Die begonnene Digitalisierungsstrategie ist ein fortlaufender Prozess hin zur digitalen Stadt und zur digitalen Verwaltung. Von besonderer Bedeutung ist die Einbeziehung der Stadtgesellschaft in den Prozess zur Smart City. Es geht um die intelligente Weiterentwicklung einer nachhaltigen Stadtentwicklung mit digitalen Instrumenten. Dabei steht nicht die Technik im Vordergrund, sondern die mittels Technik bereitgestellten Möglichkeiten, die es erlauben, Kommunikation, Prozesse der Zusammenarbeit und Beteiligungen weiterzuentwickeln und zu gestalten.
„Ich freue mich, dass nach einer längeren Strategiephase der Smart-City-Prozess nun über die Umsetzung erster Maßnahmen an Fahrt aufnimmt“, sagt Friedrich Fuß, Chief Digital Officer der Bundesstadt Bonn. „Gemeinsam mit Studierenden sind neue Ideen für die digitale Stadt von morgen entwickelt worden.“
Dazu hatte im November 2021 das Team “Digitale Stadt” der Bundesstadt Bonn drei aufeinander aufbauende Workshops in Kooperation mit der Detecon im Coworkingspace „The 9th“ in Bonn durchgeführt. Ziel der Workshops war, die Methode „Design Thinking“ kennenzulernen und an eigenen Ideen anschließend anzuwenden. “Design Thinking” ist eine Methode für die Lösung von komplexen Problemen und die Entwicklung neuer Ideen. Ein starker Fokus lag dabei auf den identifizierten Bedürfnissen und Anforderungen der späteren Nutzer*innen.
Drei motivierte Teams aus Studierenden erarbeiteten jeweils eine Idee basierend auf einer Problemstellung („Design Challenge“) - hin zu einem konkreten Prototypen. Ulrich Ziegenhagen von der Wirtschaftsförderung „findet es beeindruckend, dass mit dem ,Design Thinking-Workshop‘ Lösungsvorschläge für die Attraktivität der Innenstadt sowie der Mobilität erarbeitet wurden“. Die „Design Challenges“ fokussierten sich auf die Themengebiete „Nachhaltige Mobilität“ oder „Attraktive Innenstadt“.
Die Ergebnisse der Workshops wurden durch eine Jury aus Vertreter*innen der Bundesstadt Bonn bewertet. Jedes Team erhält je nach Platzierung ein Preisgeld.
Platz 1: Team “Eye Guide You” (Nachhaltige Mobilität)
Die zentrale Fragestellung lautete: Wie können von der Gemeinschaft gelenkte “Mit-Mach-IoT”-Lösungen die Mobilität für blinde und sehbehinderte Menschen in der Stadt Bonn nachhaltig verbessern? Mobilität ist ein Grundbedürfnis unserer Gesellschaft und Basis für die Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben, aber nicht für alle. Viele Verkehrsmittel sind nicht vollständig barrierefrei.
Das Anliegen des Teams ist es, für mobilitätseingeschränkte Personen, in diesem Fall speziell für blinde und sehbehinderte Menschen, eine Unterstützung für die Bewältigung von täglichen Mobilitätsherausforderungen bereitzustellen. Alle Personen, egal ob mobilitätseingeschränkt oder nicht, müssen gleichermaßen die Möglichkeit haben, eigenbestimmt am sozialen und gesellschaftlichen Leben und somit auch am öffentlichen Verkehr teilzunehmen. Daher wurde ein erster Prototyp einer App entwickelt, die blinden und sehbehinderten Menschen bei alltäglichen Aufgaben unterstützen soll, wie z. B.: Standortbestimmung, Navigation zum richtigen Bus-/Bahnsteig, Identifikation des richtigen Busses/Zuges, Standortbestimmung während der Bus-/Zugfahrt, Haltestellenansagen und Ausstiegsunterstützung.
Dabei ist die App mit einer zielgruppengerechten Farbgebung ausgestattet und verfügt über einen Sprachassistenten zur Steuerung. Ebenfalls ist angedacht, dass die Gesellschaft eingebunden wird, um im Sinne des Communitygedankens den eingeschränkten Menschen bei Bedarf direkt vor Ort zu helfen. Dazu erkennt die App registrierte Helfer*innen in der Nähe und benachrichtigt diese, wenn eine eingeschränkte Person Hilfe benötigt.
Platz 2: Team “Social Media Dashboard” (Attraktive Innenstadt)
Ergebnis des zweitplatzierten Teams ist ein Social-Media-Dashboard, welches Daten der gängigen Social-Media-Plattformen (Instagram, Twitter, Flickr etc.) kartographisch und visuell vielfältig darstellt. Ein Ziel ist, komplexe Geodaten auch Lai*innen zugänglich zu machen, sodass das zugrundeliegende Potential von allen und damit letztlich der Gesellschaft als Ganzem genutzt werden kann.
Mit Hilfe des Tools sind zahlreiche IoT-Anwendungen denkbar. Es werden raumbezogene Social Media Posts unter Beachtung der Datenschutzgrundverordnung verarbeitet, mithilfe derer sich u.a. folgende Fragestellungen beantworten lassen: „Wozu werden welche kommunalen Grünflächen in Bonn wie intensiv genutzt?” oder “Welche Gebiete im Innenstadtgebiet ziehen am meisten Social-Media-Aufmerksamkeit auf sich?”.
Auf diese Art lassen sich sensorartige IoT-Systeme für die ganze Stadt ohne jegliche Hardwareinstallationen konzipieren. Die Privatsphäre der Social Media User wird nicht beeinträchtigt, da zu keinem Zeitpunkt mit den Originaldaten gearbeitet wird. Die Stadt kann bspw. Kampagnen durchführen und Bürger*innen zum Posten mit bspw. #MyFavoriteSpotBonn auffordern. Das LBSN-Dashboard (Location-Based Social Network = Standortbezogene Dienste) kann diese automatisch quantitativ sowie qualitativ auswerten und die Stadt Bonn könnte passende Maßnahmen entwickeln.
Platz 3: Team “Bonn bei Nacht” (Attraktive Innenstadt)
Das Team “Bonn bei Nacht” hat durch Umfragen herausgefunden, dass das Bonner Nachtleben in puncto Attraktivität ausbaufähig ist. Auffallend bei der Recherche war, dass es eine Diskrepanz zwischen dem tatsächlich Angebotenen und dem subjektiv auf Nachfrageseite Wahrgenommenen gibt. Viele wissen nicht was es an Angeboten gibt und fühlen sich in ihren eigenen Bedürfnissen nicht abgeholt.
Daher ist die Idee des Teams, durch technische Mittel, Nachfrage- und Angebotsseite näher zueinander zu bringen. Den Anbietenden sollen gezielte Mechanismen erleichtern, ihre Zielgruppe/n zu finden und zu erreichen. Den Nachfragenden wiederum werden Anreize zum Entdecken der Szene gesetzt und Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch geboten.
Um dieses Ziel zu erreichen, hat das Team einen App-Prototypen namens “Bonn bei Nacht” entwickelt – ein PayBack-ähnliches System für z. B. Bonner Bars, Clubs und gastronomische Einrichtungen. Dabei handelt es sich um eine an eine Plattform angeschlossene App, auf der sich potenzielle Besucher*innen wie auch Anbieter*innen registrieren und zahlreiche Features nutzen können.
„Großes persönliches Engagement“
„Die Ideen der Teams und die Umsetzung zeugen von viel persönlichem Engagement und einem hohen Kreativpotential“, sagt Jana Hevendehl, Leiterin “Digitale Stadt” im Amt für Wirtschaftsförderung. Sie ist begeistert, „dass sich Studierende als eine bedeutende Zielgruppe aktiv in den Smart City-Prozess einbringen. Diese smarten Lösungen werden wir bei der weiteren Realisierung durch unsere Netzwerke und Kontakte weiter unterstützen.“