Auf dieser Seite
- Vorwort
- 1. Einleitung
- 2. Ziele der Offenen Jugendarbeit
- 3. Auftrag der Offenen Jugendarbeit
- 4. Prinzipien der Offenen Jugendarbeit
- 5. Zielgruppe
- 6. Rahmenbedingungen
- 7. Gesamtverantwortung des Amtes für Kinder, Jugend und Familie
- 8. Trägerschaft
- 9. Qualität der Offenen Jugendarbeit
- 10. Profil der Offenen Jugendarbeit
- 11. Ergänzende Angebote der Offenen Jugendarbeit
- 12. Inkrafttreten und Weiterentwicklung
Vorwort
Offene Jugendarbeit ist in besonderem Maße von gesellschaftlicher Vielfalt und stetiger Veränderung geprägt. Interessen und Freizeitverhalten junger Menschen sind nämlich dynamisch und wenig an tradierten Strukturen orientiert. In einem breit angelegten Prozess sollten deshalb pädagogische Grundlagen und Rahmenbedingungen für die Angebote der freien Träger und des Amtes für Kinder, Jugend und Familie gemeinsam entwickelt werden. Das vorliegende Konzept greift auch die Vorgaben des § 79 a SGB VIII auf, für die Aufgaben der Jugendhilfe Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität sowie geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung weiterzuentwickeln, anzuwenden und regelmäßig zu überprüfen.
Vor diesem Hintergrund hat das Amt für Kinder, Jugend und Familie in der Sitzung der Arbeitsgemeinschaft nach § 78 SGB VIII Offene Kinder- und Jugendarbeit (AG 78) am 13. Mai 2015 eine erste Gliederung für ein Rahmenkonzept präsentiert. Es bestand Einvernehmen in der AG 78, dass die Erarbeitung des Rahmenkonzeptes in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe, für die vier Trägervertretungen benannt wurden, erfolgen soll.
Seit Mai 2015 ist die Arbeitsgruppe unter der Leitung der Fachberaterin des LVR-Landesjugendamtes Rheinland, Frau Martina Leshwange, zu insgesamt 19 Sitzungen zusammengekommen. In einem konstruktiven Austausch wurde ein qualitativ hoher Anspruch an die Offene Jugendarbeit definiert.
Der Konzeptentwurf wurde den Trägervertretungen, Einrichtungsleitungen und jugendpolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Fraktionen am 28. November 2015 präsentiert. Die Zustimmung der AG 78 erfolgte in der Sitzung am 18.2.2016. Dem Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie wird dieses Rahmenkonzept in der Sitzung am 27.4.2016 zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt.
Das Rahmenkonzept schreibt einerseits die im Konsens mit den freien Trägern gefundenen konzeptionellen Grundlagen und Qualitätsstandards fest, ist zugleich aber auch Grundlage für Entscheidungen über die finanzielle Förderung der Offenen Jugendarbeit.
Nach § 79 Abs. 2 SGB VIII ist ein angemessener Anteil der für die Jugendhilfe aufgewendeten Mittel für die Jugendarbeit zu verwenden. Die Finanzierung der Offenen Jugendarbeit gehört insoweit zu den Pflichtaufgaben nach dem SGB VIII. Dieses Rahmenkonzept dient deshalb auch dazu, den politischen Gremien einen Überblick über die Ziele, fachlichen Prinzipien und Profile der Offenen Jugendarbeit als Grundlage für jugendpolitische Entscheidungen zu geben.
Das SGB VIII stellt weiterhin klar, dass die Leistungen von den Trägern der freien und öffentlichen Jugendhilfe erbracht werden. Diese sollen entsprechend § 4 Abs. 1 SGB VIII zum Wohle junger Menschen und ihrer Familien partnerschaftlich zusammenarbeiten. Dieses Rahmenkonzept ist im Rahmen einer solchen Zusammenarbeit entstanden und dokumentiert die in der Bundesstadt Bonn gelebte Beteiligungskultur. Ein besonderer Dank gilt hierfür allen an der Konzeptentwicklung Beteiligten, die in vielen Arbeitsstunden dazu beigetragen haben, die pädagogischen Grundlagen für eine auch weiterhin zeitgemäße und professionelle Offene Jugendarbeit in der Bundesstadt Bonn festzulegen.
Für die engagierte und kompetente Begleitung des Prozesses gebührt auch Martina Leshwange ein besonderer Dank.
Bonn, Februar 2016
Udo Stein
Leiter des Amtes für Kinder, Jugend und Familie
1. Einleitung
Die Offene Jugendarbeit ist ein gesetzlich verankerter, unentbehrlicher Bestandteil der sozialen Infrastruktur und der kommunalen Bildungslandschaft der Bundesstadt Bonn. Sie stellt einen wichtigen Beitrag zur Förderung junger Menschen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten dar. Sie trägt dazu bei, Benachteiligung zu vermeiden bzw. abzubauen, Mädchen und Jungen gleichberechtigt zur Selbstbestimmung zu befähigen sowie zu gesellschaftlicher Verantwortung und sozialem Engagement anzuregen.
Offene Jugendarbeit ermöglicht nonformale und informelle Bildung, die zur Entwicklung junger Menschen beiträgt und gemeinsam mit ihnen gestaltet wird. Sie zeichnet sich durch ihre spezifische Aneignungs- und Vermittlungsstruktur aus, die sie maßgeblich von anderen Bildungsorten unterscheidet. Ihr besonderes Potenzial liegt damit in der sozialen und personalen Kompetenzvermittlung.
Die Angebote der Offenen Jugendarbeit sollen an den Interessen, Bedürfnissen und Bedarfen der jungen Menschen anknüpfen und sich an aktuellen Entwicklungen orientieren. Zugleich sind sie abhängig von den zur Verfügung stehenden Ressourcen.
Offene Jugendarbeit findet an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Settings sowohl in freier als auch in städtischer Trägerschaft statt. Jugendzentren, offene Türen, mobile Angebote, Abenteuerspielplätze, Spielhäuser sind Beispiele für die Verschiedenheit der Angebote. Sie unterscheiden sich je nach örtlicher Ausgangslage, Sozialraum und Profil. Die Differenzierung basiert auf der Grundlage gemeinsamer Qualitätsstandards, die in dem vorliegenden Rahmenkonzept festgelegt sind.
Offene Jugendarbeit richtet sich an alle Kinder und Jugendlichen in Bonn, unter besonderer Berücksichtigung des in der Bundestadt Bonn geltenden weiten Inklusionsbegriffs.
Der in diesem Rahmenkonzept verwendete Begriff Jugendarbeit bezieht sich immer auf die offene Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
2. Ziele der Offenen Jugendarbeit
Wesentliches Ziel der Offenen Jugendarbeit ist die Förderung von Lebenskompetenz junger Menschen. Darunter sind insbesondere die individuelle, soziale und kulturelle Entwicklung sowie die Fähigkeit zu eigenverantwortlichem Handeln, gesellschaftlicher Mitwirkung und demokratischer Teilhabe zu verstehen. Ebenso zielt sie darauf ab, junge Menschen zu solidarischem Miteinander und Toleranz gegenüber verschiedenen Weltanschauungen, Kulturen und Lebensformen zu befähigen.
Die Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit bieten hierzu ein pädagogisch begleitetes Angebot von Lern- und Gelegenheitsstrukturen im Rahmen eines ganzheitlich verstandenen Bildungsbegriffes. Die Offene Jugendarbeit ist im Kontext der örtlichen Bildungslandschaften fest eingebunden, profiliert und etabliert.
3. Auftrag der Offenen Jugendarbeit
Offene Jugendarbeit orientiert sich an der Lebenswelt, den Interessen, den Bedürfnissen und Bedarfen der Kinder und Jugendlichen. Als offene „sozialpädagogische Arena“, als Kommunikations- und als Kontaktressource ist es Auftrag der Offenen Jugendarbeit, Bildungsort und Schutzraum zu sein für:
- Aneignung von Kompetenzen
- Entwicklung von Interessen
- Justierung der eigenen Werte, Standpunkte und Alltagspraktiken
- Aushandlung, Vermittlung und Aneignung von Regeln
- demokratische Gestaltung des Alltags
- Erprobung von Verantwortungsübernahme
- Erfahrung von Selbstwirksamkeit
- Ermöglichung von freier Zeit
- differenzierte Beziehungsformen
- interkulturelle Erfahrung
- ästhetische Selbstinszenierung
- Herstellung von Zugehörigkeit
Auftrag ist es, die Selbstbildung zu fördern. Organisierte curriculare Bildungsprozesse dürfen nicht im Vordergrund stehen.
Grundsätzlich richtet sich die pädagogische Arbeit an eine Vielzahl junger Menschen. Hilfestellung bei individuellen Entwicklungsaufgaben und Krisen, Unterstützung und Vermittlung zu den speziellen Fachdiensten (zum Beispiel Suchtprävention, Schuldenberatung, Schwangerschaftskonfliktberatung, Jugendberufshilfe) ist in Einzelfällen möglich.
4. Prinzipien der Offenen Jugendarbeit
Die Lebensbedingungen der Kinder und Jugendlichen, ihre praktischen Erfahrungen, Lebensentwürfe, individuellen Bedürfnisse und Interessen werden ernst genommen und zum Ausgangspunkt pädagogischer Arbeit gemacht.
Freie und öffentliche Träger der Jugendhilfe beachten die Prinzipien Offener Jugendarbeit und erkennen diese bindend für ihre pädagogische Arbeit und Konzeption an.
4.1 Freiwilligkeit der Teilnahme
Kinder und Jugendliche können und sollen selbst darüber entscheiden, was sie tun, was Thema ist und worauf sie sich einlassen. Motivation, Selbstbestimmung und das Erkennen eigener Bedürfnisse sind wesentliche Aspekte von Freiwilligkeit.
4.2 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
Kinder und Jugendliche gestalten und bestimmen die Themen und Inhalte der Offenen Jugendarbeit im Wesentlichen selbst. Die Meinung jeder/jedes Einzelnen wird ernst genommen und in den Aushandlungsprozess einbezogen, wodurch Ausgrenzung gezielt entgegengewirkt wird.
Partizipationserfahrungen sind wesentlicher Bestandteil politischer Bildung. Kinder und Jugendliche sollen über Partizipation vor allem Selbstwirksamkeit und demokratische Prozesse erleben. In diesem Sinne ist es Auftrag der pädagogischen Fachkräfte, Beteiligungsprozesse zu initiieren und strukturell zu verankern. Die Umsetzung der Beteiligungsergebnisse erfolgt zeitnah.
4.3 Offenheit
Alle Kinder und Jugendlichen, Mädchen wie Jungen, können Angebote der Offenen Jugendarbeit wahrnehmen. Sie müssen keinerlei Voraussetzungen erfüllen. Außer Anregungen werden keine Themen und Inhalte vorgegeben. Was Kinder und Jugendliche mitbringen, ist Thema. Dabei geht Offene Jugendarbeit auf die verschiedenen Lebenslagen, Lebensstile und Lebensbedingungen ein.
Offenheit bezieht sich auch auf die Zielsetzungen der pädagogischen Praxis. Die Themen und Anliegen der Kinder und Jugendlichen sind grundsätzlich Arbeitsauftrag und keine „Störungen“ von Angeboten und deren Zielsetzungen. Erst diese Offenheit ermöglicht das Erreichen von pädagogischen Zielen.
4.4 Inklusion
Inklusion in der Offenen Jugendarbeit beinhaltet, dass alle Kinder und Jugendlichen mit ihrer Unterschiedlichkeit willkommen sind. Offene Jugendarbeit ist so ausgerichtet, dass sie in der Lage ist, auf Vielfalt einzugehen.
Die Fachkräfte tragen durch ihre Haltung und ihr Verhalten dazu bei, dass Teilhabebarrieren identifiziert und möglichst reduziert werden. An den individuellen Bedürfnissen orientiert sind Angebote verfügbar, zugänglich, annehmbar und anpassbar gestaltet. Ein vorurteilsbewusstes pädagogisches Handeln ist auf die Stärkung der individuellen Ressourcen der Kinder und Jugendlichen gerichtet.
4.5 Diversität
Junge Menschen gehören verschiedenen (sozialen, religiösen, ethnischen, ...) Gruppen gleichzeitig an. Diese Zugehörigkeit ist entweder selbstgewählt oder durch zugeschriebene Differenzlinien gesetzt. Zuschreibungspraktiken und deren Auswirkungen werden reflektiert. Subjektive Verschiedenheiten werden in die pädagogische Arbeit einbezogen, ohne sie festzuschreiben.
Zur Unterstützung der Identitätsbildung werden Freiräume zur Selbsterprobung, Orientierungshilfen sowie Möglichkeiten zur Konfrontation und sozialem Lernen angeboten.
4.6 Geschlechtergerechtigkeit
Offene Jugendarbeit richtet ihre Angebote an den Lebenslagen von Mädchen und Jungen aus, wobei deren geschlechtsbedingte Verschiedenheit anerkannt wird. Kein Geschlecht wird bevorzugt oder benachteiligt. Offene Jugendarbeit fördert die Gleichberechtigung.
Sie erkennt die Bedeutung von Geschlecht als Identitätsmerkmal für den Entwicklungsprozess von Kindern und Jugendlichen. Innerhalb der Angebote erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit den gesellschaftlich vorgegebenen Rollenzuweisungen für Mädchen und Jungen, mit dem Ziel, potentielle Benachteiligungen abzubauen. Es wird darauf geachtet, dass in den Einrichtungen kein Verdrängungsprozess zu Lasten eines Geschlechts stattfindet.
5. Zielgruppe
Offene Jugendarbeit in der Stadt Bonn richtet sich an alle jungen Menschen im Alter von 6 Jahren bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres. In begründeten Ausnahmefällen können auch junge Menschen bis einschließlich 27 Jahren einbezogen werden.
Unterschiedliche Besuchergruppen benötigen unterschiedliche Angebote. Je nach Angebot und Bedarf können Einschränkungen bei der Zielgruppe (z.B. nach Alter oder Geschlecht) sinnvoll sein. Diese sind mit dem Amt für Kinder, Jugend und Familie abzustimmen.
Arbeit mit den Eltern findet nur statt, wenn diese zur Erfüllung des pädagogischen Auftrages für die Kinder und Jugendlichen notwendig ist.
6. Rahmenbedingungen
6.1 Rechtliche Grundlagen
Die Offene Jugendarbeit hat ihre Grundlage im Wesentlichen in § 11 SGB VIII. Danach sind jungen Menschen die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Kinder- und Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Das Land NRW hat mit Wirkung vom 01.01.2005 in § 12 KJFöG die Offene Jugendarbeit konkretisiert. Daneben beinhaltet § 15 KJFöG eine Gewährleistungs- und Förderverpflichtung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe.
Die Gewährleistung und Förderung der Angebote der Offenen Jugendarbeit erfolgen auf der Basis der vom Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie und vom Rat der Bundesstadt Bonn beschlossenen Jugendhilfeplanung.
Das KJFöG legt darüber hinaus in den §§ 4 – 7 verpflichtende Querschnittsaufgaben und in § 10 Schwerpunkte für die Offene Jugendarbeit fest.
6.2 Kinderschutz
Zur Gewährleistung des Kinderschutzes sind die Angebotsträger verpflichtet, Vereinbarungen nach § 8 a und § 72 a SGB VIII mit der Bundesstadt Bonn abzuschließen und umzusetzen.
6.3 Finanzierung
Die Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit der Freien Träger werden auf der Grundlage der Jugendhilfeplanung durch die Bundesstadt Bonn anteilig gefördert. Diese Förderung sowie die Finanzierung der städtischen Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit erfolgen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel.
7. Gesamtverantwortung des Amtes für Kinder, Jugend und Familie
Im Rahmen der Gesamtverantwortung (§ 79 Abs. 1 SGB VIII) hat das Amt für Kinder, Jugend und Familie neben der Planungs- und Steuerungsverantwortung eine wichtige Beratungs- und Unterstützungsfunktion gegenüber freien Trägern.
Die Zusammenarbeit geschieht unter Beachtung der Grundsätze einer partnerschaftlichen Kooperation zwischen den freien Trägern der Offenen Jugendarbeit und dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe. Dazu gehören auch die Mitwirkung bei der konzeptionellen Weiterentwicklung und die Sicherung von Legitimationsgrundlagen bei der Vertretung der fachlichen Belange der Offenen Jugendarbeit.
Die freien Träger und der öffentliche Träger bilden eine Arbeitsgemeinschaft „Offene Kinder-und Jugendarbeit“ gemäß § 78 SGB VIII.
7.1 Jugendhilfeplanung
Die Bundesstadt Bonn ist nach § 79 SGB VIII im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung verpflichtet, ein qualitativ und quantitativ ausreichendes und bedarfsgerechtes Angebot für junge Menschen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen.
Bestandteil dieser Gesamtverantwortung ist die Planungsverantwortung. Die Jugendhilfeplanung hat gemäß § 80 SGB VIII die Aufgabe, den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen, den Bedarf für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und sicher zu stellen, dass die zur Deckung des Bedarfs erforderlichen und geeigneten Angebote der offenen Jugendarbeit rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Die Bedarfsplanung der offenen Jugendarbeit erfolgt sozialraumorientiert und unter Berücksichtigung der in diesem Rahmenkonzept festgelegten Grundlagen.
Die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe sind nach § 80 Abs. 3 SGB VIII in allen Phasen der Planung frühzeitig zu beteiligen. § 8 Abs. 4 KJFöG sieht ein partnerschaftliches Zusammenwirken zwischen dem öffentlichen Träger und den freien Trägern vor. In diesem Sinne sind die freien Träger der offenen Jugendarbeit über Inhalte, Ziele und die Entwicklung von Steuerungsinstrumenten für die Bedarfsbewertung umfassend zu informieren und vom Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie zu hören.
Die Planungsempfehlungen des öffentlichen Trägers werden in der Arbeitsgemeinschaft nach § 78 SGB VIII vorgestellt, damit die geplanten Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden, sich gegenseitig ergänzen können und den Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen Rechnung tragen.
7.2 Jugendpflege
Die Bundesstadt Bonn stellt pädagogische Fachkräfte - die Jugendpflegerinnen und Jugendpfleger - zur Verfügung, die im Rahmen der Jugendförderung als Interessenvertretung junger Menschen die Angebote der Jugendarbeit initiieren, begleiten und fördern. Sie unterstützen bei der bedarfsgerechten (Weiter-) Entwicklung der pädagogischen Angebote auf der Basis der Jugendhilfeplanung unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen sowie rechtlicher und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen.
Im Rahmen dieser Aufgaben beraten und unterstützen die Jugendpflegerinnen und Jugendpfleger auch die Träger und Fachkräfte der Offenen Jugendarbeit. Sie informieren über aktuelle pädagogische kinder- und jugendrelevante Entwicklungen und weisen auf entsprechende Fortbildungen hin. Die gemeinsame fachliche Reflexion der Angebote durch Jugendpflege und Träger bzw. Fachkräfte der Offenen Jugendarbeit ist ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung.
8. Trägerschaft
8.1 Trägervielfalt
Die Ziele und Aufgaben der Offenen Jugendarbeit werden von unterschiedlichen freien und dem öffentlichen Träger in gemeinsamer Verantwortung umgesetzt. Damit wird der Vielfalt von unterschiedlichen Wertorientierungen und pädagogischen Profilen Rechnung getragen.
8.2 Anforderungen an Träger und pädagogische Fachkräfte
8.2.1 Anforderungen an die Angebotsträger
Die Träger der Offenen Jugendarbeit halten transparente Strukturen vor, die eine umfassende Dienst- und Fachaufsicht für alle Mitarbeitenden gewährleisten. Sie tragen die unmittelbare Verantwortung für die Qualität der Angebote und das Wohl der jungen Menschen. Die Träger sind zuständig für alle administrativen, organisatorischen und inhaltlichen Belange der Einrichtungen und Angebote der Offenen Jugendarbeit. Sie überwachen die Einhaltung der fachlichen Standards sowie der einschlägigen Gesetze und Vorgaben. Darüber hinaus koordinieren sie die Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Jugendhilfeträger, steuern die dazugehörigen Prozesse und unterstützen die Mitarbeitenden bei der Umsetzung der vereinbarten Aufgaben und Ziele.
Diese sind unter anderem:
- Durchführung von Qualitätsentwicklungsmaßnahmen
- Fortbildung und Supervision
- Organisations- und Personalentwicklung
- Gewährleistung einer ordnungsgemäßen finanztechnischen Bewirtschaftung
- Auswertungsgespräche mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf der Grundlage des durchzuführenden Berichtswesens mit dem Ziel, die Konzeptionen und die Maßnahmenplanung entsprechend der Interessen der jungen Menschen, bestehender Problemlagen und aktueller Herausforderungen fortzuschreiben
- Mitwirkung bei der Koordination der Öffnungs- und Schließzeiten im Sozialraum
- Teilnahme an der Arbeitsgemeinschaft nach § 78 SGB VIII
- Mitwirkung an der örtlichen Jugendhilfeplanung
Die Dienst- und Fachaufsicht des Trägers kontrolliert die Ausgaben der Bereiche, fördert die Weiterentwicklung der pädagogischen Konzeptionen und vertritt die Einrichtung in Arbeitskreisen und anderen Gremien nach außen.
8.2.2 Besondere Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte
Kinder- und Jugendarbeit geschieht in einer zeitlichen Dimension, die sich lebendig und innovativ zeigt. Deshalb benötigen Fachkräfte kontinuierlich neuen Input und Ideenaustausch. Fort- und Weiterbildungen sichern die erforderliche Fachlichkeit der Mitarbeitenden.
Die pädagogischen Fachkräfte
- informieren sich über aktuelle Entwicklungen im Handlungsfeld
- nehmen an feldbezogenen Fort- und Weiterbildungen teil
- arbeiten in Fachgremien und/oder mit sozialräumlich relevanten Akteuren lokal, regional und überregional vernetzt
- dokumentieren ihre Arbeit vereinbarungsgemäß als Grundlage für eine regelmäßige, qualitative und quantitative Berichterstattung
9. Qualität der Offenen Jugendarbeit
Gemäß § 79 a SGB VIII hat die Bundesstadt Bonn Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität sowie geeignete Maßnahmen zur Qualitätssicherung weiterzuentwickeln, anzuwenden und regelmäßig zu überprüfen. Basis für die Umsetzung dieses Auftrages im Aufgabenfeld der Offenen Jugendarbeit ist dieses Rahmenkonzept.
Dazu gehört auch eine regelmäßige Überprüfung der Arbeit mit der Klärungsabsicht, in welcher Weise Leistungen erbracht sowie gesteckte Ziele und Zielgruppen erreicht werden.
9.1 Konzeption
Jeder Träger erstellt auf der Grundlage dieses Rahmenkonzeptes eine schriftliche Konzeption, aus der die Umsetzung der Prinzipien der Offenen Jugendarbeit hervorgeht. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen und der Empfehlungen der Jugendhilfeplanung werden das Profil, die Ziele, die Zielgruppe, die Angebote und die Methoden beschrieben.
Die aktuelle Konzeption wird vor Abschluss einer Fördervereinbarung beim Amt für Kinder, Jugend und Familie eingereicht. Die Konzeption wird regelmäßig, spätestens alle fünf Jahre fortgeschrieben.
9.2 Personelle Standards
Offene Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bedarf kontinuierlich eingesetzter hauptamtlicher Fachkräfte, um Beziehungen ohne Leistungsdruck mit verlässlichen Bezugspersonen für Kinder und Jugendliche zu gewährleisten. Die Qualität und der mögliche Erfolg der Offenen Jugendarbeit hängen maßgeblich von dem eingesetzten Personal und in besonderer Weise von dessen fachlicher Qualifikation ab.
Nach den Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter (Öffnet in einem neuen Tab) verfügen die Fachkräfte neben einem qualifizierten Berufsabschluss über eine persönliche Eignung (Belastbarkeit, Flexibilität, Reflexionsfähigkeit, Kreativität, Empathie, interkulturelle Kompetenz, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit). Einschlägiges Wissen wird ergänzt durch vielfältige Methodenkenntnisse (Konzeptentwicklung, Gestaltung von Bildungsprozessen, Qualitätsentwicklung, Sozial- und Projektmanagement), Organisations-, Planungs- und Kooperationsfähigkeit sowie fachspezifische Verwaltungs- und Rechtskenntnisse.
Das Fachkräftegebot wird bei der Besetzung des Personals eingehalten. Nur in besonders begründeten Fällen wird nach einer sorgfältigen Prüfung auf der Grundlage eines trägerspezifischen Kompetenzprofils vom Fachkräftegebot abgewichen. Jede Abweichung vom Fachkräftegebot wird mit dem Amt für Kinder, Jugend und Familie abgestimmt.
Freie hauptamtliche Stellen werden schnellstmöglich mit einer Fachkraft besetzt. Der Träger informiert das Amt für Kinder, Jugend und Familie über personelle Veränderungen.
Honorar- und Ergänzungskräfte haben eine ihrem Einsatz entsprechende ausreichende Qualifikation. Hierüber entscheidet der Träger in eigener Verantwortung. Der Besitz einer Jugendleitercard (JuLeiCa) ist empfehlenswert.
9.3 Räumliche Standards
Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit sollen Kindern und Jugendlichen ohne Zugangshindernisse zur Verfügung stehen. Dementsprechend soll der Zugang zur Einrichtung gut erreichbar sowie offen, einladend und gut erkennbar gestaltet sein.
Unter Berücksichtigung des Profils der Einrichtung werden folgende infrastrukturelle Voraussetzungen als Standard empfohlen:
- Ausreichend große, funktionale und ästhetisch gestaltete Räume
- Differenzierungsräume für Angebote und/oder Gruppen
- Außenbereich für verschiedene Aktivitäten
- Ausreichende Sanitärräume
- Eine für den pädagogischen Prozess notwendige Ausstattung
- Eine möglichst barrierefreie Einrichtung
- Technische Sicherheit (regelmäßige Wartung): Brandschutz, Heizung, Elektrik, Wasser
- Gesundheitsschutz (Hygiene/Ausschluss von Gesundheitsrisiken, z. B. Schimmelbefall)
- Allgemeine Sauberkeit und Ordnung
9.4 Öffnungszeiten
Ziele und Auftrag der Offenen Jugendarbeit werden insbesondere durch Offene Angebote erreicht. Dies setzt eine angemessene, zielgruppenorientierte zeitliche Verfügbarkeit voraus. Um einen möglichst umfangreichen Korridor der Verfügbarkeit zu gewährleisten, werden Mindeststandards für die Öffnungszeiten verbindlich festgelegt. Abweichungen werden im begründeten Ausnahmefall mit dem Amt für Kinder, Jugend und Familie vereinbart.
Grundsätzlich ist für eine Anerkennung im Rahmen der finanziellen Förderung Folgendes zu beachten:
Als Öffnungszeiten gelten die Zeiten, in denen der Zielgruppe offene Angebote auf der Grundlage dieses Rahmenkonzeptes durch Fachkräfte entsprechend Ziffer 9.2 gemacht werden. Im Rahmen der Jugendhilfeplanung wird die Zahl der notwendigen Fachkraftstellen (FK) festgelegt.
Die wöchentlichen Öffnungszeiten sowie die Anzahl der Öffnungstage pro Woche stehen im Zusammenhang mit der Anzahl der von der Bundesstadt Bonn geförderten bzw. finanzierten Fachkraftstellen.
Bei 0,5 Fachkraftstellen werden 12,00 Stunden wöchentliche Öffnungszeit festgelegt. Je weitere 0,1 Fachkraftstellen erhöht sich die wöchentliche Öffnungszeit um 1,25 Stunden (0,5 FK => 12,00 h; + 0,1 FK => +1,25 h). Hieraus ergeben sich folgende Abstufungen der Mindestöffnungszeiten:
- 0,4 FK = 9,50 Stunden
- 0,5 FK = 12,00 Stunden
- 1,0 FK = 18,25 Stunden
- 1,5 FK = 24,50 Stunden
- 2,0 FK = 30,75 Stunden
- 2,5 FK = 37,00 Stunden
- ab 2,9 FK = 40,00 Stunden
Zwischenstufen sind entsprechend umzurechnen.
Öffnungstage pro Woche
- unter 0,5 FK = mindestens 2 Öffnungstage pro Woche
- ab 0,5 FK = mindestens 3 Öffnungstage pro Woche
- ab 1,0 FK = mindestens 4 Öffnungstage pro Woche
- ab 1,5 FK = mindestens 5 Öffnungstage pro Woche
Lage der Öffnungszeiten
Die Lage der Öffnungszeiten wird mit dem Amt für Kinder, Jugend und Familie abgestimmt und richtet sich nach dem ermittelten Bedarf und dem Profil der Einrichtung.
Öffnungszeiten außerhalb der Schulferien liegen nach 14 Uhr oder am Wochenende. Die Zeit von 16 bis 19 Uhr gilt (außer am Wochenende) als verpflichtende Öffnungszeit. Bei einem regelmäßigen Offenen Angebot am Wochenende gilt eine Mindestöffnungszeit von drei Stunden. An Wochenenden können Öffnungszeiten aufgrund von besonderen Veranstaltungen unterschiedliche zeitliche Lagen haben.
Bei Einrichtungen, die ein offenes Angebot ausschließlich für Kinder (bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres) bzw. ausschließlich für Jugendliche und junge Erwachsene (ab 14 Jahre) anbieten, können zwischen dem Träger und dem Amt für Kinder, Jugend und Familie einvernehmlich abweichende verpflichtende Öffnungszeiten vereinbart werden.
Innerhalb der Schulferien liegen die Öffnungszeiten so, dass auch bei Ferienmaßnahmen ein bedarfsgerechtes Offenes Angebot vorgehalten wird. Die Ferienmaßnahme selbst kann als Öffnungszeit anerkannt werden, wenn für eine parallele Öffnung der Einrichtung kein Bedarf besteht.
Öffnungswochen pro Jahr
Einrichtungen bis einschließlich 1,5 Fachkraftstellen öffnen mindestens 45 Wochen im Jahr, bei mehr als 1,5 Fachkraftstellen mindestens 46 Wochen im Jahr.
Die Träger stimmen ihre Schließzeiten im Sozialraum bedarfsgerecht ab. Die Abstimmung wird rechtzeitig durch die Jugendpflege koordiniert.
9.5 Vernetzung
Um die Ziele der Offenen Jugendarbeit erreichen zu können, ist eine enge Vernetzung in den Sozialraum, mit anderen Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit sowie mit dem Amt für Kinder, Jugend und Familie (hier besonders mit der Abteilung Jugendförderung) notwendig. Jede Einrichtung vernetzt sich darüber hinaus selbstständig mit den für die Zielgruppe relevanten Institutionen und Akteuren.
So wird gewährleistet, dass Bedarfe vor Ort zügig erkannt, auf Geschehnisse und Probleme angemessen reagiert und langfristig stabilisierend eingewirkt werden kann.
Eine Vertreterin bzw. ein Vertreter der Einrichtung nimmt regelmäßig an den vom Amt für Kinder, Jugend und Familie organisierten Vernetzungstreffen (z.B. Stadtteilarbeitskreise) teil.
9.6 Außendarstellung
Die Nutzung der Angebote Offener Jugendarbeit hängt entscheidend von ihrem Bekanntheitsgrad ab. Ein eingängiger Name und ein attraktives Logo sind wichtige Wirkfaktoren für die Außendarstellung. Diese sollen unter anderem durch folgende Maßnahmen umgesetzt werden:
- Deutliche Kennzeichnung der Räumlichkeiten
- Veröffentlichung des Angebotes durch Aushänge, Flyer und über elektronische Medien
- Mitwirkung bei übergreifenden Veranstaltungen im Sozialraum
- Pressearbeit
Eine gelungene Außendarstellung führt außerdem zu einer verbesserten Akzeptanz bei Erwachsenen (z.B. Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Anwohner, Gemeindemitglieder). Sie ist hilfreich bei Aufgaben wie der Vernetzung mit anderen Institutionen und einer Drittmittelakquise.
9.7 Qualitätssicherung
Wesentliche Bausteine zur Qualitätssicherung nach § 79a SGB VIII sind unter anderem die nachfolgend beschriebenen Instrumente des Wirksamkeitsdialoges (siehe Landesjugendplan NRW) und der Selbstevaluation.
9.7.1 Wirksamkeitsdialog
Der Wirksamkeitsdialog ist ein Instrument der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung in der Offenen Jugendarbeit. Die Ausrichtung und Wirksamkeit der Angebote wird vor dem Hintergrund aktueller Bedarfe und Entwicklungen gemeinsam durch den Angebotsträger und den öffentlichen Träger der Jugendhilfe evaluiert und reflektiert. Die Ziele der pädagogischen Arbeit werden bedarfsgerecht (weiter-) entwickelt und für die Zukunft abgestimmt.
Der nach den Richtlinien des Landesjugendplans NRW geforderte Wirksamkeitsdialog findet jährlich zwischen der Trägervertretung, der Einrichtungsleitung und der Jugendpflege (siehe Ziffer 7.2) statt. Bei Bedarf können weitere Personen teilnehmen. Die Ergebnisse des Wirksamkeitsdialoges werden durch die Jugendpflege protokolliert.
Grundlage für den Wirksamkeitsdialog ist die fristgerechte Abgabe des komplett ausgefüllten, standardisierten Berichts zum Wirksamkeitsdialog[1] durch den Träger. Der Bericht zum Wirksamkeitsdialog wird darüber hinaus für weitere Zwecke, wie z.B. statistische Erhebungen und für Verfahren der Jugendhilfeplanung genutzt.
[1] Das Berichtsformular wird unter Berücksichtigung der für die Strukturdatenerhebung NRW und der städtischen Jugendhilfeplanung notwendigen Daten und Einschätzungen in einem dialogischen Prozess in der AG 78 stetig weiterentwickelt.
9.7.2 Selbstevaluation
Zur Weiterentwicklung der Qualität Offener Arbeit wird den pädagogischen Fachkräften die Methode der Selbstevaluation empfohlen. Im Unterschied zur alltäglichen Reflexion ermöglicht die Selbstevaluation eine strukturierte Auswertung der eigenen Arbeit. Durch die Erarbeitung konkreter Fragestellungen und Bewertungskriterien werden die Rahmenbedingungen, die konzeptionellen Ziele, die Handlungsplanung und die methodischen Prozesse analysiert. Methoden zur Selbstevaluation sind beispielsweise standardisierte Fragebögen, Interviews, (teilnehmende) Beobachtungen, Feedbackkarten oder Projekttagebücher. Selbstevaluation sollte dauerhaft oder zumindest als regelmäßig wiederkehrende Methode durchgeführt werden.
10. Profil der Offenen Jugendarbeit
Der Angebotsträger beschreibt im regelmäßigen Dialog mit dem Amt für Kinder, Jugend und Familie das einrichtungsspezifische Profil. Dieses orientiert sich an den Bedürfnissen und Bedarfen der Kinder und Jugendlichen, an den im Rahmen der Jugendhilfeplanung festgestellten Bedarfen sowie an den zur Verfügung stehenden personellen und strukturellen Ressourcen. Folgende Ausrichtungen können das Profil charakterisieren:
10.1 Politische und soziale Bildung
Politische und soziale Bildung soll das Interesse an politischen Prozessen und an politischer Beteiligung frühzeitig herausbilden sowie die Fähigkeit zu kritischer Beurteilung politischer Vorgänge und Konflikte entwickeln. (Sozial-)politisch relevante Gelegenheiten sollen wahrgenommen, aufgegriffen und thematisiert werden. Soziale Bildung beinhaltet auch die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Strukturen und Entwicklungen.
In diesem Zusammenhang bereitet die Offene Jugendarbeit auf die Fähigkeit zu sozialverantwortlichem Handeln vor. Damit geht politische und soziale Bildung über Beteiligungsprojekte (siehe Ziffer 4.2) hinaus.
10.2 Schülerinnen- und schülerbezogene Jugendarbeit
Schule ist ein wichtiges, manchmal das zentrale Lebensthema von Kindern und Jugendlichen. Offene Jugendarbeit begleitet sie in der Auseinandersetzung mit diesem Thema. Dabei sind Bedürfnisse und Bedarfe sowie eine individuelle Unterstützung handlungsleitend. Neben Anregungen zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit schulischen Themen oder Zurverfügungstellung eines Rahmens zur selbständigen Erledigung von Hausaufgaben oder sonstiger schulischer Verpflichtungen geht es auch um die konstruktive Auseinandersetzung mit Leistungs- und Zeitdruck, mit Erwartungen von Familie oder Lehrkräften sowie mit der Dynamik im „sozialen Feld“ Schule.
Über die individuelle Unterstützung hinaus können auch regelmäßige Kooperationen mit Schulen eingegangen werden. Kooperationen werden jedoch nur finanziell gefördert, wenn sie dem Auftrag (siehe Ziffer 3) und den Prinzipien (siehe Ziffer 4) der Offenen Jugendarbeit entsprechen. Für ein nachhaltiges Zusammenwirken ist eine Kooperationsvereinbarung zwischen Schule und dem Träger der Offenen Jugendarbeit empfehlenswert.
10.3 Kulturelle Jugendarbeit
Kulturelle Jugendarbeit soll allen Kindern und Jugendlichen ermöglichen, unabhängig von sozialer oder kultureller Herkunft am kulturellen Leben der Gesellschaft teilzuhaben. Sie soll Angebote zur Förderung der Kreativität und Ästhetik im Rahmen kultureller Formen umfassen und zur Entwicklung der Persönlichkeit beitragen. Kinder und Jugendliche erhalten Gelegenheiten, ihre individuellen Alltags- und Lebenserfahrungen mit künstlerischen Medien und ästhetischen Handlungsformen, wie zum Beispiel Musik, Tanz, Theater, darstellender Kunst oder literarisch, auszudrücken. Kulturelle Jugendarbeit fördert insbesondere die Wahrnehmungsfähigkeit, das ästhetische Empfinden und die kreative Eigeninitiative. Sie kann beispielsweise als Projektarbeit, in Form offener Werkstattangebote, in Kursen oder in Workshops erfolgen. Weitere Methoden sind der Besuch von Museen, Theaterstücken, Konzerten oder Kulturdenkmälern.
10.4 Sportlich- und freizeitorientierte Jugendarbeit
Offene Jugendarbeit greift den Bewegungsdrang von Kindern und Jugendlichen und das Bedürfnis nach aktiver Freizeitgestaltung auf. Dazu hält sie eine breite Palette von sportpädagogischen und freizeitorientierten Angeboten vor.
Ein sportpädagogisches Angebot enthält mehr oder weniger stark reglementierte Sportarten sowie Sportarten, die sich Jugendliche aufgrund von jugendkulturellen Trends häufig selber aneignen und weniger Konkurrenz- und Leistungsdruck beinhalten. Im Vordergrund stehen Spaß an Bewegung und sportlicher Betätigung. Darüber hinaus leisten diese Angebote einen Beitrag zum Erhalt und zur Förderung der Gesundheit.
Erlebnispädagogische Angebote ermöglichen das Erkennen, Einschätzen, eventuell Überwinden oder Akzeptieren persönlicher Grenzen sowie die soziale Erfahrung, auf andere angewiesen zu sein und sich auf diese verlassen zu können.
Zum freizeitpädagogischen Angebot gehören Spiele, die Kindern und Jugendlichen vielfältige Anreize und Alltagserfahrungen bieten, positiven Umgang mit Regeln, Konkurrenz, Gewinn und Verlust sowie Geschicklichkeit vermitteln. Darüber hinaus bieten konkurrenzfreie und kreative Angebote wie Kochen, Backen und Basteln sinnvolle Formen der Freizeitgestaltung.
10.5 Medienbezogene Jugendarbeit
Die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen ist medial durchdrungen. Der Gebrauch digitaler Medien ist zu einer wichtigen Freizeitaktivität geworden und dient unter anderem der Bewältigung zentraler Entwicklungsthemen. Kinder und Jugendliche brauchen pädagogische Hilfestellung und Unterstützung, um zu verantwortungsvollen, selbstbestimmten und kritischen Nutzerinnen und Nutzern zu werden.
Maßnahmen zur Medienkompetenzförderung sollen zur ethischen Reflexion und zum kritischen Blick befähigen, damit eine Teilhabe an unserer mediendominierten Gesellschaft möglich wird.
10.6 Geschlechtersensible Jugendarbeit
Geschlechtersensible Arbeit fördert die Geschlechtergerechtigkeit und flexibilisiert Geschlechterrollenbilder. Sie sensibilisiert für Zuschreibungen, Einschränkungen und Benachteiligungen ohne die Bedeutung von Geschlecht für die Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen zu leugnen. Mädchen und Jungen werden unterstützt, jenseits von Geschlechterstereotypen nach ihren Neigungen und Wünschen eine individuelle Identität zu entwickeln.
Geschlechtersensible Arbeit thematisiert auch die Heteronormativität und richtet sich unter anderem an homosexuelle, transsexuelle oder intersexuelle Kinder und Jugendliche, um diese adäquat in ihrer sexuellen Identitätsentwicklung zu unterstützen.
Geschlechtersensible Arbeit kann in geschlechtshomogener Mädchen- und Jungenarbeit, in gemischtgeschlechtlichen Angeboten der reflexiven Koedukation oder im gegengeschlechtlichen Feld des Crosswork erfolgen.
Voraussetzung für geschlechtersensibles Arbeiten ist die Selbstreflexion der pädagogischen Fachkräfte in Bezug auf ihre eigene Geschlechtlichkeit, ihre eigene geschlechtsbezogene Sozialisation und die Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.
11. Ergänzende Angebote der Offenen Jugendarbeit
Das einrichtungsspezifische Profil kann orientiert an den Bedarfen und Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen durch die folgenden Angebote ergänzt werden:
11.1 Fahrten und Ferienmaßnahmen
Fahrten und Ferienmaßnahmen mit jungen Menschen dienen der Erholung und Entspannung, der Selbstverwirklichung und der Selbstfindung. Die Maßnahmen fördern die seelische, geistige und körperliche Entwicklung, vermitteln soziale Beziehungen untereinander, erschließen neue Erfahrungsräume und ermöglichen Gemeinschaftserlebnisse. Darüber hinaus spielen das persönliche Erfahren und das aktive Tun – auch bei der Mitbestimmung und Mitgestaltung des Programms – eine besondere Rolle.
Fahrten und Ferienmaßnahmen richten sich nach den Bedarfen und Bedürfnissen der Stammbesucherinnen und Stammbesucher.
11.2 Internationale Jugendarbeit
Internationale Jugendarbeit fördert den Erwerb von Toleranz und interkulturellen Kompetenzen. Sie soll zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen.
Internationale Begegnungen und der grenzüberschreitende Austausch bieten Gelegenheiten, das gewohnte Umfeld zu verlassen, sich Fremdes vertraut zu machen sowie Vorurteile zu überwinden.
11.3 Gesundheitsförderung
Das Wecken und Fördern von Gesundheitsbewusstsein ist ein wichtiger Beitrag zum gelingenden Aufwachsen und eine Hilfestellung bei der Bewältigung alterstypischer Entwicklungsaufgaben. Die Offene Jugendarbeit wirkt auf das Verständnis der Verantwortlichkeit für die eigene Gesundheit hin. Den Komponenten Bewegung, Entspannung, Ernährung und Hygiene kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Ziel ist, dass Kinder und Jugendliche lernen, wie sie gesund bleiben.
11.4 Gewaltprävention
Gewaltprävention fördert Toleranz, Selbstwert, Fairness und Zivilcourage. Offene Jugendarbeit ist allerdings nicht per se gewaltpräventiv wirksam. Eine effektive Gewaltprävention bedarf einer reflektierten, partizipatorischen, wertevermittelnden und vor allem beziehungsbezogenen Arbeit mit der Zielgruppe. Die gezielte Auseinandersetzung mit Themen wie z.B. Mobbing oder gewaltfreier Kommunikation kann Teil einer gewaltpräventiven Offenen Arbeit sein.
Gewaltprävention benötigt entsprechend geschulte und sensible pädagogische Fachkräfte, aber auch Vorbilder innerhalb der Zielgruppe.
12. Inkrafttreten und Weiterentwicklung
Das Rahmenkonzept gilt für alle aus Mitteln der Bundesstadt Bonn geförderten stationären und mobilen Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit sowohl in freier als auch in städtischer Trägerschaft. Die Einhaltung der Standards dieses Rahmenkonzepts ist Voraussetzung für eine Finanzierung der Einrichtung durch die Bundesstadt Bonn.
Jährlich in der ersten Sitzung der AG 78 erfolgt eine Überprüfung des Rahmenkonzeptes auf seine Aktualität, seine fachliche Aussage und Weiterentwicklungsbedarfe hin. Änderungsvorschläge sind dem Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie zur Entscheidung vorzulegen.
Der Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie hat das Rahmenkonzept in seiner Sitzung am 15.06.2016 beschlossen. Das Rahmenkonzept tritt mit Wirkung zum 1. Januar 2017 in Kraft.