Dies ist eine Pressemitteilung des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland:
Das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR) hat in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg und der Stadt Bonn eine Machbarkeitsstudie gestartet, in dem mögliche Konservierungsmethoden erprobt werden. Die Arbeiten werden eng begleitet von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Bonn. Finanziert wird das Projekt durch die Regionale Kulturförderung des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR).
Nachdem zunächst in einem ersten Bauabschnitt 1964 bis 1967 der Heilbädertrakt an der Franziskanerstraße errichtet worden war, in dem sich heute das Stadtmuseum befindet, erfolgte im zweiten Bauabschnitt von 1968 bis 1971 die Ausrichtung des Hallenbades zum Belderberg. Bauherrin des gesamten Bades waren die Stadtwerke Bonn. Im Jahr 2010 wurde der Badbetrieb eingestellt und der Prozess zu einer Neuausrichtung des Standortes eingeleitet.
Die unter Denkmalschutz stehende 30 m lange Fassade des ehemaligen Schwimmbads besteht aus rund 300 Kunstharzscheiben. Dargestellt ist eine nordische Geysire-Landschaft, die vor allem von innen im Gegenlicht zur Geltung kommt. Entworfen wurde die Fassade von Wilhelm Jungherz aus dem Büro des bedeutenden Nachkriegs-Architekten Gottfried Böhm. Hergestellt wurden die glasfaserverstärkten Polyesterplatten in der Kölner Glaswerkstatt Botz & Miesen. „Zusammen mit den Fenstern der Kölner Kirche Christi Auferstehung von Böhm sind die in künstlerischer Glasmalereimanier verwendeten Kunstharzfenster einzigartig“, so Landeskonservatorin Dr. Andrea Pufke, Leiterin des LVR-ADR.
Das Fensterbild wurde in Verbindung mit seiner umgebenden Fassade am 15. Oktober 2013 in die Denkmalliste der Stadt Bonn eingetragen und wird somit als Zeugnis für das ehemalige Schwimmbad den Bonnerinnen und Bonnern erhalten bleiben.
„Es freut mich, dass dieses Bonner Beispiel in den Fokus der Wissenschaft gerückt wird und einen Beitrag zur Erforschung der Erhaltung moderner Werkstoffe leisten kann. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Denkmalschutz oft einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leistet durch Erhalt statt Abbruch“, sagt Oberbürgermeisterin Katja Dörner. „In dem Zusammenhang darf ich mich auch ausdrücklich für die Initiative der Landeskonservatorin und ihrer Mitarbeitenden bedanken, ,unser Fenster‘ ausgewählt und Gelder für die Erforschung akquiriert zu haben. Das ist ein weiteres Zeugnis für die ohnehin gute und enge Zusammenarbeit beider Denkmalbehörden und des Landschaftsverbandes Rheinland mit der Stadt Bonn.“
Besonders von außen sind die bis zu 3,5 mm dicken Scheiben durch Witterung und direkte Sonneneinstrahlung stark geschädigt. Hier sind Mikrorisse zu finden, die sich wie ein Netz über die Scheiben gelegt haben. An einigen Fenstern sind die Risse so weit fortgeschritten, dass sich die äußere Schicht bereits ablöst. „Dieser Schaden wird sich ohne Konservierung weiter fortsetzen“, erläutert Maria Lörzel, Restauratorin des LVR-ADR. „Feinste Staubkörner setzen sich in den Mikrorissen ab und erschweren zudem die Reinigung der stark verschmutzten Kunstharzplatten“, so die Expertin für moderne Materialien. Heute wirken die Fenster von außen trübe, matt und grau. Die Malereien kommen kaum noch zur Geltung.
Gängige Konservierungsmethoden sind an den Fenstern nicht anwendbar, will man die Transparenz der Materialien erhalten und die Leuchtkraft der Kunststofffenster wiederherstellen. Zusätzliche Aspekte, etwa im Hinblick auf die Statik, müssen berücksichtigt werden. Aus diesem Grund hat das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC für eine Machbarkeitsstudie gewonnen. Das Institut ist mit seinem Bereich Kulturgüterschutz in vielen Projekten auf nationaler und internationaler Ebene erfolgreich bei der Entwicklung von Sanierungs- und Konservierungskonzepten für hochrangiges Kulturgut tätig. Darüber hinaus steht am Fraunhofer ISC umfassendes Material-Knowhow für den Schutz von empfindlichen Substraten in der industriellen Anwendung durch licht- und witterungsbeständige Beschichtungen zur Verfügung. Aus Sicht der Materialforscher*innen trotzdem eine Herausforderung mit offenem Ergebnis, sollten die gesuchten Polymere (Kunststoffe) doch dem Originalmaterial möglichst nahekommen und zugleich stabiler gegen Umwelteinflüsse sein.
Ziel der Machbarkeitsstudie ist es, die Eignung vorhandener Materialien und Techniken auf kleinen Flächen zu testen. Anfang 2023 könnte mit den Ergebnissen der Studie ein speziell auf das frühere Viktoriabad zugeschnittenes Konservierungskonzept entwickelt werden. Sollten sich die Hoffnungen der Beteiligten auf geeignete vorhandene Polymere nicht erfüllen, wird ein größeres Forschungsprojekt zur Materialentwicklung angestrebt. Die Erkenntnisse des Projektes sollen später auch bei der Konservierung anderer glasfaserverstärkter Kunststoffe im Außenbereich angewendet werden.