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Bundesstadt Bonn

Wissenswert: Neue EU-Regeln für „grüne“ Marketing-Aussagen

Europaflagge

Mit zwei neuen Richtlinien will die EU den Verbraucher- und Umweltschutz stärken und dafür umweltbezogene Marketing-Aussagen für Waren und Dienstleistungen regulieren: Die „Empowering Consumers For The Green Transition Directive und die Green Claims Directive". Produktinformationen wie die Haltbarkeit oder Reparierbarkeit von Waren müssen künftig ausführlicher gegenüber den Kund*innen kommuniziert werden. Aussagen wie „umweltfreundlich“, „biologisch abbaubar“, aber auch „klimaneutral“, werden nur noch auf festgelegter und begründeter Informationsgrundlage zugelassen. Dafür wird ein Prüfverfahren etabliert, in dem umweltbezogene Marketing-Aussagen vor deren Verwendung unabhängig geprüft werden müssen. Beide Direktiven befinden sich in den letzten legislativen Schritten und treten voraussichtlich im Jahr 2026 auch in Deutschland in Kraft.

Worum genau geht es bei diesen beiden Direktiven?

Zwei EU-Richtlinien zur Einschränkung umweltbezogener Umweltaussagen

Mit zwei ineinandergreifenden Direktiven sollen Verbraucher*innen Sicherheit erlangen, dass ein als umweltfreundlich beworbenes Produkt auch tatsächlich umweltfreundlich ist. So sollen bewusste Kaufentscheidungen ermöglicht und engagierte Unternehmen gestärkt werden.

1. Die Empowering Consumers For The Green Transition Directive

Sie verbietet und reguliert die Nutzung fälschlicher und generischer („umweltfreundlich“) Werbe-Aussagen und schreibt weitere Regelungen vor. Damit ergänzt sie die bereits bestehende ‚unfair commercial practices directive‘ auf EU-Ebene bzw. das deutsche Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.

Sie beinhaltet folgende Vorgaben:

  • Haltbarkeitsangaben werden verboten, wenn diese nicht nachgewiesen werden können
  • Produkte sollen nur dann ausgetauscht werden müssen, wenn es wirklich nötig ist und nicht, wenn Konsument*innen schon vorher dazu aufgefordert werden (z.B. bei Druckerpatronen)
  • Kund*innen müssen informiert werden, wenn ein Produkt eine limitierte Lebensdauer hat (geplante Obsoleszenz)
  • Kund*innen müssen informiert werden, wenn ein Produkt nicht mit third-party Accessoires und Ersatzteilen kompatibel ist
  • Behauptungen zur Reparierbarkeit von Waren werden verboten, wenn diese Reparierbarkeit nicht wirklich gegeben ist
  • Es soll eine einheitliche visuelle Darstellung geben, mit der Hersteller die Haltbarkeit ihrer Produkte kommunizieren müssen
  • Es werden nur noch Nachhaltigkeits-Labels erlaubt, deren Aussagen nachweisbar sind, die offiziell registriert sind oder vom Staat selbst stammen (s. Green Claims Directive)

2. Die „Green Claims Directive

Um diese Vorschriften zu gestalten, wurde ergänzend die „Green Claims Directive“ erarbeitet. Hinweis: diese Direktive ist noch nicht final beschlossen! 

  • Aussagen zu Produkten und Dienstleistungen dürfen nur getätigt werden, wenn sie wissenschaftlich belegbar sind
  • umweltbezogene Vorteile der Produkte müssen über gesetzliche Anforderungen hinausgehen
  • bezieht sich die Umweltangabe auf die Nutzung des Endprodukts, müssen die Unternehmen die Konsument*innen informieren, wie das Produkt zu verwenden ist, um die Umweltvorteile zu erzielen
  • negative Nebeneffekte dürfen positive Umwelteinflüsse nicht revidieren, wenn mit den positiven Auswirkungen geworben wirdgiftige Substanzen sollen nur noch eingeschränkt mit umweltbezogenen Aussagen beworben werden dürfen
  • CO2-Kompensations-Aussagen (z.B. „klimaneutral“) sollen nur noch bei Einhaltung eines EU-Frameworks für CO2-Kompensation gültig sein
  • es werden Voraussetzungen festgelegt, wenn Unternehmen ihre Produkte mit anderen Produkten vergleichen: dies muss auf Basis vergleichbarer Daten geschehen
  • Informationen über Umweltangaben sollen den Verbraucher*innen in Form eines Weblinks oder abgedruckten QR-Codes zugänglich gemacht werden

Im Mittelpunkt der Green Claims Directive steht aber eine zentrale Neuerung: ein Prüfungsverfahren. Unternehmen müssen künftig, bevor sie umweltbezogene Aussagen zu ihren Produkten oder Dienstleistungen tätigen dürfen, ein Prüfungsverfahren dieser Aussagen durchlaufen. Dafür müssen sie entsprechende Daten an nationale, unabhängige Prüfungsstellen bereitstellen. Diese müssen innerhalb von 30 Tagen (teilweise schneller) Konformitätsbescheinigungen als Erlaubnisse zur Nutzung der beabsichtigten Umweltaussagen ausstellen. Dies stellt eine wichtige Neuerung dar, da Umweltaussagen nun vor Nutzung abgenommen werden müssen (ex-ante). Bisher waren durch das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb nur Klagen im Nachgang möglich (ex-post).

Dieser Prozess soll für alle Unternehmen, die umweltbezogene Aussagen tätigen und Services oder Dienstleistungen an Konsument*innen vertreiben gelten (mit Ausnahme von Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigen und einem jährlichen Umsatz <2 Mio €.)

Zur Unterstützung von KMU werden die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, ihnen sowohl finanzielle Mittel als auch Schulungs- und organisatorisch-technische Unterstützung anzubieten, damit sie die Vorgaben der Richtlinie umsetzen können.

Bei Nicht-Einhaltung dieser Vorgaben sollen für Unternehmen Bußgelder angesetzt werden können. Deren Höhe bemisst sich an den durch den Verstoß erzielten wirtschaftlichen Vorteilen und kann bei wiederholten Verstößen gesteigert werden. Verstoßende Unternehmen sollen öffentlich benannt werden und der temporäre Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen soll möglich werden.

Nächste Schritte in der Umsetzung der Richtlinien

Die „Empowering Consumers For The Green Transition Directive" wurde am 17. Januar 2024 vom Europaparlament und am 20. Februar 2024 vom Europarat beschlossen und trat zum 26. März 2024 in Kraft. Die EU-Mitgliedsstaaten haben nun 24 Monate Zeit, bis die Richtlinie in nationales Recht überführt sein muss; ab dem 27. September 2026 müssen die neuen Regeln dann gelten.

Die Green Claims Directive wurde am 12.März 2024 vom EU-Parlament bestätigt. Das neue Parlament muss die Richtlinie nun nach der Europawahl im Juni 2024 wieder aufgreifen. Änderungen sind noch möglich. Auch diese Richtlinie wird voraussichtlich ab dem Jahr 2026 in Deutschland gültig sein; KMU sollen ein zusätzliches Jahr Zeit erhalten, bis die Vorschriften auch für sie gelten.