Stimmt der Rat am Donnerstag, 10. Februar 2022, der Empfehlung der Verwaltung zu, wird bereits im ersten Quartal 2022 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die unter Berücksichtigung denkmalrechtlicher Erfordernisse die Baumaßnahmen eruiert und eine erste Kosten- und Zeitprognose erstellt. In dem seit Jahren leerstehenden, ehemaligen Luftschutzbunker sollen unter anderem Ausschnitte der Sammlung „Memoria“ des Kölner Sammlers Thomas B. Schumann gezeigt werden. Sie umfasst über 50.000 Bücher von Exilautor*innen und rund 1.000 Bildwerke von exilierten Künstler*innen, die in der Zeit des Nationalsozialismus 1933 bis 1945 Deutschland verlassen mussten.
Ziel des Forums und Bedeutung für Bonn
„Die Nutzung des Windeckbunkers mitten im Zentrum wäre als Forum für Exilkultur eine enorme Bereicherung und ein ganz besonderer Ort für Erinnerungskultur in Bonn. Dort kann die wichtige Auseinandersetzung mit Emigration und Exil in unserer Gegenwart vorangetrieben und bewusst gegenübergestellt werden“, äußert sich Oberbürgermeisterin Katja Dörner zu dem Projekt.
Wechselnde Ausstellungen von Künstler*innen, die heute in Deutschland im Exil leben, schaffen einen Perspektivenwechsel, mit dem die Relevanz der Vergangenheit für die Gegenwart sichtbar wird. Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung sollen aktiv in die Arbeit des Hauses eingebunden werden und die Möglichkeit bekommen, sich künstlerisch und kreativ zu entfalten und zu präsentieren.
„Mit dem Forum Exilkultur Bonn würde die Stadt als ‚Geburtsort‘ des Grundgesetzes und Sitz der UNO-Flüchtlingshilfe ein starkes Zeichen für Demokratie und Menschenrechte setzen sowie eine bundesweit einmalige Form des Erinnerns schaffen, die auch stark in die Zukunft wirkt“, so Sport- und Kulturdezernentin Dr. Birgit Schneider-Bönninger.
Vor fünf Jahren hat sich in Bonn die „Initiative Exilkultur“ gegründet, die bereits verschiedene Projekte und Ausstellungen zum Thema Exilkunst und Exilkultur realisiert hat. Neben der Bonner Initiative haben sich auch andere dem Thema angenommen. „Das ist eine sehr positive Entwicklung“, sagt Jürgen Repschläger, Sprecher der Initiative Exilkultur Bonn. „Wir werden im Frühjahr 2022 einen Verein gründen, der sich maßgeblich in den Betrieb des Forums einbringen möchte, indem wir beispielsweise Teile des Rahmenprogramms konzipieren, organisieren und durchführen. Unsere Initiative steht mit Initiativen in anderen Städten im Dialog - und wir freuen uns, das Projekt im Windeckbunker zu unterstützen.“ Gemeint sind unter anderem das „Zentrum für verfolgte Künste“ in Solingen und die „Stiftung Exilmuseum Berlin", welches in der Hauptstadt das erste deutsche Exilmuseum plant.
Starke Partner für ein wichtiges Projekt
Als weitere Unterstützerin konnte die UNO-Flüchtlingshilfe gewonnen werden, nationale Partnerin des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR). Sie will im „Forum Exilkultur“ auf die aktuelle Situation von weltweit über 84 Millionen Menschen auf der Flucht aufmerksam machen. Peter Ruhenstroth-Bauer, Geschäftsführer der UNO-Flüchtlingshilfe: „Wir stehen in der Pflicht, Europa an seine eigene Fluchtgeschichte zu erinnern. Das Forum hat die Chance eine Brücke zu schlagen, von der Zeit des Nationalsozialismus bis heute. Denn wer keine Perspektive mehr sieht oder sich und die Familie in Sicherheit bringen muss, ist geflohen und wird fliehen. Auch, wenn die Flucht noch so gefährlich war oder ist.“
Auch die Stiftung Cosman Keller Musik & Art Trust wird sich an dem Projekt beteiligen. Sie verwaltet den Nachlass der Künstlerin Milein Cosman und des Musikers Hans Keller. Milein Cosman, die 1939 nach England ins Exil ging, war eine der führenden Porträtistinnen Englands. 1949 zeichnete sie im Auftrag des Magazins „Heute“ das erste Kabinett von Adenauer in Bonn. Ihr ist ein eigener Gedenkraum zugedacht.
Das Forum Exilkultur Bonn versteht sich als Ort der Geschichte, Gegenwart und Zukunft, der den Diskurs anregt und sich aktiv mit dem Thema Menschenrechte und Menschenrechtsbildung auseinandersetzt. Im Zuge der Konzeptentwicklung sollen in Kooperation mit den städtischen Kulturinstituten, mit Akteuren aus der Freien Szene und vielen weiteren Partner*innen in Bonn Angebote der Vermittlung und der kulturellen Bildung herausgearbeitet werden. Sie schaffen die Grundlage für eine tiefe Vernetzung in die Stadtgesellschaft, aber auch zu nationalen bzw. internationalen Partner*innen, wie zum Beispiel der Casa Stefan Zweig in Petrópolis, Brasilien.
Bunker wird barrierefrei
Ziel ist es, dass der ehemalige Luftschutzbunker als Mahnmal der NS-Zeit wahrnehmbar bleibt. Dafür sollen etwa die Raumstrukturen möglichst beibehalten und die Ausstellungsflächen puristisch gestaltet werden. Die Baumaßnahmen beschränken sich daher voraussichtlich auf die Herstellung der Barrierefreiheit, den Einbau von Sanitäranlagen, die Erneuerung der erforderlichen Gebäudetechnik sowie erforderliche Brandschutzmaßnahmen.
Die Verwaltung will prüfen, ob und wie durch geeignete Betriebs- und Finanzierungsmodelle die Belastungen für den städtischen Haushalt möglichst gering gehalten werden können, wozu auch mögliche Förderprogramme angesprochen werden sollen.
Die Ergebnisse der Prüfaufträge sollen bis zum Herbst 2022 vorliegen und die Grundlage für weitere Beschlüsse schaffen.