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Bundesstadt Bonn

Haushaltsentwurf setzt auf Zukunftsinvestitionen und sozialen Ausgleich

Herausfordernde Zeiten erfordern Zukunftsinvestitionen und sozialen Ausgleich:
Stadtkämmerin Margarete Heidler hat in der Sitzung des Stadtrats am Donnerstag, 8. Dezember 2022, den Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2023/2024 eingebracht. Darüber hinaus hat sie die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung 2022 bis 2027 vorgelegt.

Oberbürgermeisterin Katja Dörner betonte: „Wir sind bei der Haushaltsaufstellung bis an die Schmerzgrenze gegangen. Angesichts der multiplen Krisen, wie Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation, Klimakrise und der daraus resultierenden Herausforderungen für die kommenden Jahre halte ich dies für notwendig und sinnvoll. Es geht darum, dass wir die Zukunft Bonns gestalten, die Stadt krisenfest aufstellen und den sozialen Zusammenhalt stärken.”

Die erheblichen Unsicherheiten in Folge der Corona-Pandemie und besonders die Folgen des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine verzögerten eine seriöse Planung des Doppelhaushaltes 2023/2024. Die Möglichkeit, die das Land NRW den Kommunen eingeräumt hat, coronabedingte und kriegsbedingte finanzielle Auswirkungen im Ergebnishaushalt isolieren zu können, erhalten für die kommunale Familie die Handlungsfähigkeit. Kämmerin Margarete Heidler: „Für die kommunalen Haushalte ist zusätzlich dringend erforderlich, dass nun auch tatsächliche finanzielle Ausgleichsleistungen fließen, um künftige Haushaltsplanungen und deren Bewirtschaftung generationengerecht ausführen zu können. Auch die Verschuldung muss massiv zurückgeführt werden, insbesondere die Kassenliquidität.“

Oberbürgermeisterin Katja Dörner erklärte: „Gerade in der Krise gilt es, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe in den Fokus zu nehmen. Die soziale Infrastruktur wird selbstverständlich solide weiterfinanziert. Wir investieren in ein Sozialticket, ein günstigeres Schüler*innenticket und beispielsweise auch in die Ausweitung des OGSplus-Angebots an Schulen, um Kinder mit besonderen Bedarfen zu fördern.“

Investitionen in Klimaschutz, Infrastruktur und Personal 

Der Haushalt sichert einerseits die Handlungsfähigkeit der Stadt. Er berücksichtigt andererseits Krisenmanagement und Risikovorsorge. Und er schafft den notwendigen Handlungsraum, die Zukunftsthemen zu gestalten. In den kommenden beiden Jahren stehen 50 Millionen Euro für den Klimaschutz bereit. Für den Ausbau und die Umgestaltung der ÖPNV-, Fahrrad- und Fußverkehrsinfrastruktur stehen im Doppelhaushalt mehr als 60 Millionen Euro bereit.

Hinzu kommen 45,8 Millionen Euro für die Neugestaltung und städtebauliche Aufwertung des Verkehrsraums (Rheinufer, Viktoriabrücke, Masterplan Innere Stadt). Für Digitalisierung und IT-Projekte sind 21 neue Stellen sowie Mittel für Urban Data Management, eAkte, IT-Sicherheit und Prozessdigitalisierung vorgesehen. Auch die Bonnerinnen und Bonner werden durch Inflation, Kostensteigerungen und Energiekosten deutlich belastet, deshalb sollen soziale Härten möglichst abgemildert werden. Als Beispiele sind zu nennen die Mittel für das Schulfrühstück (360.000 Euro jährlich), OGSplus (2,3 Millionen Euro in 2023 und 2,6 Millionen Euro im Folgejahr), den Anonymen Krankenschein (300.000 Euro jährlich) und für den Bonn-Ausweis (mehr als 3 Millionen Euro jährlich).

Entsprechend der politischen Schwerpunktsetzung enthält der vorgelegte Haushaltsentwurf deutliche Steigerungen bei folgenden, konsumtiven Ausgaben: 

  • Klimaschutzmaßnahmen: ca. 7,8 Millionen Euro im Jahr 2023 und 10,2 Millionen Euro im Jahr 2024
  • Personalkostensteigerungen (ohne Isolierungen) 14,7 Millionen Euro im Jahr 2023 und 26,7 Millionen Euro im Jahr 2024
  • Erhöhung des Betriebskostenzuschusses an das städtische Gebäudemanagement ca. 18,3 Millionen Euro im Jahr 2023 und 20,4 Millionen Euro im Jahr 2024
  • Verlustausgleich SWB 11 Millionen Euro für 2023 und 26,8 Millionen Euro für 2024
  • Mehraufwand Sanierung Theater plus 5,5 Millionen Euro im Jahr 2023 und plus 1,1 Millionen Euro im Jahr 2024

Die Investitionen der Kernverwaltung wurden in folgenden Höhen geplant: Planjahr 2023: 256,4 Millionen Euro, 2024: 283,1 Millionen Euro, 2025: 379,2 Millionen Euro, 2026: 250,2 Millionen Euro, 2027: 186,9 Millionen Euro (hierbei handelt es sich um den Saldo von Investitions-Ausgaben abzüglich der Investitions-Einzahlungen).

Beispielhaft sind hier zu nennen (Angaben jeweils für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 zusammen): 

  • Bädersanierung mit 45,3 Millionen Euro
  • Umsetzung Abwasserbeseitigungskonzept 40 Millionen Euro
  • Seilbahn 33,3 Millionen Euro
  • Zukunft Radverkehr/ Radwegeausbau 30,6 Millionen Euro
  • Beethovenhalle 30 Millionen Euro
  • Masterplan Innere Stadt 18,4 Millionen Euro
  • Sanierung Stadthalle Bad Godesberg 16 Millionen Euro
  • Theatersanierung 10,2 Millionen Euro
  • Erneuerung und Ausbau Kläranlagen 9,2 Millionen Euro.

Haushalt genehmigungsfähig gestalten

Der Haushaltsentwurf zeigt den Gestaltungswillen für die Bonner Zukunft. Er ist zugleich aber auch planerisch eine große Herausforderung.

Hebesätze bleiben vorerst unverändert

In den beiden Haushaltsjahren und auch in der Mittelfristplanung wird eine Erhöhung der Grundsteuer-Hebesätze vermieden. Aktuell sieht die Finanzplanung eine Anhebung des Gewerbesteuer-Hebesatzes ab dem Jahr 2026 vor. Ob überhaupt und in welcher Höhe letztlich die Hebesätze in künftigen Jahren angepasst werden müssen, richtet sich nach den prognostizierten Fehlbeträgen, der Neuregelung der Grundsteuer, den Finanzhilfen von Bund und Land und den Entwicklungen auf den Kapitalmärkten sowie den anstehenden Etatberatungen, die ab Februar 2023 beginnen.

Eigenkapital muss eingesetzt werden

Die Stadtverwaltung plant im Jahr 2023 mit einem Defizit von 15 Millionen Euro, im Jahr 2024 mit einem Minus von 43,2 Millionen, und in den Jahren 2025 bis 2027 geht sie derzeit von Fehlbeträgen in Höhe von 41,5 Millionen Euro, 36,5 Millionen Euro bzw. knapp 43 Millionen Euro aus. Auch ohne die isolierten Auswirkungen durch Corona und den Ukraine-Krieg werden somit unter dem Strich im Planungszeitraum circa 179,1 Millionen Euro Eigenkapital verbraucht.

Zudem plant Stadtkämmerin Margarete Heidler über den gesamten Zeitraum bis 2027 einen globalen Minderaufwand in Höhe von 16 Millionen Euro/Jahr ein, der im Haushaltsvollzug erwirtschaftet werden muss.

Corona- und kriegsbedingte Isolierungen

Die Isolierungen betragen insgesamt 385,7 Millionen Euro und teilen sich auf den Planungszeitraum wie folgt auf: 2023: 74 Millionen Euro, 2024: 67,8 Millionen Euro, 2025: 72 Millionen Euro, 2026: 84 Millionen Euro und 2027 knapp 88 Millionen Euro. 

Dieser Betrag wird in Zukunft den städtischen Haushalt belasten, denn er ist ab dem Jahr 2026 linear über einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren „abzuschreiben“ oder - neben den genannten Fehlbeträgen - zusätzlich aus dem Eigenkapital zu decken.

Im Jahr 2023 sind zum letzten Mal coronabedingte Isolierungen möglich. Sie betragen 15,6 Millionen Euro und sind im Wesentlichen auf geringere Einnahmen aus der Einkommenssteuer zurückzuführen. Durch die Erweiterung der Isolierungsmöglichkeiten sind ab dem Jahr 2022 auch die kriegsbedingten Mehrbelastungen zu isolieren. Diese wurden durch die Ämter wie folgt veranschlagt: 2023: 58,4 Millionen Euro, 2024: 67,8 Millionen Euro, 2025: 72 Millionen Euro, 2026: 84 Millionen Euro, 2027: 87,7 Millionen Euro. Ursachen sind u.a. höhere Zinsaufwendungen, Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten samt zusätzlichem Personalbedarf und nicht zuletzt die deutlich gestiegenen Energiekosten. 

„Der Kernhaushalt der Bundesstadt Bonn ist nur durch die Bilanzierungshilfe des Landes genehmigungsfähig. Ständig steigende und zusätzliche Leistungen ohne echten finanziellen Ausgleich bringen die Kommunalhaushalte an den Rand der Belastbarkeit“, sagte Margarete Heidler. „Die Verschuldung der Bundesstadt Bonn nimmt dramatische Höhen an.” Zu Mindereinnahmen bei den Kommunen führen zum Beispiel die Entlastungen der Bürger*innen bei der Einkommenssteuer, die Mindererträge aufgrund der Gebührenurteile, die Änderungen beim Gemeindefinanzierungsgesetz, Mehraufwendungen im Zusammenhang mit den Geflüchteten aus der Ukraine, so im Bereich der Unterbringungskosten, für die Beschulung, notwendige Bereitstellung von Plätzen in Kindertagesstätten und sonstige Integrationskosten und auch die Anhebung der städtischen Umlage für den Landschaftsverband.

Kämmerin und Oberbürgermeisterin Dörner unterstreichen daher die Forderung des Deutschen Städtetages, dass Bund und Länder die von ihnen zugesagten Hilfen für die Kommunen auch schnell in die Tat umsetzen und somit helfen, mittelfristig eine Trendwende bei den Jahresergebnissen und der fortschreitenden Verschuldung einzuleiten. Die Landesregierung muss nun ihren im Koalitionsvertrag für 2023 angekündigten Altschuldenfonds umsetzen. 

Stellenplan

Die Stadtverwaltung hat dem Rat am 8. Dezember auch die Stellenplanfortschreibung vorgelegt.

Die Arbeitsbedingungen der Stadtverwaltung haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Um die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung aufrecht erhalten zu können, muss auf die veränderten Rahmenbedingungen reagiert werden.

Auf der einen Seite gibt es eine stetige Arbeitsverdichtung und einen wachsenden Arbeitsdruck. Die Verwaltung wird bzw. wurde in den letzten Jahren durch eine Vielzahl von Krisen (Migrationsbewegung 2015/2016, Corona-Pandemie, Flutkatastrophe, russischer Angriffskrieg auf die Ukraine, Energiekrise, Klimakrise) ad hoc vor noch nie dagewesene Situationen gestellt. Auf diese muss bzw. musste flexibel reagiert und personelle Ressourcen kurzfristig umverteilt werden.

Ergänzt wird das wachsende Aufgabenspektrum durch gesetzliche Vorgaben und lokale politische Entscheidungen, die Mehraufwand auslösen, sowie Fallzahlensteigerungen z.B. durch Bevölkerungswachstum. Auf der anderen Seite herrscht schon jetzt in vielen Bereichen akuter Fachkräftemangel, der sich durch den demografischen Wandel perspektivisch drastisch zuspitzen wird: In den kommenden zehn Jahren werden insgesamt 29,7 Prozent der städtischen Mitarbeitenden in den planbaren Ruhestand treten.

Gleichzeitig sinkt die arbeitsfähige Bevölkerung deutschlandweit im signifikanten Umfang, sodass eine Nachbesetzung der vakant werdenden Stellen in den kommenden Jahren nicht nur immer schwieriger, sondern faktisch nicht mehr vollständig möglich sein wird. Schon jetzt zeigt sich die Tendenz, dass vakante Stellen – wenn überhaupt – teilweise erst nach mehrmaligen Ausschreibungsdurchläufen besetzt werden können.

„Da die rasante Entwicklung nicht aufzuhalten ist, muss jetzt, während die Verwaltung noch handlungsfähig ist, aktiv gegengesteuert werden“, sagt Personaldezernent Stadtdirektor Wolfgang Fuchs. „Dabei nimmt sich die Verwaltung auch selbst kritisch in den Blick. Insbesondere das „Wie“ der Zusammenarbeit und die Abläufe in den Dienststellen müssen zeitgemäß und effizienter weiterentwickelt werden. Dafür wird mit dieser Fortschreibung ein besonderer Schwerpunkt auf solche Stellen gelegt, die die Modernisierung der Verwaltungsprozesse zielgerichtet vorantreiben sollen, z.B. durch die Implementierung eines Wissensmanagements sowie durch Prozessoptimierung und Digitalisierung.“

Um den Herausforderungen gerecht werden zu können, werden durch die Stellenplanfortschreibung 2023/2024 in Summe 438 neue Stellen zur Einrichtung vorgeschlagen (davon 313 über die Beschlussvorlage zur Stellenplanfortschreibung (DS 221663) und 125 Stellen über eine ergänzende Stellungnahme). 144 dieser Stellen sind bereits durch vorangegangene Beschlüsse politisch beschlossen und werden nachlaufend eingerichtet.

Die thematischen Schwerpunkte der übrigen 294 Stellen liegen in den Bereichen Jugend und Soziales mit 82 Stellen, Umwelt und Klima mit 58 Stellen, Sicherheit und Ordnung mit 44 Stellen, Digitalisierung und IT-Projekte mit 21 Stellen, Integration mit 16 Stellen und Katastrophenschutz mit 12 Stellen. 

Die Personalaufwendungen steigen im aktuellen Haushaltsplanentwurf 2023/ 2024 entsprechend an. Gesetzliche und tarifliche Entwicklungen, die Übernahme neuer Pflichtaufgaben sowie die enormen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Unterbringung, Verwaltung und Betreuung von Geflüchteten, und der hohe Standard der Aufgabenerfüllung sind ursächlich für den Anstieg der Personalaufwendungen.

Diese Mehraufwendungen betragen 14,7 Millionen Euro in 2023 und 26,7 Millionen Euro in 2024. Gemessen an den Personalaufwendungen in Höhe von 397 Millionen Euro liegt der Anteil des Aufwandes der Stellenplanfortschreibung damit im Haushaltsjahr 2023 bei 4,3 Prozent und im Haushaltsjahr 2024 (Personalaufwendungen von 410 Millionen Euro) bei rund 7,3 Prozent.