungen sogenannter „Gastarbeitenden“ teilhaben. Für viele unterschiedliche Interessengruppen hat das Haus der Geschichte zusätzliche Angebote: Begleitungen, Audioguides und Bildungsmaterialien.
LVR-LandesMuseum Bonn
Das LVR-LandesMuseum Bonn ist das zentrale Museum für die Geschichte des Rheinlands, unter der Trägerschaft des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Es bietet einzigartige Einblicke in die Kulturgeschichte der Region und seine archäologische Sammlung ist von internationaler Bedeutung. Die Ausstellung zeigt Schätze der Archäologie, Kunst- und Kulturgeschichte aus über 400.000 Jahren Siedlungsgeschichte und zeichnet mit den Exponaten die Entwicklung der Region von den Anfängen bis zur Gegenwart nach. So findet sich eine Fülle interessanter Objekte vom Skelett eines Neandertalers über keltischen Schmuck und römische Statuen bis hin zu mittelalterlicher Goldschmiedekunst. Zusätzlich zur musealen Arbeit ist das LVR-LandesMuseum Bonn ein national und international führendes archäologisches Forschungsinstitut.