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Bundesstadt Bonn

Wärmewende und kommunale Wärmeplanung

Wie heizen wir ab morgen?

Der Ratsbeschluss steht: Bonn soll bis 2035 klimaneutral werden. Das bedeutet: In wenigen Jahren sollen in Bonn keine fossilen Rohstoffe wie Gas oder Öl mehr in Heizungen für Raumwärme und Warmwasser verbrannt werden („Dekarbonisierung“). Dies ist wichtig für den Klimaschutz. Aber es ist auch für Gebäude-Bewohner*innen sicherer, denn Erdgas und Heizöl werden in Zukunft deutlich teurer werden. 

Dominierende Energieträger in Bonn sind noch immer Gas- und Ölheizungen. Quelle: Bestands- und Potenzialanalyse der kommunalen Wärmeplanung (6/2024).

Wie kann Bonn künftig mit klimaschonender Wärme versorgt werden – ganz ohne fossiles Erdgas oder Heizöl? Das soll die  kommunale Wärmeplanung (Öffnet in einem neuen Tab) bis Frühjahr 2025 herausfinden. Für Ende 2024 wird eine Karte erwartet, die darstellt, welche Wärmeversorgungsarten wo in Bonn am besten geeignet sind – eher ein  zentrales Fernwärmenetz (Öffnet in einem neuen Tab), ein Nahwärmenetz im Quartier oder eher eine dezentrale, individuelle Lösung (meist Wärmepumpen). 

Ein zusätzliches  Wasserstoffverteilnetz (Öffnet in einem neuen Tab) oder Wasserstoffversorgungsgebiete sind für die Bundesstadt Bonn nicht geplant. Gründe sind die großen Energieverluste bei der Wasserstoffherstellung, die zu erwartenden hohen Kosten und die unklare Verfügbarkeit von Wasserstoff.

Der beste Start: Wärmebedarf senken

Dominierende Energieeffizienzklassen in Bonn: In den rot-braun dargestellten Baublöcken sind Sanierungen am wichtigsten. Quelle: Bestands- und Potenzialanalyse der kommunalen Wärmeplanung (6/2024).

Es ist viel leichter, 100 Prozent erneuerbare Wärme bereitzustellen, wenn der Wärmebedarf vorher deutlich sinkt. 

Die energetische Modernisierung der Gebäudehülle bildet einen wesentlichen Baustein zur Senkung des Wärmebedarfs (mehr „Effizienz“). Dazu gehört die Dämmung des Gebäudes oder der Austausch von Fenstern und Türen, so dass die Wärme besser im Haus bleibt und deutlich weniger „ungenutzt“ nach draußen entweicht. Ihr Gebäude wird dadurch „effizienter“ – mit weniger Energieeinsatz wird es genauso warm wie vorher. Einen guten Überblick bietet Ihnen ein sogenannter individueller Sanierungsfahrplan (iSFP), der auch gefördert wird. Die allermeisten Bonner Gebäude sind unsaniert oder nur teilsaniert (88 Prozent). Vor allem bei Gebäuden, die vor der ersten Wärmeschutzverordnung 1977 gebaut und seither kaum saniert wurden, kann der Wärmebedarf weit mehr als halbiert werden. Fast ein Drittel des Bonner Wärmeverbrauchs geht auf das Konto von Gebäuden mit der schlechtesten Energieeffizienzklasse H – das sind Gebäude mit einem jährlichen Wärmeverbrauch von mehr als 250 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Das Potenzial für die energetische Sanierung der Gebäude ist also groß.

Den zweiten Baustein zur Senkung des Wärmebedarfs nennen Fachleute „Suffizienz“. Hier können alle mithelfen – Gebäude-Eigentümer*innen wie Mietende. Zum Beispiel, indem die Temperatur von Heizung und Warmwasser abgesenkt wird, Schlafräume oder Keller kühler bleiben, nachts oder zu Urlaubszeiten die Heizung heruntergedreht wird. Der Begriff „Wohnraumsuffizienz“ geht noch einen Schritt weiter: Der Wechsel vom Single-Haushalt zum Mehr-Personen-Haushalt oder das Teilen von Einfamilienhäusern in mehrere Wohneinheiten können helfen, dass pro Einwohner*in weniger Fläche beheizt werden muss. Ideen für eine „Initiative flächensparendes Wohnen“ beinhalten zum Beispiel eine Wohnungstauschbörse, ein Recht auf Wohnungstausch und einen Bonus für einen Umzug in eine kleinere Wohnung. Die Strategie Wohnraumsuffizienz kann dabei unterstützen, dass jede/r so viel Wohnraum zur Verfügung hat, wie zum aktuellen Lebensabschnitt passt. Flächensparendes Wohnen hat neben der Senkung des Wärmebedarfs zudem den Vorteil, dass es dem Wohnraummangel entgegenwirkt. Die Grundidee ist auch übertragbar auf viele Nichtwohngebäude: Bürogebäude können durch Desk-Sharing besser ausgenutzt werden, so dass insgesamt weniger beheizte Büroräume erforderlich sind. 

Das Ziel im Blick: 100 Prozent erneuerbare Wärme bis 2035

Die nach Senkung des Wärmebedarfs weiterhin benötigte Energie für Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme soll nach und nach aus unterschiedlichen Quellen erneuerbarer Energien gedeckt werden. Dabei gibt es nicht „die eine Lösung“, sondern viele Bausteine:

Baustelle für die Wärmewende: Das Leitungssystem von Wärmenetzen besteht immer aus zwei Rohren – dem Vorlauf und dem Rücklauf.
  • Für die zentrale Versorgung über Wärmenetze soll das bestehende  Fernwärme-Leitungsnetz (Öffnet in einem neuen Tab) des kommunalen Verteilnetzbetreibers Bonn-Netz GmbH etwa verdoppelt und die Anzahl der Anschlüsse vervielfacht werden. Zusätzlich sollen Nahwärmenetze entstehen. Die Stadtwerke Bonn treiben auf ihrem  Weg zur CO2-Neutralität (Öffnet in einem neuen Tab) auch eine nachhaltige Wärmeversorgung voran. Die Erzeugung der Fernwärme wird sukzessive auf erneuerbare Energien umgestellt und damit die transportierte Wärme dekarbonisiert. Hierfür können beispielsweise Großwärmepumpen gebaut werden, die die Wärme aus dem Rheinwasser oder dem Abwasser von Kläranlagen nutzen. Auch Erdwärme ist über tiefe Erdsonden nutzbar. Freiflächen-Solarthermie-Anlagen könnten ebenfalls Wärme zuliefern, vor allem, wenn sie kombiniert werden mit saisonalen Speichern, so dass die sommerliche Wärme fürs winterliche Heizen „aufbewahrt“ wird. Zudem muss geprüft werden, inwieweit Abwärme, die in Industrie und Gewerbe – beispielsweise in Rechenzentren – als unvermeidbares Nebenprodukt entsteht, in Wärmenetze eingespeist werden kann. Außerdem wird die Anbindung Bonns an das Wasserstoffkernnetz geprüft, um zukünftig grünen Wasserstoff in den Bonner Heizkraftwerken einzusetzen.
Dezentrale Alternative zu Öl und Gas: die Luft-Wärmepumpe. Noch effizienter sind Erdsonden und Wasser-Wärmepumpen.
  • Für dezentrale individuelle Lösungen sind Wärmepumpen für viele Gebäude die beste Wahl. Weit verbreitet sind Luft-Wärmepumpen – dabei sind Erdsonden und Wasser-Wärmepumpen noch effizienter. Entgegen der häufigen Befürchtung sind Wärmepumpen auch in den meisten Altbauten sinnvoll und effizient einsetzbar. Um die Effizienz der Wärmepumpe abzuschätzen, sollten vor der Installation Wärmebedarf, Vorlauftemperatur und Heizflächen bewertet werden. Solarthermie-Anlagen auf dem Dach können zusätzlich das ganze Jahr über Warmwasser erzeugen und im Frühjahr und Herbst die Heizung unterstützen. Nur in Ausnahmefällen empfiehlt sich eine Heizung mit Holz-Pellets, Hackschnitzel- oder Stückholz und nur bei Gebäuden mit niedrigem Wärmebedarf auch Infrarotheizungen.

Der Wärmeplan für Bonn - eine strategische Fachplanung als erste Orientierung

Wärme kann man nicht durch bundesweite Netze transportieren wie Strom oder Gas. Denn selbst bei gut gedämmten Rohrsystemen „kühlt sich die Wärme ab“. Deshalb müssen Kommunen für die Wärmewende vor Ort eigene Lösungen finden. Sie müssen hierfür einen Rahmen setzen, der den Planungsämtern, den Energieversorgern, der Wohnungswirtschaft, Industrie und Gewerbe sowie den Bürger*innen Orientierung bietet. 

Um einen wesentlichen Beitrag zur Einsparung fossiler Energie und zum Klimaschutz zu leisten, die Wärmeversorgung resilienter zu machen und bestehende Abhängigkeiten zu verringern, hat die Bundesregierung zum 1. Januar 2024 ein aktualisiertes  Gebäudeenergiegesetz (GEG) (Öffnet in einem neuen Tab) beschlossen und eng mit dem neu eingeführten  Wärmeplanungsgesetz (WPG) (Öffnet in einem neuen Tab) verzahnt. Städte mit mehr als 100.000 Einwohner*innen müssen ihren Wärmeplan laut den gesetzlichen Vorgaben spätestens bis 30. Juni 2026 vorlegen – Bonn will ihn bereits bis Frühjahr 2025 erarbeiten. 

Eine kommunale Wärmeplanung muss Antworten auf folgende Fragen geben:

  • Mit wie wenig Wärmeenergie können wir auskommen?
  • Wie können wir uns mit Wärme versorgen, ohne dabei CO² auszustoßen?
  • Was muss sich dafür in unserer Stadt ändern? Und wer muss sich darum kümmern?

Nach EU-weiter Ausschreibung hat die Bundesstadt Bonn im Februar 2024 den kommunalen Verteilnetzbetreiber  Bonn-Netz GmbH (Öffnet in einem neuen Tab) und ihre Partner beauftragt, die kommunale Wärmeplanung für das gesamte Stadtgebiet durchzuführen. Hierfür bekommt die Stadt Fördermittel der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesumwelt­ministeriums.

In mehreren Workshops werden im Sommer 2024 zahlreiche Akteur*innen an der Wärmeplanung informiert und einbezogen: Großverbraucher, potenzielle Abwärmelieferanten, Netzbetreiber, Bürgerenergie-Genossenschaften, die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, Energieberater*innen, Handwerksinnungen, die Industrie- und Handelskammer, Banken, Nachbarkommunen, der Rhein-Sieg-Kreis und zivilgesellschaftliche Gruppen, Vereine und Verbände.

Die Bonner Bürger*innen können voraussichtlich im Winter 2024/25 die Pläne einsehen und Anmerkungen machen (im Wärmeplanungsgesetz vorgesehene 30-tägige Offenlage). Zeitgleich soll es auch informell die Möglichkeit geben, über die Bonner Beteiligungs-Plattform w ww.bonn-macht-mit.de (Öffnet in einem neuen Tab) Fragen, Ideen und Anregungen zum Wärmeplan einzureichen, die geprüft werden und ggf. für die finale Version berücksichtigt werden. 

Die Karte zeigt, wo der Wärmeverbrauch in Bonn am höchsten ist. Quelle: Bestands- und Potenzialanalyse der kommunalen Wärmeplanung (6/2024).

Bürger*innen interessiert vor allem, ob für ihr Gebäude ein Anschluss an  Fernwärme (Öffnet in einem neuen Tab) oder Nahwärme möglich ist – und wenn ja, wann. Auch wollen sie wissen, mit welchen Kosten für den Anschluss bzw. den Wärmebezug zu rechnen ist. Diese sehr nachvollziehbaren konkreten Fragen werden auf Basis des Wärmeplans jedoch leider noch nicht beantwortet. Denn der Wärmeplan ist eine „rechtlich unverbindliche, strategische Fachplanung“ und gibt Gebäude-Eigentümer*innen daher nur eine erste Orientierung für ihren Ausstieg aus Öl und Gas. Eine individuelle Energieberatung, zum Beispiel durch die  Bonner Energie Agentur (Öffnet in einem neuen Tab) oder die  Verbraucherzentrale (Öffnet in einem neuen Tab), kann er nicht ersetzen.

Die Umgestaltung der Wärmeversorgung einer Großstadt ist eine Mammutaufgabe – die Verlegung neuer Fern- und Nahwärmeleitungen unter den Straßen sowie der Bau von neuen Wärmeerzeugungsanlagen und Speichern wird über viele Jahre zahlreiche  Großbaustellen (Öffnet in einem neuen Tab) mit sich bringen. Diese komplexe Aufgabe inmitten unseres lebendigen urbanen Lebens wird gemeinsames Lernen und viele Abstimmungsschleifen erfordern. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt: Die Wärmeplanung ist alle fünf Jahre fortzuschreiben. Die Stadt Bonn will diesen Prozess transparent gestalten. Denn klar ist: Die kommunale Wärmeplanung ist die Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung der Wärmewende.

Fragen und Antworten zu Wärmewende und kommunaler Wärmeplanung finden Sie hier


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Nationale Klimaschutzinitiative:

Mit der Nationalen Klimaschutzinitiative initiiert und fördert die Bundesregierung seit 2008 zahlreiche Projekte, die einen Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen leisten. Ihre Programme und Projekte decken ein breites Spektrum an Klimaschutzaktivitäten ab: Von der Entwicklung langfristiger Strategien bis hin zu konkreten Hilfestellungen und investiven Fördermaßnahmen. Diese Vielfalt ist Garant für gute Ideen. Die Nationale Klimaschutzinitiative trägt zu einer Verankerung des Klimaschutzes vor Ort bei. Von ihr profitieren Verbraucherinnen und Verbraucher ebenso wie Unternehmen, Kommunen oder Bildungseinrichtungen.